Greifswald
Auch Greifswald und Umgegend ist schwer heimgesucht. Meilenweit an der ganzen Küste hat das Land unter Wasser gestanden. In Wieck und Eldena, in Jadebow und Neuenkirchen, besonders auch in Mesekenhagen, haben fast alle Gebäude mehrere Meter hoch im Wasser gestanden, in Greifswald die Häuser und Speicher am Ryck entlang und mit Ausnahme der Fleischertor'schen alle drei übrigen Vorstädte. Nicht wenige Häuser und auch eine Scheune sind durch die andrängenden Wasserwogen eingestürzt. Der Eisenbahndamm wurde an verschiedenen Stellen durchbrochen und hierdurch leider am 13. November früh ein Eisenbahn-Unfall herbeigeführt, über den wie folgt berichtet worden:
„Es war noch 6 Uhr Morgens, also noch bei völliger Dunkelheit, als der 24 Personen als Passagiere mit sich führende Zug sich langsam und mit aller Vorsicht der Brücke des Rykgrabens näherte. Gleich darauf fühlten die Passagiere einen heftigen Stoß, welcher sie sofort die nahende Gefahr erkennen ließ und sie antrieb, über Hals und Kopf die Waggons zu verlassen. - Die Brücke war, während der vordere Teil des Zuges dieselbe passierte, unter der Last gebrochen, indessen erreichte die Lokomotive mit dem Tender das jenseitige Ufer, während der von dem Tender abgelöste Postwagen den Fluss hinuntersank, wobei er sich unter dem Andrang der Flut auf die Seite legte und den Gepäck- und einen Passagierwagen nach sich zog. Die übrigen Wagen blieben wie durch ein Wunder stehen. Der Aufenthalt im Freien neben dem Zuge war indessen ein sehr unheimlicher und beschwerlicher. Der Sturm tobte mit so furchtbarer Gewalt, dass die Passagiere sich nur dadurch aufrechterhalten konnten, dass sie sich unter einander anklammerten und Alles ergriffen, was ihnen nur irgend einen Halt gewähren konnte. während der Hagel ihnen in das Gesicht gepeitscht wurde und die gegen den Eisenbahndamm andrängenden Fluten sie zu durchnässen drohten. Um Schutz vor dem Unwetter zu suchen, waren sie daher genötigt, die Waggons wieder zu besteigen, in denen indessen ihres Bleibens nicht lange sein sollte. Denn plötzlich machten die Personenwagen, wahrscheinlich von den vorderen, zum weiteren Sinken gebrachten Wagen angerückt, eine Vorwärtsbewegung, die Schaffner stürzten an die Wagentüren, rissen dieselben auf und riefen den Insassen zu, sich zu retten, da sie alle sonst umkommen würden. Es gelang später, die Wagen loszukoppeln und damit zum Stehen zu bringen. Die Passagiere, unter denen sich vier junge Mädchen und eine alte Frau befanden, suchten nun zunächst in dem nächsten Wärterhäuschen eine Zufluchtsstätte. Mit Mühe und Not wurde die Strecke auf dem Eisenbahndamm zurückgelegt. Alle erreichten das ersehnte Ziel mit Ausnahme der alten Frau, welcher die Kräfte versagten und die, spätere Hilfe erwartend, sich an die Eisenbahnschienen anklammerte. Diese Hilfe brachte sehr bald der Sohn des menschenfreundlichen Gutsbesitzers Glemann auf dem benachbarten Gute Wackerow. Von seinem Vater mit Wagen und Knechten entsendet, nahm er zunächst 23 Personen, 2 Schaffner und 1 Wagenschmierer auf und befreite dann auch die geängstigte alte Frau aus ihrer hilflosen Lage. Auf dem Gute Wackerow angekommen, wurde allen durch den höchsten Dank verdienenden Besitzerer die teilnahmsvollste Pflege zu Teil. Warme Getränke und Speisen ließen die von dem Unwetter durchschüttelten und angegriffenen Reisenden bald wieder zu Atem kommen. Noch bis 3 Uhr Nachmittags weilten dieselben in diesem gastlichen Hause, nur um das Gepäck besorgt, das zum größten Teile sich in dem an der Katastrophe beteiligten Packwagen befand und in dessen Besitz bis jetzt noch keiner derselben gelangen konnte. Dann ließ Herr Glemann seine Gäste zu Wagen nach Neuenkirchen
fahren und Jeder strebte dann später, froh, der großen Gefahr entronnen zu sein, seinem ferneren Reiseziel entgegen.“
Überall an der Küste trat uns dasselbe traurige Bild der Zerstörung entgegen, von Wolgast und Lassan bis zu dem östlichen Grenzorte von Neuvorpommern, [b]Anklam.
„Es war noch 6 Uhr Morgens, also noch bei völliger Dunkelheit, als der 24 Personen als Passagiere mit sich führende Zug sich langsam und mit aller Vorsicht der Brücke des Rykgrabens näherte. Gleich darauf fühlten die Passagiere einen heftigen Stoß, welcher sie sofort die nahende Gefahr erkennen ließ und sie antrieb, über Hals und Kopf die Waggons zu verlassen. - Die Brücke war, während der vordere Teil des Zuges dieselbe passierte, unter der Last gebrochen, indessen erreichte die Lokomotive mit dem Tender das jenseitige Ufer, während der von dem Tender abgelöste Postwagen den Fluss hinuntersank, wobei er sich unter dem Andrang der Flut auf die Seite legte und den Gepäck- und einen Passagierwagen nach sich zog. Die übrigen Wagen blieben wie durch ein Wunder stehen. Der Aufenthalt im Freien neben dem Zuge war indessen ein sehr unheimlicher und beschwerlicher. Der Sturm tobte mit so furchtbarer Gewalt, dass die Passagiere sich nur dadurch aufrechterhalten konnten, dass sie sich unter einander anklammerten und Alles ergriffen, was ihnen nur irgend einen Halt gewähren konnte. während der Hagel ihnen in das Gesicht gepeitscht wurde und die gegen den Eisenbahndamm andrängenden Fluten sie zu durchnässen drohten. Um Schutz vor dem Unwetter zu suchen, waren sie daher genötigt, die Waggons wieder zu besteigen, in denen indessen ihres Bleibens nicht lange sein sollte. Denn plötzlich machten die Personenwagen, wahrscheinlich von den vorderen, zum weiteren Sinken gebrachten Wagen angerückt, eine Vorwärtsbewegung, die Schaffner stürzten an die Wagentüren, rissen dieselben auf und riefen den Insassen zu, sich zu retten, da sie alle sonst umkommen würden. Es gelang später, die Wagen loszukoppeln und damit zum Stehen zu bringen. Die Passagiere, unter denen sich vier junge Mädchen und eine alte Frau befanden, suchten nun zunächst in dem nächsten Wärterhäuschen eine Zufluchtsstätte. Mit Mühe und Not wurde die Strecke auf dem Eisenbahndamm zurückgelegt. Alle erreichten das ersehnte Ziel mit Ausnahme der alten Frau, welcher die Kräfte versagten und die, spätere Hilfe erwartend, sich an die Eisenbahnschienen anklammerte. Diese Hilfe brachte sehr bald der Sohn des menschenfreundlichen Gutsbesitzers Glemann auf dem benachbarten Gute Wackerow. Von seinem Vater mit Wagen und Knechten entsendet, nahm er zunächst 23 Personen, 2 Schaffner und 1 Wagenschmierer auf und befreite dann auch die geängstigte alte Frau aus ihrer hilflosen Lage. Auf dem Gute Wackerow angekommen, wurde allen durch den höchsten Dank verdienenden Besitzerer die teilnahmsvollste Pflege zu Teil. Warme Getränke und Speisen ließen die von dem Unwetter durchschüttelten und angegriffenen Reisenden bald wieder zu Atem kommen. Noch bis 3 Uhr Nachmittags weilten dieselben in diesem gastlichen Hause, nur um das Gepäck besorgt, das zum größten Teile sich in dem an der Katastrophe beteiligten Packwagen befand und in dessen Besitz bis jetzt noch keiner derselben gelangen konnte. Dann ließ Herr Glemann seine Gäste zu Wagen nach Neuenkirchen
fahren und Jeder strebte dann später, froh, der großen Gefahr entronnen zu sein, seinem ferneren Reiseziel entgegen.“
Überall an der Küste trat uns dasselbe traurige Bild der Zerstörung entgegen, von Wolgast und Lassan bis zu dem östlichen Grenzorte von Neuvorpommern, [b]Anklam.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sturmflut vom 12. bis 13. November 1872 an der deutschen Ostseeküste
Greifswald, Giebelhaus am Markt
Greifswald - Hunnenstraße, Nikolaikirche
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