Der Heiligedamm.
Am Heiligendamm richtete die Flut, wie nicht anders zu erwarten war, arge Verwüstungen an. Ein Doberaner, im Laufe des 13. November am Großen Wohlder Holze angelangt, sah die dort befindlichen herrlichen Buchen zu Hunderten entwurzelt. Aber weit gewaltiger war der Anblick der hochbewegten See selber: das Wasser schlug bis an das photographische Atelier und bis zur Mitte des Rasens vor den Kolonnaden, der Rasenplatz vor den Logierhäusern war von Steinen, welche die Wogen mitgeführt, übersäet, die Wellen türmten sich haushoch am Strande und wühlten über den Fuhrweg und Rasen, so dass vom Gebäude „Hirsch“ an bis nach Rethwisch zu Alles von den Fluten bedeckt war; bei dem Hause „Schwan" lief das Wasser wie ein reißender Bach den Fuhrweg vor den Häusern entlang und bahnte sich einen Weg durch den Kies, schon. waren die Fliesenstege weggespült und verschlagen, in die Gebäude selber drang das Wasser, die Wogen stürzten über das Bootschauer hin, da kam der Badewärter, er hatte zu lange gewartet, jetzt rettete er mühsam sein Vieh, Frau und Tochter trug er selbst auf den Schultern durch das umherflutende Meer. - Eine weitere Rundschau erwies, dass die Wogen im Damen, - Badehause Türen und Fenster zertrümmert hatten und mit voller Wucht fast zischend und heulend durch die entgegengesetzten Fenster hindurchpeitschten; der Giebel und ca. 20 Fuß Mauer auf der Seite nach Fulgen zu waren vom Damenbade verschwunden. Schlimmer sah es am Sitzplatze bei der Cottage der Großherzogin-Mutter aus: bis etwa 10 Schritt an das Gebäude hinan war das Erdreich abgespült. Weiter die Strecke bis zur Mooshütte hin war der Strand mit Bäumen abgespült, die Mooshütte selber bis auf die Hinterwand verschwunden. Die Fernsicht nach Fulgen zeigte verschiedene von den Wellen gepeitschte Erdeinschnitte, in denen die Wellen sich brachen, um - ein anziehendes Schauspiel - hunderte von Fontainen zu bilden. - Der Sturm hat an den Gebäuden großen Schaden angerichtet, Schiefer von den Dächern gerissen, die Scheiben eingedrückt und sogar ein Zink-Wetterdach vom Hause „Krone“, welches auf eisernem Gebälke ruhte, heruntergeriffen und die eifernen Stangen wie Rohr zusammengebrochen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sturmflut vom 12. bis 13. November 1872 an der deutschen Ostseeküste
Der Heilige Damm und die Ostsee.
Das Salon- und das Badehaus in Heiligendamm.
Die Großherzoglichen Logierhäuser in Heiligendamm.
Das Sommerhaus der Alexandriene.
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