Eckernförden

Fürchterlich raste das entfesselte Element besonders in Eckernförde und Umgegend. Schon am 12. Nov. trieb dort der Sturm das Wasser bedenklich in die Höhe. Der Borbyer Weg stand unter Wasser und über alle neuen Anlagen gingen die Wellen. Bis gegen 4 Uhr des nächsten Morgens blieb es in gleicher Höhe; von da an stieg es mit rapider Schnelligkeit, und am 13. um 7 Uhr standen alle Keller der niedriger gelegenen Häuser unter Wasser. Viele Bewohner mussten aus ihren Wohnungen. Man fuhr in Booten auf der Straße; teilweise stand es ca. 3 Fuß hoch. Um 8 ½ Uhr begann es, trotz des gleichmäßig starken Sturmes, zu sinken und zwar sehr rasch. Da war es klar: der Damm war durchgebrochen. Schnell waren die Straßen trocken; am Damm aber bot sich ein grauenvoll großartiger Anblick dar. Ein ungeheurer Strom stürzte vom Hafen ins Roer; ein Stück vom Damm folgte dem andern. Unten wusch das Wasser die Höhlung und schnell stürzte oben das Geländer samt der festen Pflasterung nach. Nun riss der Strom die Boote mit den Fischernetzen los - sie trieben durch den Damm und schossen dann pfeilschnell weiter, wenn nicht der Anker wieder fasste, in welchem Fall sie fast sicher verloren waren. Um 10 ½ Uhr morgens waren zwar die unteren Straßen trocken, drei Vierteile des Dammes aber waren fort und der Strom ging noch furchtbar stark, das neue Bassin füllend. Schon um 11 Uhr stand das Wasser daher wieder in den unteren Straßen und schwoll nun von Stunde zu Stunde an. Es drang in die meisten Häuser, die Bewohner flüchteten nach dem oberen Stockwerk. Immer noch stieg es; Kähne fuhren hin und zurückt durch die Straßen. Der ganze Damm wurde fortgerissen. Endlich spät nachmittags begann das Wasser doch zu sinken; um 10 Uhr war es um 3 Fuß gefallen. - Der Schade war entsetzlich. Zwei Tage blieb man beim Aufräumen und nun ließ sich wenigstens ein Teil der Zerstörung übersehen. Da erwies sich das Unglück viel größer, als man anfangs gemeint hatte. Eine Aufzählung ergab, dass 87 Häuser vollständig zerstört, 137 unbewohnbar und teilweise nicht reparierbar waren. Im gegenüberliegenden Borbye waren 20 Häuser teils vernichtet, teils unbrauchbar geworden. Am Jungfernstieg, beim Seminar und der Kaserne hatten die Wellen schauerlich gewütet. Eine enge Straße lag auf 20 bis 30 Schritte bis an den oberen Rand der Fenster voll von hingespülten Balken, Brettern, Mobilien, Betten, so dass 1 ½ Tage daran geräumt werden musste. Aus dem Schutt zog man dann noch tote Schweine hervor. Der Seminarhof und Garten lag dicht voll von Sachen. Ganz neue Häuser von Brandmauern waren zusammengestürzt, andere ganz verschwunden, so dass man erst beim Wegräumen der Steine den Ort wiederfand, wo sie gestanden hatten. Am Strande nach Kiel traf man auf tote Schweine, Schafe, Kühe, Pferde. Die Schiffbrücke sah entsetzlich aus. Ein kurzes Stück, das soeben vollendet wurde, hatte sich gehalten, das ganze lange Stück vor demselben war vollkommen unbrauchbar geworden. Die Holzlager waren nicht wiederzuerkennen. Eine Menge Waren waren in den Kellern verdorben. Die Fischer hatten Waden und Boote verloren, teilweise auch die Häuser; den meisten war ihr sämtliches Hausgerät verdorben; sie wohnten fast alle in den niedrig gelegenen Straßen. Betreffs der Zukunft Eckernfördes kann man sich der allertrübsten Gedanken nicht erwehren. Der Damm fort, die Hafenmauer zum großen Teil unbrauchbar, mehr als ein Viertel der Häuser Eckernfördes zerstört. - Eckernförde kann's nicht tragen, wenn ihm nicht Hilfe wird. Der Schade zählt nach vielen Hunderttausend Thalern. Die Gasleitung ging durch den Damm, sie ist also vollkommen unterbrochen; die Stadt ist ohne Erleuchtung am Abend. Vom Süderdenkmal war die schöne Bedachung heruntergefallen, es glich einem Trümmerhaufen.