Anlage No. 6. (Zum Kapitel: Erdölproduktion.)

Die gesamtukrainische Erdölproduktion stand vor dem Kriege innerhalb Europas an zweiter Stelle, hinter Russland und vor Rumänien. Die Produktion verteilte sich in den Jahren 1906 und 1912 in folgender Weise auf Gesamtrussland (in 1000 t):

Russland ohne die Ukraine ... 1906 … 7550,6 … 1912 … 8049,1
Ukrainisches Sprachgebiet .... 1906 …..138,5 …. 1912 … 2405,5
Grosny 1906 … 626,5 …1912 …1072,6
Maikop 1906 … — … 1912 … 150,5
Galizien 1906 … 761,0 … 1912 …1182,4


Von den beiden wichtigsten ukrainischen Erdölvorkommen, dem nordkaukasischen (Grosny, Maikop) und dem galizischen, soll hier das letztere nur der Vollständigkeit halber, zumal es als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden darf, in wenigen Strichen behandelt werden.

Die zahlreichsten und ergiebigsten Erdölquellen breiten sich an den Karpathen entlang von Sanok bis zur Nadworna und Bohorodtschany aus. Hauptorte sind Boryslaw und Drohobytsch. Unausgebeutete gewaltige Quellen liegen nach Forschungsergebnissen nordöstlich davor in einem breiten Gelande gelagert.

Die Produktion Galiziens betrug in den letzten Jahren vor dem Kriege (in 1000 t):

1910 … 1677
1911 … 1487
1912 … 1144
1913 … 1113
Der Krieg brachte einen starken Rückgang:

1914 … 876630 t
1915 … 759170 t
1916 … 895600 t
1917 … 806980 t
1918 … 772940 t

Ausgeführt wurden davon in Friedenszeiten etwa ½ Mill. t, wovon ungefähr die Hälfte nach Deutschland ging.

Von dem mit 30 % geschätzten deutschen Anteil an der galizischen Erdölindustrie vor dem Kriege dürfte sich heute nur ein geringer Teil in deutschen Händen befinden. Die ungeklärte Lage Ostgaliziens, das gegenwärtig provisorisch der polnischen Verwaltung unterstellt ist, bringt es mit sich, dass über die Zugehörigkeit der galizisch-ukrainischen Erdöllager noch keine Entscheidung gefällt wurde, weshalb auch die Besitzverhältnisse noch keiner definitiven Regelung unterzogen wurden. Doch hat sich bereits das französische Kapital in den letzten Monaten in Galizien stark engagiert.

Von den nordkaukasischen Erdöllagern zeichnet sich besonders Grosny durch große Zukunftsmöglichkeiten aus.

Die Produktion Grosnys betrug (in 1000 t):

1904 651,6
1906 626,5
1908 854,7
1910 1213,6
1913 1208,7
1914 1613,7
1915 1444,8
1916 1719,5

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Erdölvorkommen Grosnys sehr bedeutend sind und dass dieses in nicht allzuferner Zeit ernstlich mit Baku in Konkurrenz treten wird. (Bericht des britischen Konsuls in Rostow zur Zeit Denikins: „Die Produktion könnte auf 650 000 t monatlich gebracht werden, wenn es gelänge, den Abtransport des Erdöls zu regeln".)

Nachteilig wirkt nur seine geographische Lage, da sein Anschluss an die binnenländischen (russischen) Konsumgebiete einerseits und den Weltmarkt andererseits erst durch besondere kostspielige Verbindungsleitungen hergestellt werden muss.

Die Produktion wurde hier sowohl wie in Maikop zum größten Teil vom englischen und französischen Kapital beherrscht.

Petroleumvorkommen wurden neuerdings konstatiert in den Bezirken:. Kudäko, Ilinsk, Gudermas, sowie auf den Halbinseln Kertsch und Tamanj. Überhaupt liegen vom Ostzipfel der Krim und der Tamanj bis zum Kaspisee noch ungeheure Reichtümer an Erdöl verborgen. Eine Ausbeutung derselben durch
deutsches Kapital wäre für Deutschlands Versorgung mit Erdölprodukten besonders bedeutungsvoll, zumal die galizischen und kaukasischen Erdöle für Deutschland in der nächsten Zeit wohl nur unter mannigfachen Schwierigkeiten erreichbar sein werden.