Das Panorama der Stadt; ihr mittelalterlicher Charakter. Kleinheit der eigentlichen Stadt. Gegensatz zwischen dem bewohnten und unbewohnten Gebiete
*) Der Zeichner hat diesen Namen irrig zum Torre dei Conti gesetzt.
Überblickt man das Ganze, so fällt am meisten auf, wie sehr noch der mittelalterliche Charakter in diesem Stadtbilde vorwiegt. Nicht bloß in Trastevere, auch sonst starren jene zahlreichen Burgtürme zum Himmel, mit denen einst alle Wohnungen der Vornehmen, besonders der Kardinäle, versehen waren und die auch noch später als Zeichen des Adels beibehalten wurden. Vierkantig, mit Schießscharten ausgestattet und mit Zinnen gekrönt, erinnern sie an blutige Zeiten. Als der höchste dieser Türme erscheint die Torre delle Milizie, die sagenhafte Torre di Nerone, die auf den mittelalterlichen Ansichten der ewigen Stadt eine so große Rolle spielt *). Der Hauptturm des Senatspalastes auf dem Kapitol mit seinen Zinnen und den Laternen an den vier Ecken trägt noch völlig das Gepräge des 14. Jahrhunderts. Aber auch bei den Kirchen erblickt man fast nur mittelalterliche Glockentürme; die wenigen Kuppeln aus der Zeit Sixtus' IV. verschwinden infolge ihrer Niedrigkeit fast gänzlich, während heute gerade die zahlreichen Kuppeln der Barockzeit dem Bilde Roms den besondern Charakter feierlicher Majestät verleihen. Sehr charakteristisch für das damalige Rom ist auf dem Prospekt die verhältnismäßige Niedrigkeit der Häuser. Die Kuppel von S. Agostino z. B., die heute im Stadtbild fast verschwindet. hebt sich auf dem Panorama hoch über das ganze Marsfeld; ähnlich S. Omobono am Fuße des Kapitols, das heute nur mit Mühe unter den umgebenden Häusermassen herauszufinden ist.
*) Dieser unter Gregor IX. erbaute Turm wechselte wiederholt seine Besitzer, befand sich aber 1546 wieder im Besitz der Familie Conti.
Überraschend ist die Kleinheit der eigentlichen Stadt im Verhältnis zu dem großen, noch unbebauten Gebiet mit den wirr durcheinander zerstreuten antiken Ruinen und den einsam thronenden Basiliken und Klöstern. Überaus scharf schied sich diese stille Region einer gewaltigen Vergangenheit von der Stadt der Gegenwart.
Der Gegensatz zwischen dem bewohnten und dem unbewohnten Gebiete, welches die unter Paul III. durch neue Befestigungswerke (Bild 3 — 5) verstärkten Aurelianischen Mauern umschlossen, kommt auch deutlich zum Ausdruck auf dem 1550 gezeichneten Panorama des Hendrik van Cleve und auf dem großen, in Holz geschnittenen Stadtplan, den Leonardo Bufalini zu Ende der Regierung Pauls III. angelegt und unter Julius III. im Jahre 1551 publiziert hat.
000 o Bild I — 2 Panorama der Stadt Rom vom Jahre 1536. Skizzenbuch des M. van Heemskerck; nicht eigenhändig. Vgl. M. V. Heemskerck, Die römischen Skizzenbücher; herausgegeben von Hülsen und Egger, Bd I. Berlin 1913, J. Bard.
003 * Bild 3 Bastion Pauls III. am südwestlichen Abhänge des Aventin Die Bastion, welche den Namen Colonella trug, befindet sich jetzt im Besitze der Benediktiner von S. Anselmo. Das Gartenhaus auf der Bastion ist eine spätere Zutat. Das Marmorwappen Pauls III. wurde von einem florentinischen Bildhauer namens Lorenzo ausgeführt (s. Pastor, Geschichte der Päpste V 746).
005 * Bild 4 Befestigungen Pauls III. zwischen Porta S. Paolo und Porta S. Sebastiano Die Bastei, nach den rückwärts gelegenen Thermen des Marcus Aurelius Antonius Caracalla Antoniana genannt und bei der alten Porta Ardeatina gelegen, wurde in den Jahren 1537 — 1542 errichtet (s. Pastor V 747, wo auch die bisherigen ungenügenden Abbildungen angeführt sind).
007 * Bild 5 Bastion Pauls III. zwischen Porta del Popolo und Porta S. Sebastiano Unter dem großen Lilienwappen Pauls III. sind in kleiner Gestalt links das Wappen des römischen Senates und Volkes, rechts das des Kardinalkamerlengo Guido Ascanio Sforza angebracht (s. Pastor V 747).
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