Die Universität Erfurt - Blüte Erfurts - Verhältnis zu Rostock

Wesentlich aber kommt hier noch Erfurt in Betracht, welches gleich anfangs mit Rostock in Verbindung trat, und sehr bedeutungsvoll bei der Begründung der Rostocker Universität einwirkte. Auch Erfurt gehört zu den Universitäten, welche mittelbar in ihrer Organisation mit der Pariser Universität zusammenhängen. Die Stiftung der Erfurter-Universität fällt mit der Entstehung des päpstlichen Schisma zusammen. Als nach dem Ableben Gregors XI. Urban VI. von der römischen Partei zum Papst erwählt war, die französischen Kardinäle aber Clemens VII. auf den päpstlichen Stuhl erhoben hatten, welcher wiederum Avignon zum Sitz des Papsttums erwählte, wandten sich Rat und Bürgerschaft der Stadt Erfurt, welche die Stiftung einer Universität in ihrer Mitte wünschten, an Clemens VII., weil sie von ihm, der durch seine Liebe zur Wissenschaft und durch seine Gelehrsamkeit bekannt war und in Ansehen stand, am leichtesten die Erfüllung ihres Wunsches zu erreichen hofften. Wirklich ging Clemens, dem die Bitte der Erfurter ganz gelegen kommen mochte, um durch ihre Gewährung sein Ansehen und seine Anerkennung in Deutschland zu fördern, aus dieselbe ein, und erließ schon am 1. Oktober 1378 die Stiftungsurkunde der Universität Erfurt, welche er späterhin mit mehrfachen Privilegien wiederholt ausstattete. Doch sahen sich die Erfurter, als Clemens VII. sein geringes Ansehen, das er in Deutschland genossen hatte, völlig verlor, genötigt, bei Urban VI. um Bestätigung ihrer neuen Universität nachzusuchen. In der Tat ließ sich Urban dazu bereit finden, und verlieh unter dem 3. Mai 1389 der Universität Erfurt neue Privilegien*). Doch trat die Universität erst im Jahre 1393 in eigentliche Wirksamkeit, da bis dahin die Vorbereitungen hinsichtlich der Anstellung der Lehrer und der Organisation der Universitätsverfassung gedauert hatten. Nicht nur trug die günstige Lage des Ortes von Anfang an zu dem raschen Aufblühen der Universität bei, sondern auch der zunehmende Verfall der Prager Universität, von welcher sich die Deutschen für immer zurückgezogen hatten. Der Ruf ihrer Lehrer verbreitete sich eben so schnell, als die Zahl der Studierenden stieg**). Um die Mitte des 15. Jahrhunderts war ihr Ansehen in dem Maße gewachsen, dass sie nicht nur von nah und fern sehr besucht war, und dass sie unter ihren Kommilitonen nicht wenige zählte, welche den fürstlichen Geschlechtern Deutschlands angehörten, sondern dass auch bei ihr vorzugsweise gern die akademischen Grade nachgesucht wurden. Der steigende Ruhm ihrer Lehrer war die Ursache, dass bei der Stiftung Rostocks die Blicke sich auf Erfurt richteten, als für die neugestiftete Universität Lehrer gewonnen werden sollten. Erfurt war für das mittlere Deutschland das geworden, was Rostock für das nördliche Deutschland und überhaupt für die nordischen Reiche in jener Periode werden sollte.

*) J. C. H. Motschmann, Erfordia literata S. 12 ff. S. St ff. S. 472 ff.


**) Krantzii Wandalia lib. IX. c. 28 berichtet hinsichtlich Erfurts: Gymnasium, sive palladium seu publicam ... Diese Mitteilung ruht indessen auf einem Irrtum, da Erfurt von seiner Begründung an eine theologische Fakultät gehabt hat. Damals waren auch noch nicht die Besorgnisse der römischen Curie in dem Maße gesteigert, wie dies durch die Zeitverhältnisse bei der Stiftung Rostocks der Fall war.