Stralsund

In Stralsund wüteten nicht nur die Wasserwogen, sondern auch das Feuer, welches auskam in dem mit Brettern und Klobenholz gefüllten Schuppen von Seitz u. Kindt. Wahrhaft grauenerregend war der Anblick. Wehe, wenn die Funken, die sich weit über die Stadt verbreiteten, noch an anderen Stellen zündeten! Doch der fallende Regen bewahrte glücklicherweise davor. Aber wenn so auch das Feuer auf seinen Herd beschränkt blieb, welches Unheil richteten die Wogen an! Dort, so nahe, dass bei stillem Wetter der menschliche Ruf sie hätte erreichen können, hängen zwei Menschen im Mastkorb eines gesunkenen Schiffes, unter sich die eisigen Wellen und vor sich das grausige Leuchten der in Flammen stehenden Schuppen. Weiter links hängt am Bugspriet eines gestrandeten Schiffes ein anderer Unglücklicher.

Da plötzlich entsteht ein Auflauf. „Ein Geretteter!“ heißt es. Ein Schiffsjunge wird von seinen beiden Rettern vorbeigetragen. Wirr gehen seine Augen umher. Halbnackt hat der Arme, fast noch ein Knabe, stundenlang eisige Wellen ertragen.


Inzwischen nehmen die Verwüstungen unter den Schiffen einen immer schrecklicheren Fortgang. Da blicken nur noch die Mastspitzen von zwei gesunkenen Schiffen aus dem Wasser. Dort liegt ein Schiff auf dem Pfahlwerk des Hafens. Seine Mannschaft hat ihr Geschick einem kleinen Boot anvertraut. - Jeden Einzelnen unterscheidet das bloße Auge, aber Keiner kann ihnen Hilfe bringen. Wie Nussschalen tanzen die großen Fahrzeuge auf den Wogen und das Ufer bedeckt sich immer mehr mit Trümmern. Ein großer englischer Schoner wird von dem Orkane auf das Dampfschiff „Hertha" geworfen und letzteres liegt jetzt als ein trauriges Wrack auf der Stelle, wo noch gestern die Landungsbrücke von Rügen lag.

Nebenbei ereigneten sich Szenen der Aufopferung. Man rettet mit persönlicher Gefahr einen ins Wasser Gefallenen. Nachmittags 4 Uhr gelingt es auch, die zwei Mann, welche sich lange Zeit in dem Mastkorb ihres Fahrzeuges befunden hatten, ans Land zu bringen. - Inzwischen legt sich der Sturm in Etwas, die Wogen treten zurück. Aber nun wird der Verlust erst recht sichtbar. Viele Schiffe sind vernichtet, viele Fischerboote ein Raub der Wogen geworden. Der Hafen und das Bollwerk, ein Stolz jedes Stralsunders, bieten einen traurigen Anblick. Die Frankenvorstadt ist zum großen Teile überschwemmt, ein Fischer erschlagen von dem Mastbaum eines Schiffes, ein Kind ertrunken in den Wellen. Verwüstung überall!
Stralsund, alte Giebelhäuser

Stralsund, alte Giebelhäuser

Stralsund, Jakobiturmstraße und Jakobikirche

Stralsund, Jakobiturmstraße und Jakobikirche

Stralsund, Kniepertor

Stralsund, Kniepertor

Stralsund, Rathaus

Stralsund, Rathaus

Stralsund, Semlowertor

Stralsund, Semlowertor

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