Wollin ist die erste Stadt Pommerns von der wir Kenntnis erlangten

Wollin ist die erste Stadt Pommerns, von der wir durch die nordischen Schriftsteller unter dem fremden Namen Jomsburg und Jumne Kenntnis erhalten. Dass Wollin, wie der Verfasser annimmt*), als dänische Kolonie durch den König Harald Blauzahn c. 980 gegründet worden, wird schon durch die dort gemachten häufigen Funde Arabischer Dirhems, die vorzugsweise dem X. Jahrhundert angehören, genugsam widerlegt**). Darnach muss Wollin schon im X. Jahrhundert eine große Handelstätigkeit entwickelt haben, und Burg und Burgflecken waren schon vorhanden, bevor sich der Dänenkönig derselben bemächtigte, und in die Burg eine dänische Besatzung legte, die mit den zuwandernden Verbannten und abenteuernden Vikingern aus dem Mutterland der von ihnen Jomsburg umgetauften Burg in den damaligen Händeln Dänemarks und Norwegens einen kurzen, aber ruhmreichen Einfluss verschaffte. Handel und Seeraub schlossen sich in jener Zeit nicht aus. Die kurze Blüte der Jomsvikinger tat der alten Handelsgeschäftigkeit Wollins kaum einen Abbruch, vermehrte vielleicht nur noch ihre Unternehmungslust. Zur Zeit Adams von Bremen war sie jedenfalls die bedeutendste Stadt an der Ostsee, stand mit Hamburg im Verkehr, von wo man teils auf dem Landwege über Demmin, teils über Schleswig und Oldenburg in Holstein und von hier zu Schiffe dahin gelangte, und unternahm häufige Handelsfahrten nach dem Preußischen Samland, und nach Ostragard in Russland. Sie war nicht allein von Pommerschen Wenden bewohnt, sondern öffnete auch anderen Nationen ihre gastliche Pforte. Unter ihnen macht uns Adam Russen (Graecii) und Deutsche (Saxones) namhaft. Dass dabei vorzugsweise auch das dänische Element nicht gefehlt hat, bezeugen die späteren Schicksale der Stadt, da sie noch c. 1100 als sicherste Zufluchtsstätte geächteter Dänen verrufen war, und um deswillen vom Dänenkönig Erich Ejegod mit einer Kriegsflotte heimgesucht, durch Heeresmacht bezwungen, zur Auslieferung der dänischen Seeräuber und zum eigenen Loskauf genötigt ward. Jemehr indes die dänische Beimischung zurücktrat, desto mehr kam der alte einheimische Name Wollin, nicht bloß bei den Lebensbeschreibern des Bischofs Otto und dem dänischen Chronisten Saxo Grammaticus, sondern auch in einer Pommerschen Urkunde Julin lautend, wieder zur Geltung. Aber ein eigentümlicher Charakterzug größerer Unabhängigkeit blieb den Wollinern von der fremden Einwirkung. Ihn beschreiben uns die Gefährten des Pommern-Apostels, ihn fand noch Kantzow in seinen Tagen, und auch heute noch ist die größere Zähigkeit und Hartnäckigkeit der Wolliner sprichwörtlich.

*) S. 548. — **) Vergl. Barthold, Geschichte von Rügen und Pommern, p. 299.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Städte der Provinz Pommern