Die Universitäten in ihrem Unterschiede von den neueren

Die deutschen Universitäten, welche im 14. und 15. Jahrhundert rasch nach einander gegründet werden, stehen alle in unmittelbarer oder mittelbarer Abhängigkeit von der Pariser Universität, deren bedingender Einfluss sich auch in ihren verschiedenen Institutionen erkennen lässt. Bologna möchte kaum, oder höchstens auf Basel und Tübingen*), bei ihrer Stiftung einen Einfluss ausgeübt haben. Am unmittelbarsten aber scheint dieser Einfluss bei den Universitäten Prag und Köln sich geltend gemacht zu haben. Die Gründung der Universität zu Prag im Jahre 1348 durch Kaiser Karl IV. zeigt uns schon eine von der Stiftung der früheren Universitäten sehr abweichende Entstehungsform. Karl IV. hatte selbst in Paris studiert, und sich eine für jene Zeit bedeutende Bildung erworben, wenn er gleich den herrschenden Zeitrichtungen auf dem Gebiet der Philosophie und Theologie gegenüber keine Selbstständigkeit hatte**). Es war ihre Gründung nicht durch eine wissenschaftliche Bewegung oder durch das Alles bedingende Auftreten einer bedeutenden Persönlichkeit, welche den Mittelpunkt für zahlreiche, sich um dieselbe sammelnde Schüler bildete, veranlasst worden, sondern ihre Stiftung ging aus dem Streben und aus dem Wunsche der Landesherrschaft hervor, der Wissenschaft eine Pflanzstätte zu begründen und dadurch der Kirche zu dienen, welche als die eigentliche Pflegerin des Wissens noch immer betrachtet wurde. Deshalb erfreute sich auch die Universität schon von ihrer Stiftung an bedeutender Dotationen***). Einen analogen Charakter hat die Stiftung aller in dieser Periode gegründeten Universitäten.

*) Encomia Univ. Prag. p. 12.


**) Leopold Ranke, deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. l. S. 240. K. Klüpfel, Geschichte und Beschreibung der Universität Tübingen, S. 2 ff.

***) A. H. L. Heeren, Geschichte des Studiums der klassischen Literatur seit dem Wiederaufleben der Wissenschaften. Bd. l S. 301 ff.


Dennoch aber dürfen wir nicht dieselben, wenn sie auch von der Landesherrschaft begründet sind, als Staatsinstitute betrachten, oder deren Stiftung irgendwie zusammenstellen mit der Begründung, dem Charakter und der Tendenz der neuern Universitäten. Das neuere Universitätsleben, welches hauptsächlich seit dem 18. Jahrhundert sich zu entwickeln beginnt, und seit der Begründung der Georgia Augusta eine feste Form gewinnt*), hat einen ganz anderen Ausgangspunkt und ein ganz anderes Ziel. Es musste überhaupt erst die Landeshoheit erstarkt sein, wodurch das deutsche Staatsleben allmählich eine andere Gestaltung erhielt. Erst als aus der Masse der deutschen Territorien lebenskräftige Territorien hervortraten und sich über die anderen erhoben, und die Territorialeinheit das selbstständige Dasein eines Landes sicherte und hob, entstand auch das Bestreben, durch staatliche Institutionen, zu denen auch die Stiftung der Universitäten im neueren Sinne gerechnet ward, die Bedeutsamkeit des Landes und dadurch auch das landesfürstliche Ansehen zu erhöhen und zur Größe des fürstlichen Hauses mitzuwirken**).

*) F. C. Dahlmann, Politik. Bd. 1 S. 285.

**) C. Th. Perthes, das deutsche Staatsleben vor der Revolution. S. 63.