Bischof Otto Zug von Wollin auf der alten Handelsstraße nach Kolberg

Leider haben uns die Biographen Ottos den Namen dieser Stadt nicht überliefert. Es kann aber kaum einem begründeten Zweifel unterliegen, dass wir in ihr Treptow a. R. vor uns haben. Der Bischof Otto zog von Wollin auf der alten Handelsstraße nach Kolberg. Diese führte damals wie noch jetzt des sumpfigen Terrains wegen, das keine andere Richtung zulässt, südlich von Deutsch-Pribbernow auf Sellin*) zu an die Rega, und von da auf der linken Seite des Flusses abwärts über Klötikow nach Treptow. Auf dieser Straße gelangte der Bischof bis Clodona, in dem man das heutige Klötikow vermutet. Nachdem er Clodona verlassen und die Rega überschritten, fand er die bewusste Stadt. Dass er die Rega bei Clodona selbst überschritten, wird nicht gesagt, nur soviel, dass er über den Fluss setzte, der bei Clodona vorüberfließt. Die Wortfassung des Berichts widerstreitet also dem nicht, dass der Bischof von Klötikow noch eine halbe Meile weiter abwärts bis Treptow zog und erst hier die Rega überschritt, wo er an ihrem Ufer die zerstörte Stadt fand. Ausdrücklich erwähnt der Biograph Herbord allerdings nicht, dass die Stadt unmittelbar am Fluss lag, aber seine Worte lassen diese Deutung doch zu, und die Natur der Dinge erfordert es. An einer andern Stelle berichtet er von den zur Rega heimgekehrten Seefahrern. Von der Rega aus wurde also Schifffahrt betrieben, und dies setzt eine Handelsstadt voraus, die doch nur am Fluss selbst gelegen haben kann. Die Rückkehr der zerstreuten Reste ihrer Einwohner zu der alten Heimat zeigt, wie stark der Hang nach der Geburtsstadt war, und wie nicht einmal eine so wilde Vernichtung derselben sie von da verscheuchen und zur Wahl einer anderen Niederlassung bewegen konnte. Damals, als Bischof Otto etwa 4 Jahre nach ihrer Zerstörung die Stadt besuchte, waren allerdings erst sehr provisorische Wohnungen wieder errichtet worden, aber man dachte schon wieder an den Aufbau besserer Gebäude. Es ist nun in den allgemeinen Verhältnissen des Landes kein Grund denkbar, warum die Bewohner später ihre Absicht sollten aufgegeben haben, und da nicht allzu lange darauf in dieser Gegend die Burg Treptow hervortritt, schon vor 1180 mit eigener Kirche begabt, so darf man wohl nicht zweifeln, dass Treptow a. R. jene namenlose Stadt war, welche allmählich, wenn auch in viel geringerer Bedeutung, als sie vor ihrer grausigen Zerstörung besaß, wieder emporwuchs. Die Umgegend von Treptow war noch lange wüst, trotz der Fruchtbarkeit ihres Bodens. Als das dort gegründet? Kloster Belbuk 1180 elf Dorffluren erhielt, war darunter nur ein Dorf angebaut, das Dorf Gummin auf der linken Seite der Rega; die anderen rechts von der Rega gelegenen Feldmarken lagen öde, ein Beweis, wie schrecklich die Polen gehaust haben mussten, ehe sie Treptow mit Waffengewalt einnahmen, und wie lange Zeit es bedurfte, um die Spuren dieser Untat zu verwischen.

*) Neuere auf der Feldmark von Sellin der Drainierung wegen vorgenommene Ausgrabungen haben diese alte zum Teil aus mächtigen Feldsteinen gebaute Landstraße blosgelegt.


Wenn die Gefährten Ottos berichten, dass, gleichwie bei den anderen Burgen der Fall war, auch bei dem zerstörten Treptow die Bauern aus der Provinz zusammenströmten, um hier die Taufe zu empfangen, so spricht sich darin jener altgewohnte Zug aus, der die Kastellaneiinsassen mit ihrer Burg in allen Lebensgewohnheiten verband. Übrigens möchte ich vermuten, dass Bischof Otto die Kirche in dem nahen und anmutig gelegenen Clodona nur in Rücksicht auf die Zerstörung Treptows gründete, weil hier unter Leichen und rauchgeschwärzten Trümmern und bei den wenigen, noch nicht mit passenden Wohnungen wieder angesiedelten, Einwohnern kein Raum für ein Gotteshaus war. Auch glaube ich, dass die bei der zweiten Anwesenheit des Bischofs zu Clodona Getauften, welche inzwischen von ihren überseeischen Handelsreisen zurückgekehrt waren, nicht diesem Dorfe, sondern dem Handelsorte Treptow angehört haben werden, da doch allein von der mit einer Burg verbundenen Marktstätte aus Handel getrieben werden konnte, mochten sie auch nach der Zerstörung ihrer Stadt das eine halbe Meile weiter stromaufwärts gelegene Dorf zu ihrem vorübergehenden Aufenthalt gewählt haben. Hiermit tritt Treptow a. R. in die Reihe der alten Burgen und Burgflecken Pommerns, deren Entstehung sich in die graue Vorzeit verliert.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Städte der Provinz Pommern