Die Landstände Pommerns im XIV. Jahrhundert und deren Rechte

Das ganze XIV. Jahrhundert hindurch bestanden die Landstände Pommerns nur noch aus den beiden Ständen der Ritterschaft und der Städte. Erst im Anfange des XV. Jahrhunderts gesellte sich ihnen als dritter Stand die höhere Geistlichkeit zu. Zum ersten Mal tritt in der Urkunde von 1415 den 8. März**), durch welche die Stände des Herzogtums Wolgast diesseits oder westlich der Swine bezeugen, dass sie den Streit zwischen ihrem Fürsten Wartislaw VIII. und der Stadt Greifswald beigelegt haben, die seitdem regelmäßig wiederkehrende Formel: „wy prelaten, mannenvnde stede“ hervor. Unterhändler der Stände waren bei dieser Gelegenheit von Seiten der Prälaten: der Abt Heinrich von Pudagla, der Abt Johann von Neuencamp und der Archidiacon von Tribsees, Conrad von Bonow; von Seiten der Ritterschaft: der Marschall Wedige von Buggenhagen und der Vogt von Wolgast, Johann von Starkow, diese fünf zugleich auch Räte des Herzogs Wartislaw VIII.; und von Seiten der Städte die Ratmannen von Stralsund, Anklam und Demmin. Untersiegelt wurde der ständische Revers durch den Marschall Wedige von Buggenhagen, den Prälaten Conrad von Bonow und die Stadt Stralsund, sodass also für jeden Stand ein Siegel zur Beglaubigung diente.

**) Ong. im P. P. A. - Die Zulassung der Prälaten zu den ständischen Verhandlungen ist indes schon etwas älter. 1406 unterwarf sich die Stadt Stralsund zur Beilegung ihres Zwistes mit dem Herzöge Wartislaw VIII. einem landständischen Schiedsgerichte, das aus 3 Prälaten, 6 Vasallen und je 2 Abgeordneten der Städte Greifswald, Anklam und Demmin zusammengesetzt wurde. Lisch, Urkunden zur Geschichte des Geschlechts Behr, III, p. 160.


Was die landständischen Rechte betrifft, so stand jedenfalls die Bewilligung der Landessteuern obenan. Als 1319 die Stände des Herzogtums Stettin ihrem Fürsten absagten und den Herzog Wartislaw IV. zum Regenten bestellten, bewilligten sie diesem zu den Kosten der Verwaltung eine jährliche Abgabe von sechs Schillingen von jeder Hufe, und versprachen auch, die Kosten eines etwaigen Krieges, für den sie die Kriegsfolge innerhalb der Peene, Swine, Netze, Warthe und Oder zusagten, aus einer allgemeinen Landessteuer zu ersetzen.

Ein anderes Recht, das die Stände schon früh errangen, war ihre Mitwirkung bei Bestellung der fürstlichen Beamten. Jenes Bündnis, das 1319 die Stände des Herzogtums Stettin mit Wartislaw IV. abschlossen, war hauptsächlich durch die Missverwaltung und die Bedrückungen der herzoglichen Beamten, der Ritter Herman Silbur (lange Jahre Kammermeister und damals Vogt des Landes Stettin), Conrad Ubeske, Conrad Flemming (Küchenmeister), Thimmo von Petzow und Teslaw von Bevenhusen (Truchseß) hervorgerufen. Die Sühne, welche Otto I. darauf mit seinen Ständen einging, hat wahrscheinlich nicht bloß die Entsetzung jener Beamten, die wir seitdem nicht mehr in der Umgebung des Herzogs Otto erblicken, sondern auch das Zugeständnis zur Folge gehabt, dass kein herzoglicher Beamter mehr ohne Zustimmung der Landstände eingesetzt werden durfte. 1327 reversierten die Herzoge Otto I. und Barnim III. der Stadt Anklam ausdrücklich, dass sie die Ritter Bernhard von Neuenkirchen, Heinrich von Rheten und Heinrich von Mentzelin weder zu ihren Beamten, noch zu ihren Räten ohne Zustimmung jener Stadt annehmen wollten, und doch gehörte Anklam nicht einmal zu den Untertanen jener Fürsten. Um dieselbe Zeit tritt auch im Herzogtum Wolgast die ständische Mitwirkung bei der Bestellung der Beamten hervor. Als Wartislaw IV. 1325 die Huldigung der Rügenschen Stände entgegennahm, erteilte er ihnen bloß erst die Versicherung, dass er die oberen Beamten und Vögte nur aus Angesessenen des Rügenschen Fürstentums selbst ansetzen wolle*). Aber schon zwei Jahre später, 1327 den 25. September, gaben Otto I. und Barnim III. als Vormünder der Söhne Wartislaws den Ständen des gesamten Herzogtums Wolgast und Rügen die Zusage, dass hinfort kein herzoglicher Vogt ohne Zustimmung der Ritterschaft und der Städte bestellt werden solle**).

Ein noch wichtigeres Recht der Stände war die Befugnis, bei Unmündigkeit ihrer Regenten einen Vormundschaftsrat aus ihrer Mitte zu bestellen. Es war im Rügenschen Erbfolgekriege, dass sich die Stände des Herzogtums Wolgast in Besitz desselben setzten. Nach langen Verhandlungen, welche zwischen der Ritterschaft und den Städten des Wolgaster Herzogtums und den Stettiner Herzogen in Betreff der von den letztern beanspruchten Vormundschaft über die Söhne Wartislaws IV. geführt wurden, nahm man endlich die Stettiner Herzoge zu Vormündern der Wolgaster Prinzen an, doch mussten sie zuvor am 24. Dezember 1326 die Versicherung erteilen, dass sie die Vormundschaft nur unter Beirat der Stände führen, und dass sie keine Regierungshandlung vornehmen wollten ohne Bevollmächtigung (vulbort) und Zustimmung des ständischen Vormundschaftsrates, der aus vier Vasallen von Seiten der Ritterschaft und aus je zwei Ratmännern jeder Stadt zusammengesetzt werden sollte***). Diese Versicherung wurde 1327 den 25. September von den Herzogen Otto I. und Barnim III. ausdrücklich wiederholte. 1438 bestand der Vormundschaftsrat des unmündigen Herzogs Joachim von Stettin aus 4 Vasallen und 4 städtischen Mitgliedern, nämlich aus dem Marschall des Landes Stettin, Maltzan von Maltzan, den beiden Rittern Hasso von Blankenburg und Hans von Elsholtz, und dem Knappen Claus von Schwerin, ferner aus den beiden Bürgermeistern von Treptow a. T., Arnd Vedderow und Curd Drake, und aus Gerd Voghe, Bürgermeister, und Albrecht von Glinden, Ratmann von Stettin*).

Noch früher erlangten die Stände das Recht der Oberaufsicht und der Mitwirkung bei der Gerechtigkeitspflege des Landes. Namentlich den Städten lag daran, über die Sicherheit der Landstraßen zu wachen, und die Räuber und Diebe mit äußerster Strenge zu verfolgen. Es war daher schon im Rostocker Landfrieden von 1283 die Handhabung der Gerichtsgewalt eigenen, aus den beiden Ständen der Ritterschaft und der Städte erwählten Richtern übertragen worden. 1319 ernannte Herzog Wartislaw IV. den Grafen Nicolaus von Gützkow zum Oberrichter im Lande diesseits der Ewine, bestellte ihm zu Beisitzern zwei aus der Ritterschaft gewählte Vasallen und je zwei Ratsmänner aus den Städten Greifswald, Demmin und Anklam, die entweder jährlich oder quartaliter neu gewählt werden konnten, und übertrug diesen 9 ständischen Richtern die Verfolgung und Aburteilung aller Diebe, Räuber, Mordbrenner und öffentlichen Ruhestörer innerhalb jenes Districts**). Auch über das andere Pommern verbreitete sich diese Einrichtung. Herzog Otto I. bestellte ein solches Gericht für die Lande Demmin, Treptow a. T, Groswin und Ueckermünde mit 12 Richtern, von denen die landgesessenen Vasallen zwei und die Städte Greifswald, Anklam, Demmin, Treptow a. T. und Ueckermünde auch je zwei Richter zu wählen hatten***). In der vormundschaftlichen Bestätigung der Privilegien der Wolgaster Landstände vom 25. September 1327 wird ausdrücklich, zugestanden, dass die Todschläger und andere grobe Verbrecher von dem Rat der Bezirksstädte in Gemeinschaft mit dem Bezirksvogt abgeurteilt werden sollten. Wo dergleichen ständische Gerichte später in Abgang kamen, da erneuerten die Stände oft selbstständig diese Einrichtung. So schlossen die Städte Stargard, Greifenberg und Treptow a. R. 1354 mit den vornehmsten Vasallen ihres Bezirks, den Grafen von Oberstem und Fürstenberg, den Loden, Vidanten, Dewitzen, Stegelitzen, Borcken, Wedelln, Osten, Manteufeln, Trojen und Brüsewitzen ein Schutz- und Landfriedensbündnis ab, worin sie sich auch zur Verfolgung der Straßenräuber und Mordbrenner verpflichteten****). 4 Erwählte aus den Vasallen, und je ein Bürgermeister und ein Ratsmann aus den drei Städten bildeten die 10 Obmannen dieses Bündnisses, welche alle vorfallenden Streitigkeiten entschieden. 1421 errichtete Herzog Wartislaw IX. ein ständisches Quatembergericht aus 8 Vasallen und 8 Ratsmännern der Städte Stralsund, Greifswald, Anklam und Demmin. Diese 16 Richter sollten sich alle Quatember abwechselnd der Reihe nach zu Stralsund, Greifswald, Anklam oder Demmin versammeln, um dort unter Vorsitz des Fürsten oder im Behinderungsfalle auch ohne ihn über Landfriedensbruch zu richten. Für die 8 städtischen Richter sollte ein eigenes fürstliches Gerichtssiegel angefertigt werden, das jedesmal den beiden Ratsmännern derjenigen Stadt, bei der die nächste Gerichtssitzung abgehalten werden würde, zur Bewahrung übergeben werden sollte*****). Dies Quatembergericht sollte versuchsweise erst auf drei Jahre bestellt werden. Ob es zu Stande kam und länger von Bestand blieb, lässt sich nicht ermitteln. Allein was hier ständischer Seits erreicht werden sollte, die Mitwirkung bei der höchsten Gerechtigkeitspflege, war bereits bei dem fürstlichen Hofgerichte selber, wo Lehnsachen, peinliche und bürgerliche Sachen der Vasallen, und Appellationen von den Vogtei- und Privatgerichten entschieden wurden, in Übung gesetzt. Schon 1416 entschied die Herzogin Agnes, Witwe Wartislaws VIII., einen Rechtsstreit zwischen dem Kloster Pudagla und dem Ritter Johannes von Schwerin in ihrem Hofgericht, wobei 2 Prälaten, 7 Vasallen und 7 Bürgermeister und Ratsmänner aus den Städten Stralsund, Greifswald, Anklam und Demmin als Beisitzer fungierten******). Seitdem finden wir bei allen wichtigeren Entscheidungen des fürstlichen Hofgerichts ständische Beisitzer angeführt.

*) Lisch, Urkunden. Sammlung zur Geschichte des Geschlechts Maltzan, III, p. 96. — **) Stavenhagen, I. o. p. 348, Nr. XXXVI. — ***) Sell, Geschichte des Herzogtums Pommern, II, p. 326. — ****) Schöttgen et Kreyssig, Diplomat. et Scriptores, III, p. 45. — *****) Lisch, Urk. zur Gesch. des Geschl. Behr, III, p. 225. — ******) Kosegarten, Pommersche und Rügische Geschichtsdenkmäler, I, p. 257.

Als 1490 den 25. Juni die große Streitsache zwischen dem Herzoge Bogislaw X. und dem Ritter Berndt von Maltzan durch den Ritter, Heinrich von Borcke von Labes als verordneten Richter im Hofgericht zu Wolgast entschieden wurde, waren 10 Prälaten (3 Äbte und 7 Domherrn), 24 aus der Ritterschaft (der Graf von Eberstein aus dem Herrnstande, der Johanniterkomtur zu Wildenbruch und 22 andere Vasallen), und die Abgeordneten (rades sendebaden) von 24 Städten zugegen*). Ob alle diese zugleich als Beisitzer fungierten, ist nicht ersichtlich, aber im XVI. und XVII. Jahrhundert gehörte es noch zu den Amtsgeschäften des ständischen Ausschusses, dass seine Mitglieder abwechselnd den Gerichtstagen anwohnten**).

Auch in Betreff der Kriege und Friedensschlüsse erwarben sich die Landstände bald eine gewichtige Stimme. Dass die Anstalten zur Landesverteidigung hauptsächlich der Beratung und Beschlussfassung der Stände unterlagen, war durch die Natur der Verhältnisse bedingt. Schon bei der Landesteilung von 1295 bestimmte man, dass die Befestigungen, welche während des Zwistes zwischen Bogislaw IV. und Otto I. angelegt wären, nur nach Rat und Zustimmung der Stände erhalten bleiben dürften; und in der vormundschaftlichen Bestätigung der Privilegien der Wolgaster Stände von 1327 wurde es ausdrücklich anerkannt, dass Schlösser und Festen nur nach dem Willen der Landstände neu erbaut oder niedergelegt werden sollten. Auch bei Landfriedensbündnissen tritt schon seit 1283 die Teilnahme der Landstände besonders hervor. 1371 schloss Herzog Albrecht von Mecklenburg mit dem Herzog Kasimir III. von Stettin ein Landfriedensbündnis ab, bei dem auf Seiten Mecklenburgs 12 Vasallen und die Städte Gnoyen, Ribnitz, Schwan und Kriewitz, auf Seiten Pommerns ebenfalls 12 Vasallen und die Städte Treptow a. T. und Ueckermünde die Bürgschaft übernahmen***). Diese Teilnahme an den Landfriedensbündnissen musste schließlich zur Mitwirkung bei Friedensschlüssen überhaupt führen. Als Herzog Joachim von Stettin mit den beiden Friedrich, dem Kurfürsten und dem Markgrafen, von Brandenburg 1447 Frieden schloss, geschah dies mit Zustimmung der beiderseitigen ... und waren dabei von Seiten des Pommerschen Herzogs drei Prälaten, drei Vasallen und die Abgeordneten der drei Städte Stettin, Pyritz und Gartz zugegen.

*) Klempin, Diplomatische Beiträge zur Geschichte Pommerns aus der Zeit Bogislaws X., p. 500—502. — **) Landtags-Abschied, Wolgast den 25. November 1592. Dähnert, Sammlung I, p. 579. — ***) Lisch, Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Maltzan, II, p. 221.

Waren nun die Stände bei den Friedensschlüssen beteiligt, so lag die Forderung nahe, dass sie auch beim Beginn eines Krieges wollten gehört werden. Zum ersten Mal in Pommern bedangen sich die Stände des Herzogtums Wolgast jenseits oder östlich der Swine dies Recht, als sie 1459 den 16. Juni den Herzog Erich II. zum Verweser ihres Landes annahmen. Dasselbe Gelöbnis leistete Herzog Otto III. von Stettin den Ständen des Landes Pommern bei ihrer Huldigung 1464 den 20 März, und wiederholte Herzog Bogislaw X. denselben Ständen 1474 den 25. November mit denselben Worten. In der Bestätigung der ständischen Privilegien des Landes Stolp von 1463 den 25. August durch Erich II. fehlte eine solche Klausel ebenfalls nicht und wird wahrscheinlich ebenso in die Bestätigung der ständischen Privilegien aufgenommen sein, welche Erich II. und Wartislaw X. gemeinschaftlich 1467 für ihre Stände, also wohl für die des Herzogthums Wolgast diesseits oder westlich der Swine, erließen. 1566 fanden sich die Herzoge Barnim X. und Philipp I. bewogen, ihren Landständen „die privilegia, die sie sämtlich in unterschiedlichen Orten (d. h. für verschiedene Landesteile) von weiland Herrn Otten, Herzogen zu Stettin, Herrn Erichen, sonderbaren (d. h. allein), auch Herrn Erichen und Wartislaf, gemeinen (d. h. gemeinschaftlich), und letztlich Herrn Bogislaf, unsern geliebten Herren Vorfahren, Voreltern, Vätern und Ahnherren, Herzogen zu Stettin-Pommern, anno 1463, 1464, 1467, 1474 und was sie dergleichen gemeine Privileg mehr erlanget, nachgeschriebener Gestalt zusammen zu ziehen, zu erklären, zu konfirmieren und zu bestätigen“*). Darin erklären sie: „Wir Fürsten und unsre Erben und nachkommende Herrschaft wollen uns auch in keine Kriege, noch neue Verbündnisse mit Jemand, einer ohne des andern Wissen und Willen und ohne gemeinen Rat der Landstände einlassen. Da wir aber aus gemeinem Rate zu neuen Bündnissen, und daraus oder sonsten gemeinem Rate nach, zu Kriegshandlungen aus Drangsal geraten würden und uns darin begeben müssten, so sollen unsere Landstände uns innerhalb und außerhalb Landes folgen und treulich dienen. Und wann wir, unsre Erben und nachkommende Herrschaft uns obgeschriebener Gestalt in Kriege begeben müssten, so wollen wir, unsre Erben und nachkommende Herrschaft mit den vornehmsten unserer Landstände, und da es die Wichtigkeit vorstehender Gefahr erheischet, auch die Zeit leiden kann, mit der ganzen Landstände reifen, guten und untertänigen Rate uns entschließen, wie und welcher Gestalt man sich in den jeder Zeit vorstehenden Kriegsnöten zu schicken, die Unkosten desselben zu tragen, auch, was dazu nötig, zuwege zu bringen, damit wir beide, unsre Erben und Landstände nicht in Schimpf und Schaden geraten.“

Da die Landstände nicht immer versammelt sein konnten, so bildete sich allmählich die Praxis heraus, dass für die dauernde Wahrnehmung ihrer Gerechtsame ein eigener ständischer Ausschuss bestellt wurde. Wie schon im XIV. Jahrhundert für einzelne Fälle, z. B. in Vormundschaftssachen der Regenten oder bei Errichtung außerordentlicher Gerichte, dergleichen ständische Delegierte erwählt wurden, ist bereits oben angeführt worden. Im Anfange des XV. Jahrhunderts aber, namentlich nachdem die Geistlichkeit als dritter Stand den Landtagen anwohnte, tritt ein dauernder Ausschuss der Landstände hervor, der bei allen wichtigeren Regierungshandlungen zu Rate gezogen wurde. Als Herzog Wartislaw VIII. 1408 zu Gunsten der Stadt Stralsund den Korn- und Tuchverkauf auf Rügen beschränkte, waren zwei Prälaten, fünf Vasallen, zwei Bürgermeister von Greifswald, einer von Anklam und einer von Demmin zugegen*). Den Willebrief desselben Herzogs, durch welchen er 1409 der Stadt Tribsees erlaubte, 8 Lehnhufen von einem Ritter zu erwerben, bezeugten ein Prälat, einer aus der Ritterschaft und der Bürgermeister Wulf Wulflam von Stralsund**). Ebenso dienten 1410, als Wartislaw VIII. dem Bürgermeister Arnd Polemann von Stralsund drei Hufen im Dorfe Breege auf Wittow abtrat, der Landmarschall, ein Prälat, ein Vasall und ein Bürgermeister von Greifswald zu Zeugen***). 1414 verglichen ein Prälat, zwei Bürgermeister von Stralsund und Greifswald, und zwei Vasallen von Seiten des Herzogs Wartislaw VIII. von Wolgast und seiner Bruderkinder, sowie vier Vasallen und zwei Bürgermeister von Stettin von Seiten der Herzoge Otto II. und Kasimir VI. von Stettin ihre Landesherrn wegen der Ukermark****).

Dieser ständische Ausschuss hieß der gemeine Rat, und der Ausdruck: „na rade vnde vulbort vnses menen rades/ ist eine jetzt oft wiederkehrende Formel der Urkunden*). In der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts wurde dafür der Titel Landrat üblich.

In welchem Verhältnis der gemeine Rat oder der Landrat aus den drei Ständen zusammengesetzt war, und in welchem Maße wiederum die Städte unter sich daran teilnahmen, lässt sich nicht ermitteln. Die Urkunden, in denen Spuren desselben vorkommen, bieten darin große Verschiedenheiten. Im Herzogtum Stettin z. B. gehörten 1438 allein die Vertreter der Städte Stettin und Treptow a. T. zum Vormundschaftsrat des Herzogs Joachim, während 1447 bei dem Friedensschluss zwischen Brandenburg und Pommern-Stettin die Vertreter von Stettin, Pyritz und Garz mitwirkten. In der Regel treten aber doch überall die bedeutenderen Städte vor den andern im Landrate hervor. Wahrscheinlich wurden selten alle dem Landrat angehörige Mitglieder zur Beratung herbeigezogen. Es entschied dabei der Ort, wo die Verhandlung gepflogen wurde, sodass die näher gesessenen Vasallen und Städte sich in stärkerem Prozentsatze vertreten ließen, als die entfernter wohnenden. 1402 vermittelten zu Stolp, augenscheinlich im Auftrage der Hinterpommerschen Landstände, zwei Ritter und zwölf Knappen, alle im Lande Stolp angesessen, und die Städte Stolp, Rügenwalde und Schlawe die Landesteilung des Herzogtums Wolgast jenseits oder östlich der Swine (Hinterpommerns) zwischen den Brüdern Bogislaw VIII. und Barnim V.*) 1459 nahmen zu Rügenwalde die Hinterpommerschen Landstände den Herzog Erich II. zu ihrem Verweser an, und zwar geschah dies in Vollmacht und Vertretung des ganzen (Hinter-) Pommerschen Rates durch den Bischof Henning von Sammeln als Vertreter der Prälaten, durch den Grafen Albrecht von Eberstein aus dem Herrnstande, durch 13 Vertreter der gemeinen Ritterschaft, von denen nur drei im Lande Stargard, die andern alle im Lande Stolp angesessen waren, und durch 13 Vertreter der Städte, von denen drei auf Stolp, drei auf Rügenwalde und zwei auf Schlawe kamen, die übrigen fünf von den Städten Stargard (zwei), Greifenberg, Treptow a. R. und Belgard gestellt wurden. Bei dieser Versammlung des Landrats wirkte also weniger die Bedeutung der Städte und der Ritterschaft, als ihre Nähe oder Entfernung vom Versammlungsorte mit.

Vielfach mochte bei der Berufung des Landrats auch dem Fürsten eine Auswahl zustehen. Es erklärt sich daraus, warum im XVI. Jahrhundert, wo überhaupt der Hofadel zu prävalieren begann, die städtischen Mitglieder des Landrats vollständig in Vergessenheit geraten konnten, sodass man 1605 am Pommerschen Hofe schon der Meinung war, es sei von Alters her schon gebräuchlich gewesen, die Landräte nur aus dem Grafenstande und der Ritterschaft zu erwählen**).

Die auf den Landtagen wiederholt vorgetragenen Erinnerungen bewirkten zunächst für den Wolgaster Ort, dass Herzog Philipp Julius im Landtagsabschiede von 1614 den 10. März*) die Bestellung der Landräte wieder aus den drei Ständen der Prälaten, der Ritterschaft und der Städte nachgab. Er ließ sich 24 von den Ständen aus ihrer Mitte erwählte Personen, und zwar 2 Prälaten, 16 aus der Ritterschaft und 6 Ratsmitglieder der Vorderstädte Stralsund, Greifswald und Anklam präsentieren, aus denen er 12, nämlich 1 Prälaten, 8 Vasallen und 3 Bürgermeister, je einen von Stralsund, Greifswald und Anklam, berief und zu Landräten bestellte. Die 3 städtischen Landräte waren: Thomas Brandenburg, Bürgermeister von Stralsund; Christoph Engelbrecht, Bürgermeister von Greifswald und Michael Winkop, Bürgermeister von Anklam. In gleicher Weise sollte es auch fürs Künftige mit der Wahl der Landräte gehalten werden. Die Nomination sollte bei der Landschaft, die Election und Bestellung aber bei der Regierung verbleiben, dergestalt, dass beim Abgange eines Landrats die übrigen Landräte binnen 6 Monaten zwei qualifizierte Personen aus demselben Stande des abgegangenen nominieren sollten, aus denen die Regierung einen zu erwählen und in die vakante Stelle zu berufen hatte. In dem Lantagsabschiede von 1627 den 12. März**) wird aber bereits als Observanz erwähnt, dass bei den städtischen Landräten diejenige Stadt, welcher der abgegangene Landrat angehört hatte, aus ihrem Ratscollegio zwei andere qualifizierte Personen nominierte und präsentierte, unter denen der Regierung die Wahl und die Berufung in die vacante Stelle frei stand.

Man darf mit dem Landratskollegium nicht den Staatsrat (consilium status***) verwechseln, welcher 1628 zwar ebenfalls aus den Ständen, aber lediglich zu Kriegszwecken errichtet wurde und nur kurze Zeit von Bestand war. Dieser Kriegs- oder Staatsrat wurde aus den beiden Regierungen gemeinschaftlich eingesetzt, und zwar wurden dazu bestellt aus dem Stettiner Ort: der Dekan Mathias Carnitz wegen der Prälaten, Andreas von Borcke wegen der Ritterschaft, und der Bürgermeister Dr. Clemens Michaelis von Stettin wegen der Städte; aus dem Wolgaster Ort: Volkmar von Wulffen, Comthur zu Wildenbruch, wegen der Prälaten, Georg von Eickstedt wegen der Ritterschaft, und der Bürgermeister Christian Schwart z von Greifswald wegen der Städte. Das Direktorium des Staatsrats erhielt der Statthalter des Stifts Cammin, Paul Damitz, der schon 1627 zum Direktor oder Präsidenten des damals errichteten Ober- und Geheimen-Rats (Regierungskollegium für ganz Pommern) ernannt war*). Zu Adjunkten oder Stellvertretern der Staatsräte, die bei deren Behinderungsfalle aus der Landschaft zu berufen wären, wurden noch bestellt aus dem Stettiner Ort: Achatius von Kleist und Caspar von Below von Seiten der Ritterschaft, Dr. David Crufius, Syndicus zu Stargard, und Georg Palbitzky, Bürgermeister zu Stolp, von Seiten der Städte; aus dem Wolgaster Ort: Otto von Thun und Gerd von Behr von Seiten der Ritterschaft, Dr. Joachim Dithmar, Syndicus zu Anklam, und Joachim Brambeer, Bürgermeister zu Demmin, von Seiten der Städte. Aus dieser eventuellen Teilnahme eines Bürgermeisters von Demmin an den Sitzungen des Staatsrats hat Stolle**), und mit ihm der Verfasser***), zu Unrecht geschlossen, dass der Bürgermeister Joachim Brambeer Landrat gewesen sei. Allein Demmin gehörte weder unter Pommerscher, noch unter Schwedischer Regierung zu denjenigen Städten, welchen das Recht zustand, aus ihrem Ratskollegio einen Landrat zu nominieren. Ebenso hat der Verfasser***) aus gleichem Irrtum den als Staats- oder Kriegsrat fungierenden Bürgermeister Dr. Clemens Michaelis von Stettin zum Landrat gemacht. Damals hatten die Städte der Stettiner Regierung noch nicht die Befugnis wieder erlangt, zu den aus der Ritterschaft berufenen Landräten gleichfalls ihr Kontingent zu stellen.

*) Dähnert, Sammlung, I, p. 634. — Micrälius, IV. Buch, p. 65. — **) Ebendas. p. 647. — ***) Micrälius, IV. Buch, p. 214. — Die Fürstliche Pommersche Regimentsverfassung von 1634. Dähnert, Sammlung, I, p. 343: „Obwohl in vorangemeldeter Verfassung de Anno 1627 nur eines Präsidenten neben 4 Collegen Erwähnung geschehen, und diesem Collegio ein solcher Anfang gegeben; So ist dennoch hierbei zu erinnern, dass man gleich zur selbigen Zeit, wegen damals diesen Landen angeschienenen Kriegsgefahr, mit gemeiner Landstände Belieben, auch aus derselben Mittel ein Kollegium von Kriegsräten oder (wie mans hernach intituliret) in Consilium Status fundiret, und eine Zeit lang beibehalten. Als dasselbe aber uns sowohl, als gedachten Landständen kostbar und beschwerlich, und man so wenig eine Regierung, bevorab bei den hoch beschwerlichen Quartier- und Kontributions-Wesen, ohne vornehmer autorisierter Offiziere Gegenwart lassen, das gemeine Kollegium aber der Regierungs-Räte ebenso wenig von uns, als auch unter sich, geschieden sein können: So hat die Notwendigkeit erdrungen u. s. w.“
****) Dähnert, I. c. p. 334. — *****) Beschreibung und Geschichte der Hansestadt Demmin, p. 106 und 129. — ******) S. 123.


Erst 1634 gab Herzog Bogislaw XIV. auch für die Stettiner Regierung nach, dass das Kollegium der Landräte, welches hier bisher aus der Ritterschaft allein berufen war, nach dem Beispiel der Wolgaster Regierung wieder aus den drei Ständen der Prälaten, der Ritterschaft und der Städte zusammengesetzt würde. Zu städtischen Landräten ernannte er aus den ihm von jeder der drei Vorderstädte des Stettiner Orts präsentierten zwei Personen den Bürgermeister Paul Friedeborn von Stettin, den Bürgermeister Laurentius Bolhagen von Stargard und den Bürgermeister Georg Palbitzky von Stolp, und berief sie in seinem Ausschreiben vom 25. Juni zu der auf den 14. Juli zu Stettin angesetzten Konvokation der Landräte beider Regierungen**). Da hiebet die Einrichtung des Wolgaster Orts zum Muster diente, so darf wohl mit Grund angenommen werden, dass seitdem auch im Stettiner Ort neben den drei städtischen Landräthen von Stettin, Stargard und Stolp ein Landrat aus den Prälaten, und acht Landräte aus der Ritterschaft fungierten. Eine ähnliche Einrichtung bestand noch für sich im Stift Cammin, wo die Städte Kolberg und Cöslin in dem landständischen Ausschuss vertreten waren.

*) S. 411. — **) Micrälius, V. Buch, p. 318. — Schwartz, Versuch einer Pommerschen und Rügenschen Lehn-Historie, p. 1035.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Städte der Provinz Pommern