Textilindustrie

Es soll hier vorausgeschickt werden: eine leistungsfähige ukrainische Textilindustrie soll erst auf den vorhandenen Anlagen mit ausländischer Unterstützung geschaffen werden.

Bis zum Kriege wurden von der Ukraine Textilwaren nur im Werte von etwa 20 Millionen Goldrubel erzeugt, trotzdem die Ukraine jährlich 12 bis 18 mal größere Werte an Rohstoffen, vornehmlich Wolle, nach Nord- und Zentralrussland verschickte. Die Entwicklung der ukrainischen Textilindustrie wurde vor dem Kriege durch die russische Wirtschaftspolitik unterbunden, die darauf ausging, den russischen Fabriken im Moskauer Textilzentrum die ukrainischen Rohstoffe und zugleich den russischen Fertigwaren den Absatz in der Ukraine zu sichern.


Die Vorbedingungen für den Ausbau der ukrainischen Textilindustrie sind besonders günstig. Sowohl Rohstoffe, in erster Linie natürlich Wolle (Baumwolle könnte leicht aus Zentralasien oder Übersee eingeführt werden), wie Kohle und Absatzmöglichkeiten sind reichlich vorhanden. Die besten Aussichten bieten die Bergbaugouvernements Katerinoslaw und Charkow, weil die Textilindustrie die Frauen der in den Bergwerken und in der Eisenindustrie beschäftigten Männer in Arbeit nehmen könnte.

Dieselben günstigen Bedingungen sind auch für eine starke Flachs-, Hanf- und Juteindustrie vorhanden. (Siehe Anlage Nr. 8).

Da der Bedarf an Textilwaren in der Ukraine ein sehr bedeutender ist, Russland und Polen aber ihn auf lange Zeit hinaus nicht annähernd decken können, so würde sonst dieser wichtige Markt der amerikanischen und englischen Textilindustrie zufallen, zumal Deutschland in den nächsten Jahren wohl kaum mit den anderen Staaten in Konkurrenz treten könnte. Der Ausbau einer eigenen ukrainischen Textilindustrie mit deutscher technischer, finanzieller und organisatorischer Mitwirkung würde in kurzer Zeit Importe nach der Ukraine überflüssig machen und neben der Versorgung Südrusslands mit Fertigwaren überdies noch gewisse Rohstoffexporte nach Deutschland ermöglichen.