Die Stadtwaldungen von Zürich – deren Lage und Größe

Autor: Ulrich Meister (?) Stadtforstmeister in Zürich, Erscheinungsjahr: 1903
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Schweiz, Zürich, Alpen, Stadtwaldungen, Forst, Wald- und Forstwirtschaft, Waldbahn, Sihlwald, Sägewerk, Holztransport, Waldarbeiter, Holzindustrie
Die Waldungen der Stadtgemeinde Zürich liegen nur zu einem kleinen Bestandteil, mit 460 ha. in der Gemarkung des eigenen Gemeinwesens, im Tal der Limmat: weitaus der größte Teil derselben liegt außerhalb des Stadtbannes Zürich, im Tal der Sihl, 1 — 3 Stunden von Zürich entfernt.

Auch mit Bezug auf die Eigentumsverhältnisse ist ein einheitliches Besitztum zurzeit noch nicht zu konstatieren. Die politische Gemeinde Zürich ist im Besitz verschiedener, innerhalb ihrer Gemarkung liegender Waldbezirke, sowie von Teilrechten vorhandener Korporationswaldungen. Daneben finden sich seit dem Jahre 1893 die Waldungen der Bürgergemeinde, die sich ihrerseits wieder ausscheiden in die eigentlichen bürgerlichen Waldungen und in eine zweite, als Stiftungsgut ausgeschiedene Kategorie, in den ursprünglichen Stadtwald von Zürich. Administrativ bilden diese verschiedenen Kategorien insofern ein Ganzes, als sie einheitlich, wenn auch mit gesonderter Rechnungsführung, der städtischen Forstverwaltung, bzw. dem Vorstand des Finanzwesens unterstellt sind.

Für die vorstehenden Darlegungen fallen im wesentlichen nur die Waldungen des Stiftungsgutes in Betracht, indem die übrigen zwei Kategorien zufolge ihrer zurzeit noch nicht klar herausgestalteten Bewirtschaftung derselben, für eine definitive Regulierung ihrer Verhältnisse sich vorerst noch nicht eignen.
Die Waldungen des städtischen Stiftungsgutes umfassen ein Areal von 1.152,8 ha, wovon der Forstbezirk Adlisberg mit 107,8 ha an dem rechten Limmatufer auf dem Zürichberg, im Stadtkreise selbst liegt, während der übrige Teil mit 1.044,8 ha im Tal der Sihl in der Gemarkung der Gemeinden Langnau, Oberrieden, Horgen, Hirzel und Hausen gelegen ist. Mit Ausnahme des Wildpark-Komplexes Langenberg, der nur ein Areal von 45 ha umfasst, bildet der übrige Teil der Sihltalwaldungen ein zusammenhängendes Ganzes, ein Teilstück des Sihltales, in einer Längenausdehnung von 13 km. Der Umstand, dass mit Ausnahme des Gebietes der öffentlichen Talstraße und der zwei Eisenbahnlinien: Thalwil-Zug und der Sihltalbahn, nur städtisches Besitztum in diesem Teilstück vorhanden ist, gibt demselben den Charakter einer in sich abgeschlossenen „Domäne“. Derselbe tritt zufolge der topographischen Gestaltung des Terrains, der örtlichen Abgeschiedenheit, wie der historischen Entwicklung und der Besiedlungsverhältnisse noch in besonders eigenartiger Weise zutage.*) Auch im Forstbetriebe selbst hat die Abgeschiedenheit des Sihltalwald-Komplexes dazu geführt, der forstlichen Wirtschaftspolitik eine andere Bahn anzuweisen, als diejenige, in welcher sich im großen und allgemeinen die forstliche Behandlung der meisten Kommunal-Waldungen bewegt. Der Forstbetrieb der Sihltalwaldungen findet in seiner unmittelbaren Nähe kein ausreichendes Absatzgebiet für seine Rohprodukte, es mangelt die nötige Käuferschaft für den Konsum der alljährlich zum Hiebe gelangenden Holzmassen. Allerdings hat sich im Verlauf der zwei letzten Dezennien die Zugänglichkeit der Sihltalwaldungen in hohem Grade verbessert. Im Jahre 1880 ermangelten dieselben noch öffentlicher Strassen und Brücken; 1885 wurde dann endlich nach siebenjährigem Kriege mit den Gemeinden Horgen und Langnau die Sihlwaldstraße als öffentliche Strasse, die als solche vom Staate unterhalten wird, erklärt. An Stelle der früheren stegartigen Sihlübergänge finden sich heute zwei fahrbare Brücken, wovon diejenige beim Forsthaus von seilen der Stadt im Jahre 1883, diejenige im obern Sihlwald von selten der Gemeinde Horgen, im Jahre 1902 erstellt wurde. Dank der zu Anfang der neunziger Jahre gebauten Sihltalbahn und der den obern Sihlwald durchquerenden Bahnlinie Thalwil-Zug ist sodann eine nicht bloß für den Personenverkehr, sondern speziell auch für den Holztransport äußerst bequeme Verbindung mit Zürich und dem Zürichsee vorhanden, wodurch es möglich ist, die Walderzeugnisse in verarbeiteter Form einem größeren Marktgebiete zugänglich zu machen. Der die Sihltalwaldungen durchziehende Sihlfluss dient nicht mehr wie früher der Flößerei, sondern ausschliesslich motorischer Verwendung, so im Sihlwaldgebiet zum Betrieb des dortigen Holzverarbeitungsgeschäftes. War er früher durch seine häufigen starken Anschwellungen dem angrenzenden Gelände gefährlich, so ist es der im letzten Dezennium vom Kanton Zürich systematisch durchgeführten Flusskorrektion gelungen, auch bei größeren Hochwassern Uferanbrüche oder Überschwemmungen fernzuhalten.

*) Siehe nebenstehende Tafeln I und II, sowie III und IV mit dem im Jahre 1738 erbauten Forsthaus und der eigentlichen Sihlwald-Kolonie.

Die Stadtwaldungen von Zürich wurden in den Jahren 1874 bis 1878 polygonometrisch vermessen. Das diesbezügliche Vermessungsoperat hat den Charakter der Katasteraufnahme, Die polygonometrische Originalaufnahme wurde im Maßstab 1 : 2000 kartiert und sodann ein Übersichtsplan im Maßstab 1 : 5000 angefertigt und lithographisch vervielfältigt : die Kosten von Vermessung und Ivartierung beliefen sich auf die Summe von 25.000 Fr. Der Aufnahme und Darstellung des Terrains wurde in weitgehendem Masse durch die Wahl von Horizontalkurven mit zwei Meter Aequidistanz Rechnung getragen. Durch die Versteinung und Verpfählung einer größeren Anzahl von polygonometrischen Fixpunkten, die sich im Übersichtsplan eingetragen finden, ist die möglichste Erleichterung der Orientierung geboten.

Die sämtlichen Waldungen des Stiftungsgutes sind mit behauenen Marksteinen umgrenzt, und auch die Abteilungen in gleicher Weise ausgeschieden. Die erste Ausmarkung und Markenbeschreibung datiert aus dem Jahre 1491.

Die Waldungen der politischen Gemeinde Zürich umfassen ein Areal von 199,36 ha. Hiervon liegt der größere Teil ebenfalls am Albishang im untern Sihltal; es ist dies die ehemalige Gemeinde- und Korporationswaldung Wiedikon mit 176.94 ha., welche angrenzend an das Waffenplatz- und Schießplatzareal bis an den Kamm des Uetliberges reicht. Andere kleinere Parzellen liegen auf dem rechten Limmatufer.

Die Bürgergemeinde Waldungen mit 172,33 ha liegen am rechten Limmatufer auf dem Rücken des Zürichberges. Wie die Waldungen der politischen Gemeinde, befinden sie sich ebenfalls innerhalb der Gemarkung der Stadt.

Sihlwald im Süden, Forsthaus und Restauration im Vordergrund

Sihlwald im Süden, Forsthaus und Restauration im Vordergrund

Sihlwald mit Werkplatz

Sihlwald mit Werkplatz

Sihlwald-Forsthaus am Ende des 18. Jahrhunderts

Sihlwald-Forsthaus am Ende des 18. Jahrhunderts

Sihlwald-Forsthaus am Ende des 19. Jahrhunderts

Sihlwald-Forsthaus am Ende des 19. Jahrhunderts

Transportwagen-Gespann

Transportwagen-Gespann

Waldbahn

Waldbahn

Salonwagen der Waldbahn für Sihlwaldbesucher

Salonwagen der Waldbahn für Sihlwaldbesucher

Werkzeugstielfabrikation

Werkzeugstielfabrikation

Sägewerk

Sägewerk

Holzwollemaschine

Holzwollemaschine

Brennholzzuschnitt

Brennholzzuschnitt

Verpackung des Brennholzes

Verpackung des Brennholzes

Brennholzspalterei

Brennholzspalterei