Ausfuhr- und Einfuhrstatistik, Schiffahrt
Die südliche Ukraine, am Schwarzen und Asowschen Meere gelegen, ist ein neubesiedeltes Land. Trotzdem verleugnet sie, sagt Rudnyckyj, ihren ukrainischen Charakter nicht. Großdörfer und Einzelhöfe (Chutory) herrschen auch hier vor. Nur der Charakter der Städte ist ein anderer. Es sind sämtlich neue Städte, welche im letzten Jahrhundert nach beinahe amerikanischer Art aufgeschossen sind und dadurch einen durchaus modernen Charakter tragen. Sie liegen fast durchwegs an der Küste oder an den großen Flüssen des Gebietes. Die Gouvernements Cherson, Jekaterinoslaw, Taurien, Kuban bilden nebst den nächsten Küstengebieten von Bessarabien, Dongebiet und Schwarze-Meer-Distrikt die südliche Ukraine. Die wichtigste Stadt des Gebietes ist zweifellos Odessa (620.000 Einwohner), nach Petersburg und Riga die bedeutendste Hafenstadt Gesamtrusslands mit großartigen Magazinen und Hafenanlagen sowie bedeutender Industrie. Andere größere Hafenstädte sind Akkerman (37.000 Einwohner), Nikolajew (103.000), Sewastopol (77.000), Cherson (92.000), Feodosia (38.000), Kertsch (33.000), Berdiansk (36.000), Mariupol (53.000), Taganrog (75.000), Rostow (172.000), Jeisk (51.000), Noworossijsk (61.000). Außerdem gibt es eine Anzahl von kleineren Fischerei- und Küstenschifffahrts-Häfen. Im Inneren des Landes sind vor allem die Bergbau- und Industriestädte wichtig: Krywyj Rih mit 35 Eisenbergwerken, die Handelsstadt Jelissawet (76.000), Tyraspol (38.000), Alexandrowsk (51.000), Nikopol mit Mangangruben, die größte Fabrikstadt der Ukraine, Jekaterinoslaw (218.000), Jusowka (40.000) und Hruschiwka (46.000), die größten Kohlenbergwerkstädte usw. Die Hauptstädte von Taurien und Kuban - Simferopol (71.000) und Jekaterinodar (100.000) sind auch bedeutende Handelsstädte für Obst und Ackerbauprodukte.
Durch den Abbruch der diplomatischen und Konsularbeziehungen zwischen Russland und Deutschland einerseits und Österreich-Ungarn andererseits können wir uns nur auf die letztvorhandenen Handelsberichte über die Jahre 1912 und 1913 stützen, die aber in ihren Statistiken auch auf frühere normale Jahre Bezug nehmen. Die Jahre 1912/13 haben dem Schwarze Meer-Handel durch die Balkankriege bedeutenden Abbruch getan. Die für Deutschland wichtigen Häfen des Schwarzen Meeres, die im innigen Zusammenhange mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ukraine stehen, sind Odessa, Nicolajew, Noworossysk, Mariupol, Berdiansk und Rostow.
Der Gesamtaußenhandel Odessas zur See ist von 120,2 Millionen Rubel im Jahre 1912 auf 138,3 Mill. im Jahre 1913 gestiegen. Die Zunahme betrug, da die wirtschaftliche Lage in Südrussland im Jahre 1913 günstiger als im Vorjahre war, mithin 18,1 Mill. Rubel.
Die Einfuhr nach Odessa auf dem Seewege betrug im Jahre 1913 47,3 Mill. Rubel bei einem Zuwachs von 7 Mill. Rubel seit dem Jahre 1912.
Die nebenstehende Aufzeichnung ergibt eine Übersicht über die Mengen der wichtigsten Einfuhrartikel in den letzten fünf Jahren: 1909 bis 1913 (Menge der Einfuhr in 1000 Pud.*) *) 1 Pud = 40 russische Pfund = 16,375 Kilogramm.
Apfelsinen und Zitronen, Feigen und Rosinen, Kapern und Oliven (getrocknet), Nüsse,
Nelken, Zimt, Pfeffer, Ingwer, Sternanis, Bohnenkaffee (roh), Tee, Rohtabak, Arrak, Rum, Kognak und französische Spirituosen, Wein, Schaumwein, Fische mariniert; Sardinen,
Zeresin, Kopra, Ziegelsteine und Dachpfannen, Steinkohlen, Kolophonium, Ätznatron, Kupfervitriol, Pflanzenöl, Gerbstoffe, Farbstoffe (natürliche), Zink und Bleiweiß, Grünspan, Sorteneisen aller Ar, Eisenblech, Sortenstahl, Zinn aller Art, Blei, Eisenwaren, Sensen, Sicheln, Schnittmesser und dergleichen, Handwerkszeug, Maschinen und Apparate aller Art, Landwirtschaftliche Maschinen, Lokomobilen m. Dreschmaschinen, Maschinenteile, Schreibpapier und Papierwaren, Rohbaumwolle, Rohjute, Nähgarn auf Röllchen, Baumwollene Gewebe (gefärbt), Wollengewebe und Strickwaren, Korkholz, Zement, Roheisen
Der Wert der importierten Ware der verschiedenen Länder war nach österreichischen Quellen, in Rubel, folgender:
Österreich-Ungarn 1.413.568
Amerika 2.242.665
England 3.573.672
Afrika 8.690
Belgien 32.134
Bulgarien 13.214
Deutschland 4.781.731
Holland 1.088.648
Griechenland 435.335
Dänemark 32.224
Ägypten 344.544
Indien 4.853.089
Italien 1.789.791
Spanien 50.901
China 2.931.956
Norwegen 1.336
Persien 10.085
Portugal 63.223
Rumänien 25.734
Serbien —
Türkei 11.070.185
Frankreich 4.043.911
Ceylon —
Schweiz 125.361
Schweden 50
Java 345
Japan 65.901
Die Ausfuhr aus Odessa auf dem Seewege betrug im Jahre 1913 82 Mill. Pud im Werte von 91 Mill. Rubel gegenüber 68,6 Mill. Pud im Werte von 70,9 Mill. Rubel 1912. Der Zuwachs beträgt daher 15,2 Mill. Pud im Werte von mehr als 11 Mill. Rubel. Die Ausfuhr blieb jedoch hinter dem Stand des Jahres 1911 noch erheblich zurück.
Nachstehende Aufzeichnung enthält eine Übersicht über die Ausfuhr der hauptsächlichsten Waren aus Odessa im Jahre 1913 und den vier Vorjahren:
Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Erbsen, Bohnen, Fisolen, Linsen, Hanfsamen, Raps und Rübsen, Leinsaat, Hirse, Buchweizen. Weizenmehl, Kleie, Butter, Kaviar (roter), verschiedener Fische (gesalzen), Pferde, Ochsen, Schafe, Geflügel, Talg, Holz, Fassdauben, Häute (rohe — , gegerbte), Mineralöl, Wolle, Taue, Leinwand, Tuch, Zucker, Spiritus, Ölkuchen, Kolza (Raps).
Der Gesamtschiffsverkehr des Odessaer Hafens ist hiernach von 722 Schiffen mit 1.452.296 Reg.-Tons auf 933 Schiffe mit 1.940.899 Reg.-Tons gestiegen. An der Zunahme sind beteiligt Russland, ganz besonders Großbritannien und Italien, ferner Österreich-Ungarn, Frankreich, die Niederlande und Belgien. Dagegen haben eine Abnahme zu verzeichnen Deutschland, Griechenland, Norwegen und Schweden. Die Abnahme der deutschen Tonnage beruht hauptsächlich auf der Einstellung der Fahrten des Norddeutschen Lloyd. Die italienischen Dampfer erschienen 1913 wieder mit einer stattlichen Tonnage auf dem Plan, nachdem sie während des Krieges zwischen Italien und Türkei ferngeblieben waren.
Nicolajew ist ausschließlich Ausfuhrhafen und hängt somit sein Handel und sein Wohlstand fast ganz von der Höhe seiner Ausfuhr ab. Diese bezieht sich auf Eisenerze und Getreide. Die Ausfuhr von Getreide betrug 1913 ca. 80 Mill. Pud gegen 60 Mill. im Jahre 1912, an Erzen ca. 30 Mill. Pud gegen 24 1/2 Mill. Pud im Jahre 1912.
In industrieller Hinsicht sind nur die vier bestehenden Schiffswerften zu erwähnen, die speziell den Kriegsschiffbau betreiben.
Es besuchten den Hafen von Nicolajew die nachstehenden Schiffe im Jahre 1913:
Deutsche 27, Britische 240, Österreichisch-ungarische 34 ,
Norwegische 32, Russische (lange Fahrt) 20, Italienische 17
Niederländische 13, Griechische 2, Schwedische 4, Belgische 1
zusammen 389 von zusammen 890.308 Reg.-Tons gegen 324 Schiffe von 722.807 Reg.-Tons 1912.
Noworossysk ist ein stetig aufblühender Hafen des Schwarzen Meeres. Sein Schiffsverkehr ist von 446 auf 480 im Jahre 1913 gestiegen bei einem Tonnengehalt von 841.514 Tonnen, wovon 81.000 Tonnen auf deutsche Dampfschiffe entfielen. Die Getreideausfuhr 1913 69 Mill. Pud, nach Deutschland davon ca. 20 Mill. Pud. Außer obigem Schiffsverkehr liefen im Küstenhandel 1932 Dampfer und 331 Segler unter russischer Flagge ein. Bedeutend sind die Tabakausfuhr (131.000 Pud), die Zementfabrikation (11 Fabriken 27.550.000 Pud), Abladungen von Petroleumprodukten 13,6 Mill. Pud, Rohöl 72 Mill. Pud.
Mariupol ist ein Getreide-, Kohlen- und Erzausfuhrhafen von geringerer Bedeutung, ebenso Berdiansk.
Cherson ist ebenfalls Getreidehafen, die Ausfuhr betrug im Jahre 1913 50 Mill. Pud gegen 28 Mill. Pud im Vorjahre.
Auf die Bestimmungshäfen verteilt ergibt sich folgendes Bild:
Mengenangabe in 1000 Pud.
Hamburg 10.475, Hull 1.419, Weser 7.778, Leith 941, Emden 1.180, Liverpool 755,
Rotterdam 13.605, diverse englische Häfen 688, Antwerpen 2.619,
Genua und Venedig 809, Gibraltar für Order 5.337, Nordische Häfen 1.479,
London 3.806, Konstantinopel 59.
Der Schiffsverkehr Chersons betrug 1913 190 Dampfschiffe gegen 125 im Vorjahre, und zwar:
Britische 142, Deutsche 5, Österreich-ungarische 12, Niederländische 3, Griechische 8, Französische 2, Norwegische 8 und je 1 Dampfschiff russischer, italienischer, schwedischer, belgischer und dänischer Flagge.
Über die Landwirtschaft entnehmen wir dem deutschen Konsulatsberichte des Jahres 1913 folgendes:
Die Landwirtschaft in Südrussland wird im großen und ganzen noch extensiv betrieben. Sie beruht im wesentlichen auf dem Anbau von Getreide, insbesondere von Gerste, Weizen und Mais. Demgegenüber ist die frühere eigentliche Steppenwirtschaft, die auf der Zucht von Schafen und Rindvieh beruhte, immer mehr zurückgetreten. Da Grund und Boden von Jahr zu Jahr teurer wird, wirft die Viehzucht keine ausreichende Rente ab; die Weidesteppe wird deshalb immer mehr in Ackerland verwandelt. Die ursprüngliche Rindviehrasse, das hellgraue podolische Steppenrind, war weder als Milch noch als Schlachtvieh gut verwendbar. Die Landwirte gehen nunmehr planmäßig damit um, Milchvieh und Schlachtvieh zu erzielen. Dies geschieht durch Kreuzung der einheimischen Rassen mit holländischem, schweizerischem und englischem Vieh. Seit einem Jahrhundert eingebürgert ist bereits die rote Anglerrasse, die von den Mennoniten auf dem Landweg hergetrieben worden ist und als molotschnaer Tier bezeichnet wird. Von schweizerischen Rassen findet Simmenthaler Vieh großen Anklang, das sich zur Kreuzung eignet. Dasselbe gilt von Shorthorn. Besonders bemühen sich die Semstwos um Aufbesserung der Viehzucht. Das einheimische Steppenpferd, das noch vor einem Menschenalter in Tabuns halb wild gehalten wurde, wird vorzugsweise mit Ardennern aufgekreuzt. Die Schafzucht geht nach und nach ganz ein und wird nur von einzelnen Großgrundbesitzern wie Falz-Fein in Askania Nova als Nebenbetrieb fortgeführt. Die Schweinezucht wird nur zum eigenen Bedarf betrieben. Eine Aufkreuzung englischer Rassen hat begonnen. Viehseuchen, insbesondere Rotz unter den Pferden, die Maul- und Klauenseuche unter dem Rindvieh, aber auch die sibirische Pest räumen noch in alter Weise unter dem Viehbestand auf. In verhältnismäßig hoher Blüte steht die Landwirtschaft in den deutschen Bauernkolonien in den Gouvernements Bessarabien, Cherson und Taurien. Ganz besonders in den Mennonitendörfern. Aber auch in den russischen Bauerndörfern gibt die Agrarreform, nämlich der Übergang vom Gemeindebesitz (Mupr) zum Einzelbesitz, sowie die Separation von Dorfgemarken mit Gemengelage der bäuerlichen Landwirtschaft einen gewaltigen Anstoß zur Verbesserung der Betriebsform.
Industrielle Hafenplätze sind in Südrussland eigentlich nicht vorhanden. Allerdings hat Odessa eine ansehnliche Anzahl von Fabrikationsbetrieben aufzuweisen, von denen wir erwähnen : 6 große Getreidemühlen, 1 kleine Zementfabrik, 4 Korkindustriebetriebe, 6 Brauereien, 1 Farbenfabrik für Schiffsfarben, je 1 Maschinenfabrik und Schiffswerft, für landwirtschaftliche Maschinen, 1 kleine Eisengießerei, 19 Konserven- und 2 Schokoladenfabriken, 1 Biskuitfabrik und Senfmühle, 1 Aktiengesellschaft für Seilfabrikation, 1 kleine, gut prosperierende deutsche Möbelfabrik, 7 Ölfabriken und 4 Farben- und 2 Lackfabriken.
Im großen und ganzen spielt in Odessa die Industrie keine große Rolle. Durch hohe Kohlenpreise und den Mangel an Roheisen ist in vielen Betrieben ein Rückgang eingetreten, der seinen Grund auch in den politischen Verhältnissen hat. Dass jede Industrie in Odessa gute Zukunftsmöglichkeiten hat, ergibt sich durch seine Lage am Wasser und dem enormen Bedarf des Hinterlandes, was aus der vorstehenden Einfuhrstatistik über Odessa zu ersehen ist.
Rostows Bedeutung als Industrieplatz gewinnt dagegen alljährlich stark an Bedeutung. Rostow liegt im Don-Gebiet, das durch seine großen Kohlen- und Naphthalager zu bewerten ist. Mithin ist hier ausländisches Kapital in industriellen Unternehmungen stark investiert. An ausländischem Kapital sind in den Kohlenwerken ca. 25 Millionen Mark angelegt, in metallurgischen Fabriken mehr als 50 Mill. Francs, in den Naphthaanlagen 1,5 Mill. engl. Pfund und ca. 8 Mill. Francs. Deutsches Kapital finden wir nur bei einem Kohlenwerk in Höhe von 4,5 Mill. Mark.
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Diese Ziffern über die wirtschaftliche Kraft der ukrainischen Länder, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen können, da das zu bearbeitende Material während des Krieges nicht zur Verfügung steht, vermögen schon aus dem Grunde ein übersichtliches Bild über die Volkswirtschaft der Ukrainer zu geben, da aus den angeführten Zahlen ein genügender Beweis über die Berechtigung eines selbständigen, nicht autonomen Staates der Ukraine geführt wird. Die weitere Entwicklung der Ukraine hat mit der jetzigen geographischen Einheit Russlands nichts gemein. Diese bedingt nicht, dass der kornreiche Süden ohne das industrielle Zentrum Russlands nicht bestehen kann. Im Gegenteil, wir haben diese Ziffern aufgeführt, um zu beweisen, dass die Ukraine nur durch eine Selbständigkeit gewinnen, aber durch die bisherige Abhängigkeit von Russland nur verlieren kann, indem sie durch ihren Reichtum an Naturprodukten, seien es Getreide, Erze, Kohlen oder Öle, die ärmeren moskowitischen Gebiete Russlands ernähren und deren Industrie versorgen muss.
******************
Welchen Druck Russland, das moskowitische Reich, in dieser Beziehung auf die Ukrainer bisher auszuüben vermochte, hoffen wir in geschichtlicher, politischer und wirtschaftlicher Beziehung erwiesen zu haben. Die Ukraine bedarf Russlands nicht, sagt Rudnyckyj, sondern dafür aber bedarf Russland der Ukraine. Durch den Besitz der Ukraine ist Russland zu dem geworden, was es ist; die übergroße Machtstellung, die jetzt militärisch gebrochen ist, kann nur durch die Lostrennung der Ukraine vom russischen Staate durchgeführt werden.
Durch den Abbruch der diplomatischen und Konsularbeziehungen zwischen Russland und Deutschland einerseits und Österreich-Ungarn andererseits können wir uns nur auf die letztvorhandenen Handelsberichte über die Jahre 1912 und 1913 stützen, die aber in ihren Statistiken auch auf frühere normale Jahre Bezug nehmen. Die Jahre 1912/13 haben dem Schwarze Meer-Handel durch die Balkankriege bedeutenden Abbruch getan. Die für Deutschland wichtigen Häfen des Schwarzen Meeres, die im innigen Zusammenhange mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ukraine stehen, sind Odessa, Nicolajew, Noworossysk, Mariupol, Berdiansk und Rostow.
Der Gesamtaußenhandel Odessas zur See ist von 120,2 Millionen Rubel im Jahre 1912 auf 138,3 Mill. im Jahre 1913 gestiegen. Die Zunahme betrug, da die wirtschaftliche Lage in Südrussland im Jahre 1913 günstiger als im Vorjahre war, mithin 18,1 Mill. Rubel.
Die Einfuhr nach Odessa auf dem Seewege betrug im Jahre 1913 47,3 Mill. Rubel bei einem Zuwachs von 7 Mill. Rubel seit dem Jahre 1912.
Die nebenstehende Aufzeichnung ergibt eine Übersicht über die Mengen der wichtigsten Einfuhrartikel in den letzten fünf Jahren: 1909 bis 1913 (Menge der Einfuhr in 1000 Pud.*) *) 1 Pud = 40 russische Pfund = 16,375 Kilogramm.
Apfelsinen und Zitronen, Feigen und Rosinen, Kapern und Oliven (getrocknet), Nüsse,
Nelken, Zimt, Pfeffer, Ingwer, Sternanis, Bohnenkaffee (roh), Tee, Rohtabak, Arrak, Rum, Kognak und französische Spirituosen, Wein, Schaumwein, Fische mariniert; Sardinen,
Zeresin, Kopra, Ziegelsteine und Dachpfannen, Steinkohlen, Kolophonium, Ätznatron, Kupfervitriol, Pflanzenöl, Gerbstoffe, Farbstoffe (natürliche), Zink und Bleiweiß, Grünspan, Sorteneisen aller Ar, Eisenblech, Sortenstahl, Zinn aller Art, Blei, Eisenwaren, Sensen, Sicheln, Schnittmesser und dergleichen, Handwerkszeug, Maschinen und Apparate aller Art, Landwirtschaftliche Maschinen, Lokomobilen m. Dreschmaschinen, Maschinenteile, Schreibpapier und Papierwaren, Rohbaumwolle, Rohjute, Nähgarn auf Röllchen, Baumwollene Gewebe (gefärbt), Wollengewebe und Strickwaren, Korkholz, Zement, Roheisen
Der Wert der importierten Ware der verschiedenen Länder war nach österreichischen Quellen, in Rubel, folgender:
Österreich-Ungarn 1.413.568
Amerika 2.242.665
England 3.573.672
Afrika 8.690
Belgien 32.134
Bulgarien 13.214
Deutschland 4.781.731
Holland 1.088.648
Griechenland 435.335
Dänemark 32.224
Ägypten 344.544
Indien 4.853.089
Italien 1.789.791
Spanien 50.901
China 2.931.956
Norwegen 1.336
Persien 10.085
Portugal 63.223
Rumänien 25.734
Serbien —
Türkei 11.070.185
Frankreich 4.043.911
Ceylon —
Schweiz 125.361
Schweden 50
Java 345
Japan 65.901
Die Ausfuhr aus Odessa auf dem Seewege betrug im Jahre 1913 82 Mill. Pud im Werte von 91 Mill. Rubel gegenüber 68,6 Mill. Pud im Werte von 70,9 Mill. Rubel 1912. Der Zuwachs beträgt daher 15,2 Mill. Pud im Werte von mehr als 11 Mill. Rubel. Die Ausfuhr blieb jedoch hinter dem Stand des Jahres 1911 noch erheblich zurück.
Nachstehende Aufzeichnung enthält eine Übersicht über die Ausfuhr der hauptsächlichsten Waren aus Odessa im Jahre 1913 und den vier Vorjahren:
Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Erbsen, Bohnen, Fisolen, Linsen, Hanfsamen, Raps und Rübsen, Leinsaat, Hirse, Buchweizen. Weizenmehl, Kleie, Butter, Kaviar (roter), verschiedener Fische (gesalzen), Pferde, Ochsen, Schafe, Geflügel, Talg, Holz, Fassdauben, Häute (rohe — , gegerbte), Mineralöl, Wolle, Taue, Leinwand, Tuch, Zucker, Spiritus, Ölkuchen, Kolza (Raps).
Der Gesamtschiffsverkehr des Odessaer Hafens ist hiernach von 722 Schiffen mit 1.452.296 Reg.-Tons auf 933 Schiffe mit 1.940.899 Reg.-Tons gestiegen. An der Zunahme sind beteiligt Russland, ganz besonders Großbritannien und Italien, ferner Österreich-Ungarn, Frankreich, die Niederlande und Belgien. Dagegen haben eine Abnahme zu verzeichnen Deutschland, Griechenland, Norwegen und Schweden. Die Abnahme der deutschen Tonnage beruht hauptsächlich auf der Einstellung der Fahrten des Norddeutschen Lloyd. Die italienischen Dampfer erschienen 1913 wieder mit einer stattlichen Tonnage auf dem Plan, nachdem sie während des Krieges zwischen Italien und Türkei ferngeblieben waren.
Nicolajew ist ausschließlich Ausfuhrhafen und hängt somit sein Handel und sein Wohlstand fast ganz von der Höhe seiner Ausfuhr ab. Diese bezieht sich auf Eisenerze und Getreide. Die Ausfuhr von Getreide betrug 1913 ca. 80 Mill. Pud gegen 60 Mill. im Jahre 1912, an Erzen ca. 30 Mill. Pud gegen 24 1/2 Mill. Pud im Jahre 1912.
In industrieller Hinsicht sind nur die vier bestehenden Schiffswerften zu erwähnen, die speziell den Kriegsschiffbau betreiben.
Es besuchten den Hafen von Nicolajew die nachstehenden Schiffe im Jahre 1913:
Deutsche 27, Britische 240, Österreichisch-ungarische 34 ,
Norwegische 32, Russische (lange Fahrt) 20, Italienische 17
Niederländische 13, Griechische 2, Schwedische 4, Belgische 1
zusammen 389 von zusammen 890.308 Reg.-Tons gegen 324 Schiffe von 722.807 Reg.-Tons 1912.
Noworossysk ist ein stetig aufblühender Hafen des Schwarzen Meeres. Sein Schiffsverkehr ist von 446 auf 480 im Jahre 1913 gestiegen bei einem Tonnengehalt von 841.514 Tonnen, wovon 81.000 Tonnen auf deutsche Dampfschiffe entfielen. Die Getreideausfuhr 1913 69 Mill. Pud, nach Deutschland davon ca. 20 Mill. Pud. Außer obigem Schiffsverkehr liefen im Küstenhandel 1932 Dampfer und 331 Segler unter russischer Flagge ein. Bedeutend sind die Tabakausfuhr (131.000 Pud), die Zementfabrikation (11 Fabriken 27.550.000 Pud), Abladungen von Petroleumprodukten 13,6 Mill. Pud, Rohöl 72 Mill. Pud.
Mariupol ist ein Getreide-, Kohlen- und Erzausfuhrhafen von geringerer Bedeutung, ebenso Berdiansk.
Cherson ist ebenfalls Getreidehafen, die Ausfuhr betrug im Jahre 1913 50 Mill. Pud gegen 28 Mill. Pud im Vorjahre.
Auf die Bestimmungshäfen verteilt ergibt sich folgendes Bild:
Mengenangabe in 1000 Pud.
Hamburg 10.475, Hull 1.419, Weser 7.778, Leith 941, Emden 1.180, Liverpool 755,
Rotterdam 13.605, diverse englische Häfen 688, Antwerpen 2.619,
Genua und Venedig 809, Gibraltar für Order 5.337, Nordische Häfen 1.479,
London 3.806, Konstantinopel 59.
Der Schiffsverkehr Chersons betrug 1913 190 Dampfschiffe gegen 125 im Vorjahre, und zwar:
Britische 142, Deutsche 5, Österreich-ungarische 12, Niederländische 3, Griechische 8, Französische 2, Norwegische 8 und je 1 Dampfschiff russischer, italienischer, schwedischer, belgischer und dänischer Flagge.
Über die Landwirtschaft entnehmen wir dem deutschen Konsulatsberichte des Jahres 1913 folgendes:
Die Landwirtschaft in Südrussland wird im großen und ganzen noch extensiv betrieben. Sie beruht im wesentlichen auf dem Anbau von Getreide, insbesondere von Gerste, Weizen und Mais. Demgegenüber ist die frühere eigentliche Steppenwirtschaft, die auf der Zucht von Schafen und Rindvieh beruhte, immer mehr zurückgetreten. Da Grund und Boden von Jahr zu Jahr teurer wird, wirft die Viehzucht keine ausreichende Rente ab; die Weidesteppe wird deshalb immer mehr in Ackerland verwandelt. Die ursprüngliche Rindviehrasse, das hellgraue podolische Steppenrind, war weder als Milch noch als Schlachtvieh gut verwendbar. Die Landwirte gehen nunmehr planmäßig damit um, Milchvieh und Schlachtvieh zu erzielen. Dies geschieht durch Kreuzung der einheimischen Rassen mit holländischem, schweizerischem und englischem Vieh. Seit einem Jahrhundert eingebürgert ist bereits die rote Anglerrasse, die von den Mennoniten auf dem Landweg hergetrieben worden ist und als molotschnaer Tier bezeichnet wird. Von schweizerischen Rassen findet Simmenthaler Vieh großen Anklang, das sich zur Kreuzung eignet. Dasselbe gilt von Shorthorn. Besonders bemühen sich die Semstwos um Aufbesserung der Viehzucht. Das einheimische Steppenpferd, das noch vor einem Menschenalter in Tabuns halb wild gehalten wurde, wird vorzugsweise mit Ardennern aufgekreuzt. Die Schafzucht geht nach und nach ganz ein und wird nur von einzelnen Großgrundbesitzern wie Falz-Fein in Askania Nova als Nebenbetrieb fortgeführt. Die Schweinezucht wird nur zum eigenen Bedarf betrieben. Eine Aufkreuzung englischer Rassen hat begonnen. Viehseuchen, insbesondere Rotz unter den Pferden, die Maul- und Klauenseuche unter dem Rindvieh, aber auch die sibirische Pest räumen noch in alter Weise unter dem Viehbestand auf. In verhältnismäßig hoher Blüte steht die Landwirtschaft in den deutschen Bauernkolonien in den Gouvernements Bessarabien, Cherson und Taurien. Ganz besonders in den Mennonitendörfern. Aber auch in den russischen Bauerndörfern gibt die Agrarreform, nämlich der Übergang vom Gemeindebesitz (Mupr) zum Einzelbesitz, sowie die Separation von Dorfgemarken mit Gemengelage der bäuerlichen Landwirtschaft einen gewaltigen Anstoß zur Verbesserung der Betriebsform.
Industrielle Hafenplätze sind in Südrussland eigentlich nicht vorhanden. Allerdings hat Odessa eine ansehnliche Anzahl von Fabrikationsbetrieben aufzuweisen, von denen wir erwähnen : 6 große Getreidemühlen, 1 kleine Zementfabrik, 4 Korkindustriebetriebe, 6 Brauereien, 1 Farbenfabrik für Schiffsfarben, je 1 Maschinenfabrik und Schiffswerft, für landwirtschaftliche Maschinen, 1 kleine Eisengießerei, 19 Konserven- und 2 Schokoladenfabriken, 1 Biskuitfabrik und Senfmühle, 1 Aktiengesellschaft für Seilfabrikation, 1 kleine, gut prosperierende deutsche Möbelfabrik, 7 Ölfabriken und 4 Farben- und 2 Lackfabriken.
Im großen und ganzen spielt in Odessa die Industrie keine große Rolle. Durch hohe Kohlenpreise und den Mangel an Roheisen ist in vielen Betrieben ein Rückgang eingetreten, der seinen Grund auch in den politischen Verhältnissen hat. Dass jede Industrie in Odessa gute Zukunftsmöglichkeiten hat, ergibt sich durch seine Lage am Wasser und dem enormen Bedarf des Hinterlandes, was aus der vorstehenden Einfuhrstatistik über Odessa zu ersehen ist.
Rostows Bedeutung als Industrieplatz gewinnt dagegen alljährlich stark an Bedeutung. Rostow liegt im Don-Gebiet, das durch seine großen Kohlen- und Naphthalager zu bewerten ist. Mithin ist hier ausländisches Kapital in industriellen Unternehmungen stark investiert. An ausländischem Kapital sind in den Kohlenwerken ca. 25 Millionen Mark angelegt, in metallurgischen Fabriken mehr als 50 Mill. Francs, in den Naphthaanlagen 1,5 Mill. engl. Pfund und ca. 8 Mill. Francs. Deutsches Kapital finden wir nur bei einem Kohlenwerk in Höhe von 4,5 Mill. Mark.
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Diese Ziffern über die wirtschaftliche Kraft der ukrainischen Länder, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen können, da das zu bearbeitende Material während des Krieges nicht zur Verfügung steht, vermögen schon aus dem Grunde ein übersichtliches Bild über die Volkswirtschaft der Ukrainer zu geben, da aus den angeführten Zahlen ein genügender Beweis über die Berechtigung eines selbständigen, nicht autonomen Staates der Ukraine geführt wird. Die weitere Entwicklung der Ukraine hat mit der jetzigen geographischen Einheit Russlands nichts gemein. Diese bedingt nicht, dass der kornreiche Süden ohne das industrielle Zentrum Russlands nicht bestehen kann. Im Gegenteil, wir haben diese Ziffern aufgeführt, um zu beweisen, dass die Ukraine nur durch eine Selbständigkeit gewinnen, aber durch die bisherige Abhängigkeit von Russland nur verlieren kann, indem sie durch ihren Reichtum an Naturprodukten, seien es Getreide, Erze, Kohlen oder Öle, die ärmeren moskowitischen Gebiete Russlands ernähren und deren Industrie versorgen muss.
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Welchen Druck Russland, das moskowitische Reich, in dieser Beziehung auf die Ukrainer bisher auszuüben vermochte, hoffen wir in geschichtlicher, politischer und wirtschaftlicher Beziehung erwiesen zu haben. Die Ukraine bedarf Russlands nicht, sagt Rudnyckyj, sondern dafür aber bedarf Russland der Ukraine. Durch den Besitz der Ukraine ist Russland zu dem geworden, was es ist; die übergroße Machtstellung, die jetzt militärisch gebrochen ist, kann nur durch die Lostrennung der Ukraine vom russischen Staate durchgeführt werden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Ukraine