Swinemünde

Das ist ein schwaches Bild der Verwüstungen welche angerichtet sind auf den dem Festlande von Neuvorpommern vorgelagerten Halbinseln und Inseln, dessen Züge leider von der traurigen Wirklichkeit bei Weitem überboten werden.

Folgende erschütternde Episode aus den Tagen des Sturmes wird der „Spen. Ztg.“ aus Swinemünde, berichtet:


„Gestern, den 13. November, in den Vormittagsstunden wehte eine lebhafte Brise aus Nordost, die See fing an, hoch zu gehen, und der Wind steigerte sich von Stunde zu Stunde, bis er zuletzt in Sturm überging. Am Nachmittag sah man mehrere Segelschiffe auf der See, welche sich unter großer Geschwindigkeit dem Hafen von Swinemünde näherten. Ein mecklenburgischer Schoner, mit Brettern beladen, geriet bei den Molen auf den Strand; der Untergang des Schiffes war bei dem jetzt wehenden heftigen Sturm unvermeidlich und es musste dasselbe den Wellen Preis gegeben werden, die Mannschaft wurde aber mittelst eines Rettungsbootes gerettet. Bald darauf gewann eine deutsche Bark glücklich die Einfahrt zwischen den Molen und wurde von einem Bugsierdampfer bis in den innern Hafen geschleppt; hier wurde sie aber von dem Sturm nach der Südseite des Hafens gedrängt und kam auf Grund, ohne weiter beschädigt zu werden, Wiederum näherten sich zwei Schiffe den Molen, eine deutsche Schoner-Bark mit Heringen und eine deutsche Bark mit Steinkohlen beladen; erstere wurde durch den Sturm in die Nähe des mecklenburgischen Schoners nach dem sogenannten Westenkopf getrieben und kam auf den Grund. Die Mannschaft desselben wurde durch ein Lotsenboot aufgenommen und ebenfalls glücklich an das Land gebracht. In nicht großer Entfernung von den beiden bei den Molen festgeratenen Schiffen kam die mit Steinkohlen beladene Bark gleichfalls auf den Grund. Der Sturm war inzwischen noch heftiger geworden, der Seegang war furchtbar und haushoch gingen die Spritzwellen über die Molen hinweg. Die Mannschaft des Schiffes, aus dem Kapitän und ca. 10-12 Mann bestehend, schwebte in höchster Lebensgefahr und es wurden daher die umfassendsten Maßregeln getroffen, um dieselben in Sicherheit zu bringen. Ein Dampfer fuhr aus dem Hafen, nach der Stelle, wo das Schiff lag, über welches die Wellen mit furchtbarer Gewalt hinwegtobten und auf welchem die Mannschaft sich inzwischen in die Wanten geborgen hatte. Derselbe war aber außer Stande, bei dem entsetzlichen Sturm und der heftigen Brandung Hilfe zu leisten; er lief Gefahr, gegen das Schiff geschleudert zu werden und musste deshalb unverrichteter Sache umkehren. Mehrere Male wurden mit aller Energie Versuche gemacht, an das Schiff zu gelangen, um die unglückliche Mannschaft, die bei dem furchtbaren Sturm, dem Regen und Hagel, der sich über sie ergoss, gewiss schon fast erstarrt war, zu retten; menschliche Hilfe war aber leider vergeblich. Jetzt brach die Nacht an. Mit welchen Gefühlen mögen die armen Menschen, welche so mancher Gefahr mutig ins Auge geschaut, die Vorbereitungen zu ihrer Rettung und deren Scheitern mit angesehen haben; mit welchen Gedanken sahen sie wohl die Nacht anbrechen, die ihre letzte sein sollte, in unmittelbarer Nähe des Hafens, einige Hundert Schritte nur von der Stadt entfernt, welche die Heimat des Kapitäns und einiger Matrosen war! Der Sturm wurde immer heftiger und heftiger, er verwandelte sich zuletzt in einen Orkan; der Strom schwoll furchtbar an und setzte den südlichen Teil der Stadt mehrere Fuß tief unter Waffen so dass man am nächsten Morgen nur vermittelst kleiner Kähne die Kommunikation unterhalten konnte. Die stärksten Bäume wurden durch den Orkan entwurzelt. Jeder Rettungsversuch war bei dem furchtbaren Aufruhr der Elemente, zumal da die Nacht angebrochen war, unmöglich; es war klar, dass die Unglücklichen, selbst wenn das Schiff bis zum Morgen noch nicht zertrümmert war, bei der Kälte und der furchtbaren Anstrengung sich nicht mehr in den Wanten würden halten können. Wie Mancher schickte für die armen Schiffbrüchigen ein stilles Gebet zum Himmel, von ihm Rettung für dieselben erflehend. Der Tag fing an zu grauen, ein ängstlicher Blick nach der See - und man sah nur die drei Mastspitzen des Schiffes ein wenig aus dem Wasser ragen, von den unglücklichen Menschen war keine Spur. Ein armer alter Mann aus Swinemünde hatte drei Söhne auf dem Schiffe. Händeringend ging er die ganze Nacht am Strande umher, seine Blicke unverwandt nach dem Schiffe gerichtet, auf welchem er jeden seiner Söhne deutlich zu erkennen glaubte, vor Schmerz fast wahnsinnig, denselben so nahe und doch ohnmächtig zur Hilfe. Heute Vormittag wurden drei Leichen von der Mannschaft des Schiffes an das Ufer geschwemmt, die des Kapitäns und zweier Matrosen.

Der Orkan hatte noch zur Folge, dass das Wasser der See mit so großer Heftigkeit in den Strom eintrat und gegen die Dünen gedrängt wurde, dass der Strom das Bollwerk überflutete und die Gewalt der Wogen die Dünen durchbrach. In einer halben Stunde stand die ganze Unterstadt und das Bollwerk unter Wasser. Knietief stand es in vielen Wohnungen. Mit Booten mussten die Bewohner einzelner Häuser herausgeholt werden. Das Rathaus, das Steueramt, die Schifffahrtskommission waren so vom Wasser umgeben, dass es den Beamten unmöglich wurde, ihre Büros zu erreichen. Auf dem Hofe des Kaufmann Wichards lagerten circa 100 Tonnen Kalk. Dieser kam im Wasser zu liegen und entzündete sich, doch wurde das Feuer bald gelöscht, nur der Kalk ist natürlich verloren. Die Königsstraße stand so hoch unter Wasser, dass selbst Wagen sie nicht passieren konnten. Dabei wütete ein heftiges Schneewetter mit Hagel gemischt. Gegen 10 Uhr Vormittags fiel das Wasser bereits merklich, und, am Nachmittag waren fast alle Straßen wieder passierbar. Außerdem hatte der Orkan in den Forsten großen Schaden angerichtet.

Doch meint vielleicht Mancher, wenn die vorgelagerten Gegenden so gelitten haben, so ist doch das Festland dadurch vor Schaden bewahrt worden. Dem ist aber leider nicht so. Vielmehr hat die ganze Küste des Festlandes ebenso schrecklich gelitten.

Beginnen wir im Westen mit der Gegend von Damgarten nahe an der Mecklenburger Gegend. Das Wasser ist über den mittleren Wasserstand ca. 11 Fuß gestiegen. Durchschnittlich sind die von der Überflutung betroffenen Häuser 5-7 Fuß mit Wasser gefüllt. 26 Familien mit 94 Köpfen sind durch die Flut aus ihren Wohnungen vertrieben worden. Von der Schiffswerft ist das Holz nach allen Seiten hin verschwemmt worden. In den Nachbardörfern ist viel Vieh ertrunken.

Da bei Ahrenshoop die Halbinsel Darß durchbrochen ist, so hat auch die ganze Binnenküste bis Barth gelitten. Viel Vieh ist in den Ställen ertrunken, viel Vorrat vernichtet. Pflaumen, Zichorien, Hanf, Zucker usw. liegen mit sechs untergegangenen Yachten und Spitzkähnen auf dem Grunde. Und von Barth bis Stralsund dasselbe traurige Elend!
Barth, adliges Fräulein Stift

Barth, adliges Fräulein Stift

Barth, Dammtor

Barth, Dammtor

Barth, Drachenbootrennen

Barth, Drachenbootrennen

Barth, Marktplatz

Barth, Marktplatz

Barth, St. Marien-Kirche

Barth, St. Marien-Kirche

Barth um 1590

Barth um 1590

Barth, www.Stadt-Barth.de

Barth, www.Stadt-Barth.de

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