Allgemeine Lage der Kirche

Fassen wir die allgemeine Lage der Kirche in dieser Periode ins Auge, so ist es unverkennbar, dass das päpstliche Schisma nicht wenig dazu beigetragen hatte, die bisherige Festigkeit und die Stabilität des kirchlichen Organismus von der gefährlichsten Seite aus zu untergraben. Keine Frage konnte bedenklicher sein, wenn sie Erörterungen in weiteren Kreisen hervorrief, als die, welcher Papst der rechtmäßige sei, da es dann nahe lag, das Papsttum überhaupt in Frage zu stellen. Die Pariser Universität, als die angesehenste wissenschaftliche Corporation in der Kirche, nahm bei dem fortdauernden Schisma eine fast schiedsrichterliche Stellung dem Papsttum gegenüber ein.

Die eigentümliche Richtung, welche sie in ihrer ganzen Haltung und Hinneigung zu den reformatorischen Ideen an den Tag legte, zeigte sich insbesondere in der Erörterung dieser Frage. Immer entschiedener wies sie hin auf die oecumenischen Concilien, denen in Sachen, welche die ganze Kirche angingen, die alleinige Entscheidung beigelegt wurde. Ein Gerson bezieht schon die wesentliche Einheit der Kirche auf Christentum, als das eigentliche Haupt derselben, und trägt kein Bedenken, es auszusprechen, dass die Kirche sich auch ohne Papst zu einem concilium generale, welches sie repräsentiere, vereinigen könne.