Der Rione di S. Angelo. Die Wohnung des Lorenzo de' Manili

Gleich Trastevere war auch der Rione di S. Angelo ein rechtes Volksquartier, das von den Rioni Regula und Eustachio im Westen, Pigna im Norden und Campitelli im Osten umschlossen wurde. Hier wohnten zahlreiche Juden, die neben ausgedehnten Geldgeschäften schon damals besonders ein Gewerbe betrieben, das sich bei ihnen in Rom bis auf die neueste Zeit erhalten hat, das der Schneider. Auf dem Plan Bufalinis ist eine Straße bei S. Angelo in Pescaria ausdrücklich als Judengasse gekennzeichnet. Aus Aldrovandi und andern ergibt sich, dass die spätere Piazza del Pianto im Cinquecento den Namen Judenplatz (Piazza Giudea) führte. In der Nähe hatten die Santa Croce ihre Paläste, die zahlreiche Antiken bargen (Bild 61).

Schon während der Zeit der Frührenaissance hatte römischer Bürgersinn auch dieses Viertel zu verschönern versucht. Ein Beweis dafür ist ein merkwürdiger Bau des Quattrocento an der Piazza del Pianto, der alle Umwandlungen, die gerade dieses Viertel in neuester Zeit betrafen, überdauert hat: die 1468 errichtete Wohnung des Lorenzo de' Manili (Bild 62). Dieser für das Altertum begeisterte Römer verband seine Häuser durch eine große Inschrift, die unter den Fenstern der ersten Stockwerke fortlaufend die römische Kapitale der besten Zeit so genau nachahmt, dass man sie leicht für antik halten könnte. Die feierliche Inschrift (Bild 63) besagt, dass, als Rom in seiner früheren Gestalt wiedergeboren wurde, Laurentius Manlius (so schrieb er sich, weil er seinen Ursprung von der berühmten altrömischen P'amilie ableitete) nach Maßgabe seiner bescheidenen Mittel zum Schmuck der geliebten Vaterstadt beitragen wollte. Als echter Vertreter der Renaissance datierte der Besitzer die Inschrift nach der Gründung Roms und ließ zugleich auch seinen Namen mit griechischen Buchstaben in die Fassade einhauen, in welcher außerdem Fragmente von antiken Skulpturen und Inschriften angebracht wurden. Am Gesimse der Fenster nach der Piazza Costaguti liest man den für die Freude des Erbauers über die wiedererstehende Schönheit der ewigen Stadt charakteristischen Gruß: Have Roma.


Bei der naheliegenden Kirche S. Angelo in Pescaria wurde im Portikus der Oktavia der Fischmarkt abgehalten *). Ältere Besucher Roms werden sich dieses trotz allen Schmutzes überaus malerischen Winkels, dessen Bild vielfach durch Künstler festgehalten worden ist, noch erinnern.

*) S. Bild 64: Abbildung des zum Teil 1878, vollständig 1889 zerstörten Fischmarktes.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Stadt Rom zu Ende der Renaissance
072 * Bild 61 Palazzo Santa Croce (Via Publicolis 43)

072 * Bild 61 Palazzo Santa Croce (Via Publicolis 43)

073 * Bild 62 Haus des Lorenzo de Manili (Piazza del Pianto 18-24)

073 * Bild 62 Haus des Lorenzo de Manili (Piazza del Pianto 18-24)

075 * Bild 63 Renaissanceinschrift von 1468 am Hause des Lofenzo de Manili Statt der bisherigen Lesart „L“ ist nach MMCCXXI wohl zu lesen E = einsdem; der 22. Juli 1468 liegt 2221 Jahre 3 Monate 2 Tage nach dem 21. April 753 v. Chr., falls man nach antiker Weise Anfangs- und Endtag mitzählt.

075 * Bild 63 Renaissanceinschrift von 1468 am Hause des Lofenzo de Manili Statt der bisherigen Lesart „L“ ist nach MMCCXXI wohl zu lesen E = einsdem; der 22. Juli 1468 liegt 2221 Jahre 3 Monate 2 Tage nach dem 21. April 753 v. Chr., falls man nach antiker Weise Anfangs- und Endtag mitzählt.

076 Bild 64 Der alte Fischmarkt (zerstört 1889). Photographie Moscioni Nr 100

076 Bild 64 Der alte Fischmarkt (zerstört 1889). Photographie Moscioni Nr 100

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