Wismar

Wismar machte mit der See, an der es freilich nahe genug liegt, am 13. sehr nahe Bekanntschaft. Über frühere Überschwemmungen heißt es in der dortigen Chronik:

1374, den 4. Dezember, ist so hohes Wasser in Wismar gewesen, dass es bis auf den Hopfenmarkt gestanden.
1558, den 8. Februar, ist bei heftigem Sturm so hohes Wasser gewesen, dass fast alle Wismarschen Schiffe aufs Land zu stehen gekommen.
1596, den 21. Januar, ist so hohes Wasser gewesen, dass es mitten in der Breiten-Straße gestanden.
1625, den 10. Februar, hat es entsetzlich gestürmt und ist ungemein hohes Wasser gewesen, daher einige Schiffe bis nach St. Jacob getrieben, andere sind an die Stadtmauer gestoßen, dass ein Teil davon niedergefallen. Zum Andenken hat man, indem man die Mauer wieder aufgebaut, einen Stein mit derselben gesetzt.
1644, ist bei dem damaligen Sturm das Wasser über 4 Ellen hoch an der Mauer am Wasser gestanden.
1690, den 2., 7. und 13. Dezember, war Hochwasser und konnte man das erste Mal mit Booten auf der Neustadt fahren.
1718. So hohes Wasser, dass es auf der Neustadt stand, ein Schiff von der Reede trieb herein.


Die Überschwemmung von 1872 gab den vorangeführten wenig nach. Schon am 12. Abends wälzte die See ihre Wogen über das Bollwerk und das nahe gelegene Wassertor hinaus, in der Nacht stieg die Flut von Stunde zu Stunde und am 13. November morgens war ein nicht unerheblicher Teil der Stadt unter Wasser gesetzt. Ganze Straßen waren Flüssen vergleichbar, auf denen der Verkehr nur durch Boote zu vermitteln war, ganze Landstrecken von dem Alt-Wismarschen, Pöler, Lübschen und Wassertor waren in eben so viel Seen verwandelt, die Chaussee nach Lübeck, der Weg vor dem Pöler Tor war gleich hinter den betr. Toren unter Wasser; eine Menge Häuser standen bis zu den Fenstern und darüber hinaus in der Flut, von zweien waren kaum mehr als die Dächer sichtbar. Das Wassergebiet erstreckte sich, was die Stadt anbelangt, um die Mittagszeit vom Lübschen Tor bis zum Pöler Tor, derart, dass das dem Hafen benachbarte Gebiet, ferner große Teile der „Faulen Grube“, der „Neustadt“, der „Breitenstraße“, vom „Spiegelberg“ und einigen kleineren Nebenstraßen, sodann die Halbinsel vom Baumhaus bis zur Promenade, die Promenade selbst bis zum Bahnhof und endlich die „Frische Grube" gänzlich unter Wasser standen. Die Keller waren vielfach mit Wasser gefüllt, die Häuser stark beschädigt und da die Flut für Manchen ganz unvorhergesehen kam, waren viele Gegenstände nicht mehr ins Trockne gebracht, sondern weggeschwemmt oder verdorben. Ersteres ist namentlich von Holzvorräten zu sagen, die am Hafen lagerten, Auf den Straßen und vielen Wegen herrschte den ganzen Tag über reger Wasserverkehr. Die Sandboote, Fischer und sonstige Inhaber von Booten suchten mit anerkennenswertem Eifer zu den durch das Wasser abgesperrten Häusern vorzudringen und deren Bewohner mit Nahrung zu versorgen. Viele Milchhändler, Bäcker etc. befriedigten früh ihre Kunden per Boot. Ein Bild grausiger Zerstörung bot sich, wenn man die Flut vom Güterschuppen des Bahnhofs aus in Augenschein nahm.

Rechts und links brausten die Wogen heran, ein Fahrzeug war gänzlich auf die Seite geworfen und ragte nur noch zum kleinsten Teile aus dem Wasser heraus, an der Oberfläche des letzteren bemerkte man die verschiedenartigsten Gegenstände. Die Kachelofenfabrik auf der Haffburg war vollständig vom Wasser umgeben, eben so die benachbarten Gehöfte, aus denen Menschen und Vieh nur mit großer Mühe gerettet werden konnten.

Am Nachmittag begann das Wasser zu sinken, aber am folgenden Tage, am 14. November erst vermochte man recht zu übersehen, was das entfesselte Element in der kurzen Zeit seiner Herrschaft angerichtet. Viel Elend und Zerstörung war es, was das Auge da wahrnahm. Die Holzvorräte, die am Bollwerk gelagert, waren nach allen Richtungen auseinander getrieben. Schwere Balken waren wie Strohhalme emporgehoben und in entfernte Gärten geschafft, weit und breit war die Gegend am Hafen mit Brettern und Balken bedeckt und es kostete viel Mühe, dieselben wieder zusammenzubringen. Im Innern der von der Überschwemmung betroffenen Häuser sah es natürlich traurig aus. Die Kellervorräte waren nur zum geringen Teil gerettet, meist waren sie verdorben; die Parterre-Räume hatten vielfach arg gelitten. Im Zollhaus am Strande und im Hause des Chaussee-Einnehmers Leo am Wassertor waren die Innenwände eingestürzt, im Stadt-Arbeitshaus geborsten. Im Wollmagazin waren 50-60 Ballen Wolle unter Wasser gewesen, desgleichen große Kaffee- und Weinvorräte in der Zollniederlage. Arg beschädigt war noch das Haus des Kaufmanns Dinnies. Vieh war glücklicher Weise überall rechtzeitig wenn auch häufig nur mit großer Mühe gerettet, teilweise war es sehr sorgfältig in Obhut genommen. Es gab Pferde, die aus den zu ebener Erde gelegenen Ställen nach den Zimmern höherer Etagen geschafft werden mussten (in der Haffburg) und Schweine, die sich sehr behaglich in einem Tanzsaale gefühlt hatten.

Hart mitgenommen waren die Anlagen auf Seebad Wendorf. Die hübschen Anpflanzungen waren dort zerzaust und ganze Baumreihen zu Boden geschmettert.

Die Feuerwehr war schon am 13. Mittags auf ihrem Posten, um bei etwaigem Hauseinsturz bei der Hand zu sein. Glücklicherweise war ihr Eingreifen nach dieser Richtung nicht nötig.

Allgemein stimmte man darin überein, dass ein so bedeutendes Hochwasser, wie das vom 13. November, auch die ältesten Leute Wismars hier nicht erlebt haben. Als das größte dieses Jahrhunderts wird das von 1825 betrachtet, der Wasserstand war aber damals noch immer 4 Fuß niedriger, wie der vom 13. November 1872.
Wismar - Die Marienkirche um 1800

Wismar - Die Marienkirche um 1800

Wismar - Die Nicolai-Kirche um 1800

Wismar - Die Nicolai-Kirche um 1800

Wismar - Die Georgenkirche um 1800

Wismar - Die Georgenkirche um 1800

Wismar

Wismar

Der Fürstenhof

Der Fürstenhof

Der Markt

Der Markt

Wismar.

Wismar.

Wismar - Markt.

Wismar - Markt.

Wismar - Fürstenhof.

Wismar - Fürstenhof.

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