Einflüsse der vorreformatorischen Bewegungen - Schismatiker in Wismar

Es machen sich indessen auch, wenn gleich in sehr geringem Maße, die Wirkungen der vorreformatorischen Bewegungen und Einflüsse hie und da im Lande bemerkbar. Anfangs der achtziger Jahre des 14. Jahrhunderts traten Schismatiker in Wismar auf, gegen welche der dortige Rat und die Bürgerschaft sehr entschieden einschritten. Sie erwarben sich dadurch die Anerkennung und den Dank des Papstes Urban VI., welcher seinen Nuntius, den Bischof Johannes von Schleswig, mit einem eigenen Schreiben nach Wismar im Jahre 1382 sandte, in welchem er außer seinem Danke auch noch die Ermahnung gegen den Rat und die Bürgerschaft Wismars aussprach, sich klüglich vor den boshaften und listigen Umtrieben dieser Schismatiker zu hüten. Wenn wir die Zeitverhältnisse ins Auge fassen, so hat die schon früher geäußerte Vermutung nicht geringe Wahrscheinlichkeit für sich, dass unter jenen Schismatikern wohl Wiklesiten gemeint sind, welche den Versuch gemacht haben mögen, mit ihren häretischen Meinungen Eingang in Wismar zu gewinnen. Bei den mannigfachen Handelsverbindungen, in denen schon damals Wismar zu England stand, gewinnt diese Vermutung an innerer Glaubwürdigkeit. Es hatte bereits früher Gregor XI. gegen Wiklef eine Untersuchung angeordnet, und sich deshalb an die Universität Oxford, wie an den Erzbischof von Canterbury und an den Bischof von London im Jahre 1377 gewandt. Jahre lang hatte freilich diese Untersuchung zu keinem Resultate geführt, da die Anhänger Wiklefs jedes kräftigere Einschreiten zu verhindern wussten. Jedoch waren bereits auf dem Londoner Concil im Mai und Junius 1382 die Wiklefitischen Sätze als häretisch verdammt worden. Das erwähnte Schreiben Urbans VI. trifft der Zeit nach hiermit zusammen, und es begreift sich sehr wohl, wie der päpstlichen Curie Alles daran liegen musste, die Verbreitung dieser für Lehre und Verfassung der römischen Kirche so gefährlichen Häresis im Norden Deutschlands zu verhindern.