Klagen über das Verderben der Geistlichkeit

Im Jahre 1379 sahen sich die Herzöge Heinrich und Magnus von Mecklenburg genötigt, die bittersten Klagen über das Domcapitel zu Schwerin zu führen, das sich einem weltlichen Wohlleben ergeben hatte, seine geistlichen Obliegenheiten hintenansetzte und selbst nicht einmal die Seelenmessen hielt, welche dasselbe für ihre fürstlichen Vorfahren zu besorgen hatte. Die Herzöge hielten den Geistlichen des Capitels vor, dass sie auch die Lampen, welche zu gleichem Zwecke von ihren Vorfahren gestiftet worden, manch Jahr und Tag hätten ausgehen lassen*). Damit verbanden sich sogar nicht minder schwere Anklagen über Vergewaltigungen, welche sich das Domcapitel erlaubt hatte, und über gewissenlose Verwaltung der seiner Obhut anvertrauten Pfandgüter**). Die Disziplin, welche die bischöflichen Officialen zu üben hatten, ward nur selten mit derjenigen Energie gehandhabt, welche durch das sittliche Verderben, welches sich in dieser Periode der Geistlichkeit bemächtigt hatte, notwendig geworden war. Die Kirchenzucht gegen sittenlose und pflichtvergessene Geistliche ward nicht häufig und nur bei hervortretenden Fällen geübt. Insgemein wurde selbst gegen offenbare Missbräuche und Übelstände nicht eingeschritten, weil die Autorität der geistlichen Vorgesetzten gelitten hatte, da sie nicht selten sich gleicher Fahrlässigkeiten und Sünden teilhaftig machten.

*) Vergl. der Herzöge Heinrich und Magnus zu Mecklenburg Beschwerden wider das Domcapitel zu Schwerin 1379. In: (Johann Burkhard Verpoortens) Historische Nachricht von der Verfassung des Fürstentums Schwerin, besonders in Politicis. Gedruckt im J. 1741. 4. Beil. T. S. 31 f.


**) A. a. O. S. 32 und K. C. H. F. von Lützow, Versuch einer pragmatischen Geschichte Mecklenburgs. Th. 2. S. 369 ff.