Die Sklaverei, eine Profanation der Menschenrechte - Mit besonderer Beziehung auf die Sklaverei in Amerika, und die Streitigkeiten über die Sklaven in Kansas
Ein historisch ethnographisches Gemälde
Autor: Reinbeck, Emil Dr. (?), Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Gesellschaft, Sklaverei, Sittenbild, Amerika, Sklavenhalter, Sklavenhandel, Sklavenmarkt, Sklaverei, Menschenrechte, Freiheit, Zivilisation, Kriegsgefangene, Leibeigene,
Die Behandlung eines seiner freien Handlungsweise beraubten Menschen, als Eigentum eines Andern, seine zwangsweise Verwendung zur Arbeit für die Interessen des letzteren, ist der Zustand der Sklaverei. In einem solchen unfreiwilligen, gezwungenen Verhältnisse hört das Individuum auf, eine Person zu sein, welche das Recht besitzt, nach eigenem Gutdünken zu leben; den Launen seines Herrn anheim gegeben, muss ein solcher Mensch, bei Gefahr seines Lebens oder empfindlicher Strafe unbedingten Gehorsam leisten, der Sklave wird zur Sache. Dieser Zustand eines mit Vernunft begabten Wesens ist seiner Bestimmung zuwider, ist unsittlich und greift in die Rechte ein, die der Schöpfer jeder menschlichen Kreatur verliehen hat. Dennoch hat diese Profanation der Menschenrechte durch den Menschen, in dessen Privateigentum ein Individuum auf solch’ gezwungene Weise übergeht, seit dem grauesten Altertume, zu allen Zeiten und bei allen Völkern, selbst unter allen mehr oder weniger zivilisierten Regierungsformen Statt gefunden. Wie die Sklaverei seit den frühesten Epochen der Weltgeschichte, auch in der Kindheit der menschlichen Gesellschaft entstehen konnte, ist leicht erklärlich; denn in jenen primitiven Zeiten hatte sich sehr bald ein patriarchalisches Familienleben gebildet, zufolge dessen sich Weiber, Kinder und Gesinde eines Familienoberhauptes unbedingt unter den Willen des Hausvaters beugen mussten folglich schon damals Untergebene oder Sklaven geworden waren, da dem Herrn des Hauses das Recht über Leben und Tod der Seinigen zustand; denn geregelte Gesetze gab es in diesem Naturzustande der Menschen noch nicht.
Aus dem Übergange nomadischer und kriegerischer Völker zum Ackerbau und zu steten Wohnsitzen entfaltet sich vorzugsweise das Wesen der Sklaverei immer mehr, denn der stolze Krieger, der zu Macht und Ansehen gelangte Grundbesitzer erhob sich über seine Mitmenschen, hielt die eigene Arbeit für entehrend und benutzte nun dazu vorzüglich die im Kriege gemachten Gefangenen, die er früher zu töten gewohnt gewesen. In diesen entlegenen Zeiten wurde es demnach völkerrechtlicher Grundsatz, die Gefangenen als Sklaven zu betrachten.
Neben allen übrigen bedeutenden Nationen des Altertums, war daher bei den Völkern, welche schon angefangen hatten, Einfluss auf die Zivilisation der Menschheit auszuüben, namentlich bei den Juden, Ägyptern, Griechen und Römern, die ganze Gesetzgebung, Sitte und soziale Ordnung auf die Sklaverei gegründet. Dass die Gewalt des israelitischen Volkes über ihre Leibeigenen schon damals sehr bedeutend war, beweisen die Verordnungen, Vorschriften und Einschränkungen, welche ihr weiser Gesetzgeber Moses deshalb traf. Bei den alten Griechen wurden schon zu Homers Zeiten die Kriegsgefangenen zu Sklaven gemacht, wie später in Sparta die Heloten Sklaven waren; denn die republikanische Blütezeit dieses ausgezeichneten Volkes war zugleich diejenige, welche die Unfreien gegen die Freigeborenen in der Mehrzahl aufwies. Die Sklaverei war so sehr zur Basis aller Lebensverhältnisse geworden, dass man diese Barbarei überall ganz natürlich und für durchaus notwendig hielt, so dass selbst die berühmtesten Philosophen damaliger Zeit, ein Plato und Aristoteles sie verteidigten, indem sie behaupteten — obgleich sie das naturwidrige der Sklaverei zugaben —, sie sei gerecht, weil der Staat nicht ohne sie bestehen könne.
Am Meisten war das Sklavenwesen im alten Rom in Sitten, Lebensweise und Politik ausgebildet, denn hier trug das Familienleben schon mehr als bei den Griechen und andern orientalischen Völkern das Gepräge der Knechtschaft. Der Familienvater besaß in den Zeiten der Republik die ausgedehnteste Gewalt, selbst über Leben und Freiheit seiner Angehörigen und Kinder; sogar ein zahlungsunfähiger Schuldner wurde seiner Freiheit beraubt, wenn er seinen Gläubiger nicht bezahlen konnte; er wurde dessen Sklave.
Bei den Völkern Asiens, deren Sitten, Gebräuche und Verfassung immer stationär geblieben sind, hat sich ebenfalls bis heute die Sklaverei in ihrer ursprünglichen Gestalt fortgepflanzt, nur dass sie hier von jeher einen milden Charakter hatte, denn die Sklaven des Orients nehmen mehr den Standpunkt des Hausgesindes ein, werden besser behandelt, sind oft die Vertrauten ihrer Herren, können leicht zur Freiheit, zu Ämtern, ja selbst zu hohen Ehrenstellen gelangen, sind zwar leibeigen, fühlen sich aber in ihrem Stande weniger unglücklich, weil sie dem Fatum ergeben sind. Auch der Islam hat die Sklaverei sanktioniert, und alle mohamedanischen Völker Asiens, Afrikas sowie der europäischen Türkei pflegen dieselbe noch bis auf den heutigen Tag.
Die Entdeckung von Amerika und die Besitznahme der Westküste von Afrika durch die Portugiesen im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, später auch durch andere herrschende Nationen, gaben damals zur Gründung eines neuen ausgedehnten Sklavensystems Anlass, denn während bis dahin die Sklaverei und die im Gefolge derselben gewaltsame Menschenvertilgung in den afrikanischen Tropenländern nur von einheimischen Machthabern ausgeübt worden war, wurden nun zuerst durch die Portugiesen sehr bald auch Neger als Sklaven zur Überführung in die überseeischen Kolonien der Europäer in den neuentdeckten Weltteil, sowohl nach Westindien als auch nach dem Festlande von Amerika verwendet, was sich in kurzer Zeit zu einem sehr verlockenden, gewinnreichen Menschenhandel spekulativer Kaufleute gestaltete, der ebenso ungerecht als grausam betrieben wurde; denn sehr bald rissen ihn die Spanier an sich, die gleich ihrem Vorbilde, den Portugiesen, mit der schonungslosesten Härte dabei verfuhren. Indessen sind die Portugiesen bis in die Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts die Hauptsklaven-Händler dorthin geblieben. (Die ersten Sklaven wurden von ihnen im Jahre 1502 auf Hispaniola, dem heutigen Hayti, gelandet.) Seit 1562 beteiligten sich dann, durch den großen Gewinn verlockt, englische Spekulanten ebenfalls an diesem sauberen Handel. Dieser Handel wurde anfangs nicht unmittelbar zwischen Afrika und Westindien betrieben; man brachte die bedauernswerte Ware vielmehr zuerst von Afrika nach Europa (Portugal und Spanien), und sonach erst von da nach Westindien.
Keines der Sklavensysteme früherer Zeiten, in welchen doch die Rohheit und Gefühllosigkeit barbarischer Völker die Oberhand hatte, war blutiger, eigennütziger, verderblicher und gefühlsmordender als dieser Sklavenabfluss nach dem neuen Weltteile, der, zur Schande der Menschheit sei es gesagt, in die Morgenröte der modernen Zivilisation der Völker fiel, die sich aber dennoch, nur beseelt von Habsucht, mit aller Begierde an diesen Verbrechen beteiligten, ein Zustand, der sich, trotz aller kosmopolitischen Anstrengungen, über drei Jahrhunderte lang in voller Wirksamkeit erhielt, ja, sich fortwährend lawinenartig steigerte und sich bis auf unsere Zeit wie ein schwarzer Flecken durch die Weltgeschichte fortgesponnen hat. Bedauerlich ist es, dass man einen bekannten edlen Menschenfreund als unschuldige Ursache zur Einführung des Sklavenhandels in diese Länder bezeichnen muss. Dies war der Bischof von Chiapa Las Casas, der schon als junger Mann (1493) Columbus nach Indien gefolgt war und später sodann als Protektor der Indianer angestellt. Er war der Erste, der für menschlichere Behandlung und Befreiung der Indianer von den Erpressungen der rohen spanischen Soldateska sich bei König Karl V. verwendete, sein ganzes Leben, seine ganze Tätigkeit und seinen Einfluss auf diese Humanitäts-Bestrebungen richtete, um die Lage der Indianer zu mildern und als Geistlicher unermüdlich dahin zu wirken suchte, seine Pflegebefohlenen zu wahren Bekennern der christlichen Religion heranzubilden. Aber während er ein ihm näher liegendes Übel zu beseitigen glaubte, führte er durch einen wohl nicht überlegten Vorschlag ein fast größeres herbei, dessen schreckliche Folgen er freilich nicht vorausgesehen hatte. Las Casas schlug nämlich vor, kastilische Arbeiter in die neuerworbenen Kolonien zu senden und Negersklaven in die neuerworbenen Länder Spaniens einzuführen. Las Casas bekennt sich selbst in seiner „Geschichte von Indien“ zu dieser Schuld und erklärt mit tiefstem Bedauern, dass er sich geirrt habe, denn beide Nationen, Indianer wie Neger seien als Menschen gleich berechtigt, frei zu sein. Tatsächlich trifft ihn aber nur teilweise der Vorwurf, da es erwiesen ist, dass schon vor seiner Petition an den König von Spanien, die Einführung der Schwarzen im Gange war, er also höchstens nur zur Beförderung dieses Handels beigetragen haben kann; denn schon geraume Zeit vor der ersten Entdeckungsreise des Columbus ließ der portugiesische Seefahrer Gonzalez an der afrikanischen Küste, dem jetzigen Senegambien, Schwarze einfangen, die er, ihrer Freiheit beraubt, zuerst mit nach Portugal schleppte. Dieses erste Beispiel weckte, durch den daraus resultierenden Gewinn den Unternehmungsgeist der Spekulanten und der Handeltreibenden Nationen. Man munterte von allen Seiten dazu auf, weil man nach den damaligen rohen Begriffen nur das Recht des Stärkeren kannte und durchaus kein Verbrechen darin fand, sich an der Sünde des Menschendruckes und des Menschenverkaufs zu beteiligen, oder ein Unrecht dabei zu sehen. England entsagte bei der ersten Besitznahme von Jamaika den Vorteilen der Sklaverei nicht, da es schon auf dieser Insel Negersklaven vorstand und fuhr fort große Massen Neger aus Afrika einzuführen. Schon im Jahre 1517 brachten genuesische Schiffe die erste Sendung von Sklaven nach den andern westindischen Inseln und König Karl V. von Spanien gab damals sogar die Erlaubnis jährlich 4.000 Sklaven in seine neuerworbenen überseeischen Staaten einzuführen, welches Limitum nicht überschritten werden solle. Man kann sich leicht vorstellen, wie wenig dieser Befehl gehalten wurde, der auch sehr bald vom Kaiser zurückgenommen und der Sklavenhandel, allein ohne Beachtung des kaiserlichen Befehls, verboten wurde, weil man diesem Monarchen das Unmoralische dieses Menschenhandels vorgestellt hatte.
Die Negersklaven wurden anfangs vorzüglich nach den westindischen Inseln importiert, weil sie auf diesen am meisten mit Vorteil für die Arbeiten angehalten. Ein noch härteres Los erfuhren schon früher die Indianer unter den entmenschten Spaniern nach der Eroberung eines großen Teiles des Festlandes von Amerika (dem heutigen Peru, Chile, Columbia,) neuerlich Venezuela und Neu-Granada, als Territorien des ehemaligen spanischen Vize-Königreichs Columbia, Nicaragua und Mexiko;) denn kaum hatten diese Abenteurer die neue Welt so leichten Kaufs in Besitz genommen, als sie die harmlosen Bewohner der eroberten Länder systematisch zu unterdrücken und zu Grunde zu richten trachteten. Man behandelte die Indianer mit der empörendsten Grausamkeit und ausgesuchtesten Härte, verwendete sie namentlich zu den schwersten Arbeiten in den neuerrichteten Bergwerken, in denen man nach Gold suchte und zur Urbarmachung dieser neuen fast überall mit den undurchdringlichsten Tropenwäldern bewachsenen Landstrecken, wodurch diese schwache Generationen, an solch übermäßige körperliche Anstrengungen nicht gewöhnt, notwendig aufgerieben und vertilgt werden musste.
Die Unterjochten vermochten diese Barbarei nicht auszuhalten; ganze Völker und Stämme der Indianer starben daher in kurzer Zeit aus, so dass von diesen unglücklichen Indianern sehr bald keine Spur mehr vorhanden war, denn nur eine geringe Zahl hatte sich, um den Verfolgungen ihrer unmenschlichen Unterdrücker zu entgehen, in unwegsame Gebirgsgegenden zurückgezogen. Die Sklaverei führt jederzeit zur Verwilderung derjenigen Nation, die sich mit diesem Handel befasste und darin exzellierten besonders die spanischen Unterjocher von Amerika, meist Verbrecher und Abenteurer aus den Häfen des Mutterlandes; diese wagten sich als verwilderte Horden und Räuber in die neu entdeckten Länder des neuen Weltteils, deren Reichtum an Gold etc. die Habgier dieser tigerartigen Gesellen reizte und behandelten die unschuldigen Bewohner gleich anfangs als Leibeigene. Die nie ausbleibende Nemesis, diese furchtbare Göttermacht, die alle Schuld, alle Sünden und Verbrechen der Menschheit schon hier auf Erden, wenn auch oft erst spät, an den Urhebern rächt, hat auch in späteren Zeiten die Spanier erreicht, die sich durch ihre schonungslose Behandlung der Indianer und Negersklaven in den Augen der zivilisierten Welt für ewige Zeiten gebrandmarkt haben. Da, wo vormals die gewaltige spanische Krone, die Gebieterin zweier Weltteile zuerst ihren schmählichen und unmenschlichen Kolonisationsversuch auf dem Festlande ihres neuspanischen Königreichs machte, ist heut zu Tage, außer des wohllautenden Idioms der spanischen Sprache und einer mehr als Halbmilden, demoralisierten Bastard-Bevölkerung — den Nachkommen der Spanier durch Vermischung mit Indianerinnen — kaum eine Spur jener ehemaligen Macht und jenes blutigen Morgenrots zu finden, dem der gesinnungslosen und rohen Eroberer Golddurst und Mordsinn einen schauerlichen Vorgeschmack des einstigen Weltgerichts folgen ließ. Spaniens Herrschaft in jenen von der Natur so begünstigten Gegenden ist für immer gebrochen und vertilgt worden. Die Insel Cuba ist der kleine Rest der ehemaligen spanischen Herrlichkeit, und wer weiß: auf wie lange noch?
Berechnet man die 300 jährige Entziehung von afrikanischen Sklaven, welch’ einen großen Begriff gibt das oberflächliche Resultat von der Fekundität dieses tropischen Weltteils, die fast wunderbar klingt. Nach ziemlich genauem Überschlage ist man zu der Überzeugung gekommen, dass man Afrika, binnen der angegebenen Periode der Sklavenausführung, über sechzig Millionen freier und gesunder Bewohner entziehen konnte, während zu gleicher Zeit, unter seinen eigenen barbarischen Herrschern vielleicht vier oder fünf Mal so viel Menschen in den einheimischen Kriegen hingeschlachtet wurden, welche die eingeborenen Stämme fortwährend unter sich führten, lediglich um den Begehr der Europäer nach Sklaven ausführen zu können, wobei die Habsucht der schwarzen Fürsten leider eine große Rolle spielt. Seit diesem für die dortigen Machthaber so einträglichen Handel lösten sich in Afrika alle Bande der Ordnung und des Friedens, ohne welche selbst die roheste Menschheit nicht bestehen kann; die Folge davon waren Feindseligkeiten; es fand ein gegenseitiger Vernichtungskampf Statt. Allein trotz dieser ungeheuren Entziehung von Menschen, trotz der vielen weiten und unangebauten Strecken und Wüsten Afrikas, ist dieser Weltteil immer noch unermesslich bevölkert geblieben. Die durch das empörende Benehmen der eingedrungenen Konquistadoren in den eroberten amerikanischen Ländern hervorgebrachte Entvölkerung der Indianer begünstigte daher die Einführung der Negersklaverei hier um so mehr, weil es nun durch den fast totalen Abgang der Urbewohner an Arbeitskräften mangelte, denn Keiner dieser stolzen und hochmütigen Eindringlinge, keiner ihrer Nachkommen von der weißen und halbweißen Rasse rührte aus Übermut und Faulheit eine Hand zur Arbeit, denn dazu waren nach ihren Begriffen nur die Sklaven da; man gab sich nur dem Jagen nach Reichtümern, dem Wohlleben und dem dolce far niente hin, behandelte aber dabei die bedauernswerten Sklaven schlechter als das Vieh, welches höheren Wert in den Äugen ihrer Besitzer hatte, trotzdem sich durch diese armen Menschen, getrieben durch die Zuchtrute roher, unerbittlicher Aufseher, als Ersatz für die eingeborenen Indianer außerordentlich brauchbar erwiesen. Außerdem suchte man den Sklavenhandel auf alle mögliche Weise gegen die Vertreter der Humanität zu entschädigen und zu rechtfertigen, führte zunächst auch an: „Die Neger würden doppelt so viel Arbeitskräfte gewähren, als die wenigen verweichlichten Indianer, da der größte Teil derselben durch die angestrengte Tätigkeit bereits zu Grunde gegangen sei; außerdem glaube man annehmen zu müssen, dass die weiße Bevölkerung unter einem so heißen, ungewohnten Klima bei strenger Arbeit nicht ausdauern könne, dasselbe Schicksal mit den schwachen Indigenen teilen und sehr bald einer mühseligen Feldarbeit erliegen würde, während die schwarze Rasse, an die sengende Tropenhitze von Natur aus gewöhnt, Alles viel leichter ertrüge; es sei also für das Gedeihen der neu erworbenen Länder eine solche Aushilfe durchaus notwendig. Man verteidigte ferner die Negersklaverei mit dem Argumente, dass, wenn man die von den Häuptlingen in Afrika gefangenen Schwarzen nicht kaufe, diese meistens auf grausame Weise ums Leben gebracht würden; es sei also eine Wohltat für die Sklaven. Da aber der Neger in unfreiem Zustande zur Arbeit angehalten, von Haus aus zu träge und obstinat sei, so wären die stattfindenden Zwangsmaßregeln und Züchtigungen ein notwendiges Übel.“ — Daher wurden die Strafen gegen Widerspenstige und gegen faule Arbeiter bald zur allgemeinen Richtschnur für alle Sklavenhalter und diese unglücklichen Geschöpfe, die recht- und gesetzlos waren, wurden bei der geringsten Veranlassung durch dazu angestellte Aufwärter aufs Empörendste behandelt, und Niemand bekümmerte sich nur im Geringsten darum, wenn ein Schwarzer, was oft geschah, zu Tode gemartert oder geprügelt wurde.
In Afrika gefangen oder gekauft, werden sie nun zum Transport aus dem Vaterlande über das weite Weltmeer, eingeschifft. Im Schiffe gesellt sich zu dem Kummer, dem Grame und der Verzweiflung über die Trennung von den Ihrigen und vom Vaterlande — wenn nämlich ihre Angehörigen nicht zufällig das gleiche Geschick teilen — nun noch die leibliche Qual, denn zu Hunderten werden sie an Händen und Füßen gebunden und geknebelt, gleich Heringen in den untersten Schiffsraum verpackt und eingepfercht, müssen bei der schlechtesten Nahrung viele Wochen lang in diesen für so viele Menschen viel zu engen Räumen, in einer erstickenden, verpesteten Atmosphäre in dieser martervollen Lage aushalten, häufig sogar unter einer Masse Leichen ihrer Kameraden, da oft der Fall eintritt, dass z. B. durch Mangel an Wasser, durch Krankheit, Fahrlässigkeit und durch Miasmen die Hälfte dieser Unglücklichen einem frühen Schicksale erliegen und sterben, bevor sie an den Ort ihrer neuen Bestimmung gelangen und dadurch zu ihrem Glück von allen ferneren ihrer wartenden Unbilden erlöst werden. Trotz dieses stets wiederkehrenden Verlustes in den Sklavenschiffen während der Überfahrt, bleibt der Gewinn der Sklavenhändler immer noch bedeutend genug, was wohl, nächst der Indolenz, mit Veranlassung ist, dass man durch solche Einbußen nicht klüger geworden und eine menschlichere Behandlung auf diesen Schiffen eingeführt hat.
Im fremden Lande endlich angelangt, wartet diesen Menschen die Hetzpeitsche der kein Erbarmen kennenden Sklavenaufseher, und eine fortwährende fast über menschliche Kräfte gehende Arbeit. Alle Qualen, welche der Menschen Grausamkeit nur irgend ersinnen kann, müssen sie hier erdulden und wehe dem Elenden, der durch sein Benehmen oder Widerspenstigkeit die Wut seines nun jähzornigen Herrn oder die Tücke der launenhaften Gebieterin gegen sich wach ruft — seine Strafe ist fürchterlich, er wird tausendfach gemartert und gezüchtigt, so dass er oft nur die Wahl hat, sich durch Selbstmord von seinen Leiden zu befreien. Hat nun ein so gequälter Sklave Weib und Kinder, so steht ihm außerdem noch eine besondere Marter bevor, denn er kann bei jedem Versehen oder wenn ihn sein Herr strafen will, von diesen getrennt werden, da es der Laune seines strengen Herrn jeden Augenblick freisteht, seine Frau und Kinder durch Verkauf an Anderen von ihm auf ewig zu trennen, was oft zu den herzzerreißendsten Szenen Veranlassung gegeben und die Rache des Negers an der Familie seines Herrn hervorgerufen hat.
Schon in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erhoben sich in Europa Stimmen, die, empört über das alles menschliche Gefühl Hohn sprechende Verfahren gegen unglückliche Mitgeschöpfe, über den herabwürdigenden Druck der heiligsten Menschenrechte, die Beseitigung der Sklaverei zur Sprache brachten und auf die Abschaffung eines Vergehens an der menschlichen Natur drangen, woran sich, mit Ausnahme der Deutschen, fast alle anderen europäischen Nationen so lange Zeit beteiligt hatten. Die Sekte der Quäker in England und Nordamerika war die erste, welche schon 1727 die Abolition des Negerhandels in Anregung brachte. Die Quäker verboten auf ihren Ansiedelungen in Nordamerika (Pensylvanien), den Handel mit Sklaven, gaben 1751 ihre bisherigen Sklaven frei, sorgten für deren Unterkommen und Zivilisation und stifteten in Folge dessen 1774 die „Pensylvanische Gesellschaft“, welche kurz nachher, 1780, die Freilassung aller seit der nordamerikanischen Unabhängigkeits-Erklärung im Lande geborenen Neger vorläufig für den Freistaat von Pensylvanien zum Gesetz erhob. Nach diesem Vorgänge erschollen auch endlich in England die ersten gewichtigen Stimmen der Humanität gegen diesen so lange bestandenen Verrat an den Menschenrechten, und Männer wie Sidmouth, Wellesley und Andere rieten im Jahre 1783 im Parlament zur Milderung und Einschränkung dieses sündhaften Menschenhandels, trafen aber noch auf sehr heftige Opposition, obgleich es auch einige Männer gab, wie Clarkson, welche diesem edlen Bestreben Vermögen und Leben opferten. Im November 1787 schafften die nördlichen Counties der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in lobenswerter Begeisterung für Freiheit und Gleichheit der Menschheit, den Negerhandel ebenfalls ab; allein die südlichen Staaten der Union pflichteten leider dieser humanistischen, vom Zeitgeiste dringend gebotenen Maßregel aus egoistischen Gründen nicht bei, weil sie die Fortführung der Sklavenarbeit für den Bestand ihrer Plantagen (Zuckerrohr-, Reis-und Tabaksbau), für durchaus unentbehrlich hielten. Also auch hier war nur der Eigennutz im Spiele. Seit 1788 brachte endlich der berühmte englische Staatsmann Wilberforce, von Vitt, Fox, Buxton, Smith, Castlereagh und anderen aufgeklärten, freisinnigen Männern unterstützt, die Sklavenfrage und die Unterdrückung des britischen Negerhandels im Parlament wiederholt zur Diskussion und zur Aufgabe seiner parlamentarischen Wirksamkeit, erlangte aber anfangs nichts weiter, als eine Verordnung für eine menschlichere Behandlung dieser unglücklichen Menschen, während ihrer Überfahrt. Trotz alles Widerstandes ließ sich der edle Wilberforce nicht abhalten, bei jeder Gelegenheit diesen Gegenstand immer wieder zur Sprache zu bringen und gegen die Sklaverei anzukämpfen, setzte aber erst im Jahre 1792 den Beschluss durch, nach welchem der Sklavenhandel nach Ablauf dreier Jahre ganz aufhören solle, allein der unterdessen eintretende Krieg und die gefährdete Lage ließen leider dies Gesetz nicht zur Ausführung kommen. Er machte diese hochwichtige Angelegenheit zur Hauptaufgabe seines Lebens und Wirkens, und zum Ziel seines Parlamentären Einflusses. Als im Jahre 1806 der englische Minister Fox die Sklavenangelegenheit zur Sache der Regierung machte, hatte Wilberforce endlich die Freude, dass die Unterdrückung des britischen Sklavenhandels vom 8. Januar 1808 an, nochmals dekretiert wurde. Nach diesem Siege suchte er die englische Regierung auch zum Einschreiten in dieser weltgeschichtlichen Angelegenheit gegen andere sich mit diesem unmoralischen Handel belastenden Nationen zu bewegen und auf seine Veranlassung brachte Castlereagh die Abschaffung der Sklaverei auf dem Kongresse zu Wien zur Sprache. Als nun die englische Regierung seit 1823 die völlige Emanzipation der Negersklaven Schritt für Schritt verfolgte, entfaltete Wilberforce den größten Eifer, um seine Lieblingsunternehmen gegen die vielen und mächtigen Feinde durchführen zu helfen. Mit seinem Freunde Buxton unterwarf er die Frage im Unterhaus der allseitigsten Beleuchtung, und sammelte das unermessliche Material, aus welchem die Gegner nur allein siegreich widerlegt werden konnten. Nach unsäglichen Hindernissen und Kämpfen hatte er endlich die Genugtuung seine beispiellosen Bemühungen und Anstrengungen mit einem hoffnungsvollen nahen Erfolge gekrönt zu sehen, indessen war es diesem Menschenfreunde, der sich für sein hochherziges Wirken für die Emanzipation der Negersklaven in den Herzen künftiger Geschlechter ein unvergängliches Denkmal gestiftet hat, nicht beschieden, das Endresultat seiner aufopfernden Menschenliebe zu erleben, denn an dem Tage, an welchem der durch ihn angestrebte Antrag an die Regierung für die allgemeine Befreiung der schwarzen Bevölkerung in den britischen Kolonien und für die Abschaffung der Sklaverei im Allgemeinen zur zweiten Lösung im englischen Parlament gelangte, starb der edle Mann (am 29. Juli 1833). Die Negersklaven-Bill ging endlich in beiden Häusern durch und wurde unterm 28. August 1833 von der Regierung sanktioniert, d. h. zum Gesetz erhoben. Nahe an 700.000 Sklaven in den westindisch-englischen Kolonien wurden frei und den darunter pekuniär leidenden Pflanzern wurden zwanzig Millionen Pfund Sterling zur Entschädigung aus Staatsmitteln bewilligt.
England gab dadurch den anderen europäischen Nationen ein hochherziges Beispiel, indem es diesen grausamen, ungerechten Menschenhandel, ohne große Opfer zu scheuen, zuerst abolierte, einen Handel, an dem es sich allerdings lange genug beteiligt, obgleich sich dieser Staat nicht den Vorwurf zu machen hatte, dieses ungerechte Treiben hervorgerufen und verschuldet zu haben. —
Es würde den Raum unserer Mitteilungen überschreiten, wollten wir nachweisen, wie es späterhin gekommen, dass die Sklavenfrage in den von England getrennten Freistaaten der nordamerikanischen Union noch bis auf die heutige Zeit unerledigt geblieben und das Beispiel Englands nicht dahin geführt hat, die Sklaverei wenigstens in ganz Nordamerika abzuschaffen, und diese leider noch gegenwärtig am verhängnisvollsten im Süden der Vereinigten Staaten fortbesteht, den schroffsten Gegensatz zu den Prinzipien bildend, auf welche die politische und bürgerliche Freiheit in diesen Staaten gegründet ist. Zwar haben die nördlichen Counties das Sklavenwesen, nach dem Vorgange Pensylvaniens, nach und nach abgestreift, allein desto hartnäckiger bestehen die südlichen, vermöge veränderter Bodenverhältnisse, und Landkultur und Plantagenbetrieb, auf die Fortdauer der Sklaverei und auf den Import von Negersklaven. Geiz, Eigennutz und krasser Egoismus, gepart mit Rohheit und Schlendrian sind Ursache, dass sich die dortigen Grundeigentümer fortwährend mit dem Fluche des Menschenhandels und der Menschenquälerei besudeln. Durch diese territoriale Scheidung der Interessen haben sich nun neuerlich zwei Parteiengebildet, die Abolitionisten oder Freibodenmänner (Gegner), und die Prosklavereimänner (Verteidiger), die sich, leidenschaftlich gegen einander aufgeregt, höchst feindselig einander entgegentreten. Es liegt aber bei aller Brutalität und aller widerlicher Heuchelei, die, bei den entstandenen Kämpfen um ein auseinander gehendes Prinzip, aus den Reihen der Prosklaverei-Partei spricht, auch ein gutes Teil bitterer Wahrheit oder derber Ironie für die Zustände, die Institutionen und die verschiedenen Ansichten und Stimmungen in der Sklavenfrage für die Nordamerikaner vor, und man sieht daraus deutlich, welche Widersprüche in diesem so gerühmten Lande der bürgerlichen Freiheit auftauchen.
Wenn die Negersklaverei, in mehreren südlichen Staaten von Nordamerika von jeher verfassungsmäßig und gesetzlich sanktioniert eingeführt, also zu Recht besteht und erobernd immer weiter um sich zu greifen droht — wobei allerdings Eigennutz eine große Rolle spielt und demzufolge die große und mächtige Partei der Reichen und Besitzenden in sich begreift —, wenn die Sklaverei wirklich, wie die Verteidiger derselben behaupten, eine, wie in alten Zeiten in Griechenland, an und für sich gebotene Notwendigkeit ist, also eine an sich gerechtfertigte, weil sie vorgeblich segensreich für die „schwarze Rasse“ und einträglich für ihre Herren ist, welche Einwendungen kann man denn noch gegen den afrikanischen Negerhandel erheben? Und wenn man, wie es geschieht, dem Handel mit zivilisierten oder in Amerika geborenen Schwarzen aus Virginien, Maryland und Missouri nach den südlicher gelegenen Staaten lein gesetzliches Hindernis in den Weg legt, mit welchem Rechte bedroht und verdammt man — wenigstens scheinbar, auf dem Papier — den afrikanischen Menschenhandel zur See oder den Import von Sklaven mit den strengsten Strafen? Ist es nicht tausendfach verdammungswerter den für die Zivilisation gewonnenen Neger von seiner Heimat, von Weib und Kind hinweg nach den Reis- und Zuckerrohrfeldern der südlichen Counties von Nordamerika zu verkaufen, als den wilden Neger in Afrika zu holen, um ihn in einem andern Weltteile auf eine höhere Stufe der Kultur zu bringen? Nirgends tritt der Mangel an Logik und Inkonsequenz, mit der man in Nordamerika die Sklavenfrage ansieht und diskutiert, greller hervor, als Angesichts solcher Tatsachen. Offenbar und nicht zu leugnen ist es, dass dieser Handel mit Afrika nicht bloß den eigentlichen Entsagungsgrund der Sklaverei im Allgemeinen ist, sondern dass die gesetzliche Existenz der Sklaverei auch die gesetzliche Rechtfertigung derselben sein sollte, ja dass dieser Handel, abgesehen von den zufälligen Gräueln während des Transports in Sklavenschiffen, nicht einmal die schlimmste Seite jenes die Menschheit schändenden, abscheulichen Gebarens sein möchte.
Mit welchem Rechte bestraft man nach dem neuerlichen Gesetz Diejenigen mit dem Tode — natürlich nur auf dem Papier — welche die unsterblichen Seelen armer Barbaren aus der Nacht des Heidentums erretten und zur christlichen Gesittung heranziehen wollen, während man die Händler mit Sklaven aus Kentuki, Virginien und Missouri in den Kongress wählt oder auf den curulischen Gouverneurstuhl erhebt? Ist das nicht ein Bild der auffallendsten Inkonsequenz und Heuchelei der nordamerikanischen Gesetzgebung?
Es ist bekannt, dass der ungeheure Länder-Komplex von Nordamerika in einer fortwährenden sozialen Entwicklung begriffen ist, die durch die stete Einwanderung von Menschen aus andern Weltteilen, namentlich aus Europa, wesentlich befördert wird. Es gibt im Westen von Nordamerika aber noch große und weite Strecken unkultivierter Ländereien, die eines Teils auch von den wilden Urbewohnern dieser Länder, den Indianern, eingenommen und behauptet werden, oder wohin die Zivilisation der Weißen entweder noch nicht hingedrungen oder sich nur langsam ausbreiten kann, obgleich die ursprünglichen Besitzer dieser weiten Länderstrecken immer mehr von der weißen Rasse zurückgedrängt und teils durch Krieg, teils durch manche von den Eindringlingen angenommene Lasten aufgerieben werden, so dass der Zeitpunkt nicht mehr fern sein dürfte, wo sie ganz von der Erde verschwinden werden. Da nun aber die Einwanderung nach Nordamerika in steter Zunahme begriffen ist, so entstehen durch neue Ansiedelungen der Weißen im Laufe der Zeit neue sogenannte Counties (Grafschaften) oder in sich abgeschlossene Distrikte, welche sich sodann in die Union der übrigen Staaten aufnehmen lassen, wenn sie an den Verteilen Teil nehmen wollen, die ihnen der Anschluss an diesen großen Volksverband in vielfacher Beziehung gewahrt. Ein solcher in der Entwickelung und Konstituierung begriffener Staat im Staate ist Kansas, (beiläufig von einer Ausdehnung wie Großbritannien und Irland zusammengenommen, welcher Land-Komplex derzeit von etwa nur 20 bis 25.000 Indianern und 12.000 Weißen bewohnt wird), der nach einem das Land durchströmenden Fluss gleiches Namens benannt worden ist und, seiner Lage nach, zunächst an den Sklavenstaat Missouri grenzt. Es konnte natürlich nicht fehlen, dass derselbe, unter den oben geschilderten Parteispaltungen, zur Diskussion der Frage Veranlassung gab„ob in ihm das Prinzip der Sklaverei Platz greifen soll oder nicht.“ Da sich nun aber die Mehrzahl seiner weißen Bevölkerung auf die Seite der Freibodenmänner zu neigen schien, so entstand sehr bald unter den dissentierenden Parteien ein höchst erbitterter Kampf, der unter allen Mitteln, welche Leidenschaft Rohheit, Eigennutz und Bestechlichkeit erzeugen, in vollen Flammen aufloderte und zu Auftritten und Szenen führte, von denen in Nachstehendem ein wahrheitsgetreues Spiegelbild gegeben werden soll, das einen Beweis liefert, in welch’ primitiv-sittlicher Verfassung ein bedeutender Teil der nordamerikanischen Bevölkerung noch heute befangen ist. Nächstdem möge man auch daraus abnehmen, wie schnell in diesem Lande sich Teile zu selbstständigen Staaten ausbilden, wenn die vorgeschrittenen Bevölkerungs-Verhältnisse, reif geworden, dazu Anstoß geben. Die hier folgenden Spezialitäten über den Kampf der feindlichen Brüder, der amerikanischen Montacci und Capulocki, verdanken wir einem unparteiischen Beobachter jener empörenden Ausbrüche, die er, durch Zufall in dieses Treiben geworfen, in nächster Nähe mit angesehen und erlebt hat. —
Im Herbste 1854 wurden die ersten Häuser der neuen Stadt Lawrence in Kansas errichtet. Die neue Yankeestadt, die sich sehr bald mit Auswanderern aus den Neuengland-Staaten füllte und deswegen den Sklavereimännern von Missouri ein Dorn im Auge war, versah sich von dieser hitzigen Nachbarschaft so feindseliger Dinge, dass die Einwohner, um sich vor Gewalt zu sichern, aus Vorsicht etliche sieben Fuß hohe Eckwender als Palisaden errichteten. Nachdem die Jury den Gegner des Freistaaten-Hotel in Lawrence, so wie mehres Andere als anstößig erklärt und ihre Beseitigung verlangt hatte und man bereits den ehemaligen abolitionistisch gesinnten Gouverneur von Kansas, so wie einige andere einflussreiche Freistaatenmänner verhaftet, zogen die Prosklavereimänner in hellen Haufen herbei, in der sauberen Absicht „die verräterische Stadt zu vertilgen und kein Abolitionistengesicht auf dem Territorium mehr zu dulden.“ Am 21. Mai 1856 erschien Oberst Titus mit einer Bande von 200 Reitern und 4—600 bewaffneten Volkes vor der Stadt Lawrence. Dieses kleine Heer diente als Exekutionsmannschaft des Marschalls der vereinigten Staaten, Donaldson, welcher die „Ordnung“ in der Stadt wieder herstellen sollte. Als die Kanonen aufgepflanzt und rote Fahnen mit der Inschrift „Rechte des Südens“ entfaltet worden waren, begab sich der Marschall in die Stadt, um Verhaftungen vorzunehmen und die im Freistaaten-Hotel gesammelten Waffen sich ausliefern zu lassen, unter beständiger Drohung, Lawrence zusammenschießen zu lassen. Die so bedrohten Einwohner hatten einen passiven Widerstand verabredet und gaben den Banden der Prosklavereimänner freie Hand. Es wurden nun von diesen mehrere Häuser demoliert und das Freistaaten-Hotel aus einer Kanone beschossen; da aber die Kugeln das Holzgebäude nicht in den Grund schossen, so wurde es durch Feuer verwüstet. Angesichts der Flammen erklärte ein gewisser Jones, ehemaliger missourischer Postmeister und enrogierten Verteidiger der Sklaverei, diesen Tag für den schönsten seines Lebens, und entließ seine Eskorte, die plündernd in die übrigen Häuser der Stadt einfiel und zuletzt das Haus des Gouverneurs Robinson ansteckte. Der angestiftete Schaden dieser gräulichen Verwüstungen belief sich am Schluss dieses glorreichen Tages der Missourier auf mehr als 30.000 Pfund Sterling, viel für die kleine, erst vor Kurzem entstandene, arme Stadt. Der Augenzeuge, von dem diese Nachrichten herrühren, war am Tage nachher in diesem im Werden begriffenen Staat bei der Stadt Kansas den missourianer Patrioten begegnet. Die Meisten von ihnen waren handfeste Kerle in roten Flanellhemden mit hochhinaufgehenden Stiefeln, ungewaschenen und ungeschorenen, verwilderten Gesichtern, geschwärzt von der Feuersbrunst in Lawrence, halb betrunken, wilden Blickes, den Mund beständig mit Flüchen und Lästerworten gefüllt, bewaffnet bis an die Zähne mit Büchsen, Drehpistolen (Revolvers), Säbeln und Schlachtmessern (Bowiekniefes). Sie hatten sich mit allerlei geraubten Gegenständen aus der geplünderten Stadt beladen und dürsteten darnach, die Plünderung von Lawrence an einem andern Orte zu wiederholen. Ein Teil dieser edlen Genossenschaft bestieg in Kansas das Dampfboot, welches während der Nacht nach der Stadt Leawenworth fahren sollte. Außer diesen rohen Burschen befanden sich nun ein Paar schüchterne Deutsche und Mexikaner die nach Santa Fé reisen wollten, und einige Personen von bessern, Aussehen an Bord. Die Border Buffians drohten unter furchtbaren Schwüren allen etwaigen Negerfreunden im Schiffe den Schädel einzuschlagen. Von einem der ausgewählteren Passagiere empfing einer der Reisenden die Adresse eines Gasthauses in Leavenworth, wo er ein Obdach zu suchen beschloss. Er war seit einigen Tagen mit einem Hausierer gereist der Tauschgeschäfte mit den Indianern trieb; dieser hatte ihm einige Verhaltungsregeln gegeben und zur Vorsicht geraten. „Sagt ja nicht, dass Ihr ein Engländer oder ein Yankee (so viel als Neuengländer) seid. Ihr wisst nicht, was hier jetzt Rechtens ist. Ein Yankee ist ein Ruhestörer und Ruhestörungen dürfen nicht geduldet werden.“ Diese Warnung war wohlgemeint, denn unter den Border Buffians tobte namentlich ein Raufbold mit einem geladenen Revolver in der Hand, und sagte: „Ich habe gelobt Einen niederzuschießen, beim Teufel, das hab’ ich! Ich will diesen höllischen negerschützenden Freibodenmännern eine derbe Lektion geben. Ist ein solch’ hündischer Abolitionist an Bord, den möchte’ ich herausbringen. Sehen möchte’ ich ihn! Ich bin Mann genug, um ihm einen Brocken Blei in seinen wollharigen Schädel zu jagen! Ja, ja, Ihr Herren, das wird geschehen.“ Als nun die Blockhütten von Leawenworth erreicht waren, brachte man einen altern Herrn als Gefangenen ans Ufer. „Wen habt Ihr da erwischt?“ frug ein Chor Neugieriger am Landungsplatze. „Den Gouverneur Robinson“, erwiderte eine unbedachtsame, vorlaute Stimme. „Gouverneur Robinson! Gouverneur Robinson!“ hieß es von allen Seiten. „Wer heißt Euch den teuflischen Negerdieb Gouverneur nennen? Sagt dies Wort noch einmal und wir werden Denjenigen als abolitionistischen Schurken das Gehirn einschlagen. Er ist Doktor Robinson, nichts weiter! Er wird aber auch nicht lange mehr Doktor sein, denn es ist Zeit, dass wir dem hundsföttischen Kerl den Garaus machen.“
In dem ersten Hotel zu Leawenworth war bei diesem allgemeinen Überfalle nur eine Streu auf den Hausflur für die Nacht zu erlangen, aber in einem andern Gasthause fand unser Berichterstatter ein Zimmer mit Bett.
Während der ersten Tage in Leawenworth stand Gouverneur Robinsons Leben beständig auf dem Spiele, denn die Border Buffians beabsichtigten, ihn den Händen der Justiz zu entreißen und das Lynchgesetz an ihm zu üben. In jeder Nacht wiederholte sich das wüste Treiben dieser frechen Rotte, der Lärm der Betrunkenen, und da Alle bewaffnet waren, so krachten fortwährend an allen Ecken und Enden Pistolen und Büchsen, so dass Niemand seines Lebens sicher war. Die Trinkstuben der Wirtshäuser verwandelten sich in politische Klub- und Spielhallen, Kartenblätter bedeckten am Tage oft buchstäblich große Räume in den Straßen und es gewährte einen eigentümlichen und befremdlichen Eindruck, in den dürftigen Blockhütten dieser Stadt kostbare von Goldstücken bedeckte Spieltische zu finden, die an den Luxus der Spielhöllen von Baden Baden und Homburg erinnerten. In keiner Stunde der Nacht war der Reisende vor einem Überfalle in seinem Zimmer sicher, welches durch eine stets unverschlossene Tür nach der Straße hinausging und jede Geltendmachung des Hausrechts wäre gefährlich gewesen. Man musste bei dieser polnischen Wirtschaft Alles dulden. Alle Angriffe und Gewaltstreiche gingen nun von dieser Bande der Prosklavereimänner aus, während die Freistaatspartei in allen Versammlungen von Repressalien abmahnte und zu einem passiven Widerstand riet. Vortreffliche Maxime in hoch entwickelten Gesellschaften, aber eine traurige Auskunft in einem Zeitalter des Faustrechts und der Rohheit; auch sprachen die Border Buffians nicht anders als verächtlich von den eingeschüchterten Abolitionisten, die keine Courage hätten und sich wie Memmen betrügen.
Die Aussichten einer friedlichen Beilegung dieses Streites waren damals fast Null. Die Freibodenmänner sahen sich aller Rechte beraubt und waren von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Nach der einseitig angenommenen Maxime durfte Niemand als Geschworener in einer Jury sitzen, der Gewissensskrupel gegen die Sklaverei habe. Wer Schriften gegen die Beibehaltung der Sklaverei schriebe, drucken lasse und verbreite, sollte als Hochverräter (guilty of felony) mit fünf Jahren, Derjenige aber, der öffentlich gegen die Sklaverei spräche oder abolutionistische Druckwerke in das Gebiet bringe, mit zwei Jahren Kettenstrafe geahndet, und als Sklave für diese Strafzeit öffentlich vermietet werden. In Missouri bestand damals unter dem Namen „blaue Loge“ ein Prosklaverei-Bureau, welches einer Anzahl bewaffneter Tagediebe aus diesem Freistaate die Mittel gewährte, um zur Abstimmung nach Kansas zu gehen. Wie es bei dieser Abstimmung zuging, kann man sich denken; da Jeder, der in dem Verdacht stand, sich zu der Partei der Abolitionisten zu neigen Messer auf sich gezückt und Pistolenläufe gegen die Brust gerichtet sah. Das versteht man unter Freiheit in demokratischen Staaten!
Dieser unglückliche Sklavenstreit hat erst die eben geschilderten traurigen Szenen hervorgerufen,— die Border Buffions förmlich vergiftet und diese rohen Menschen zu allen Schändlichkeiten aufgestachelt. Der Name Border Buffion bedeutet eben so viel als „Mordhallunke der Grenze“, ist aber bereits bei dieser Partei ein historischer Ehrentitel geworden, den sich die Leute mit einem gewissen Stolz beilegen; sogar Dampfschiffe, Lieblingspferde und Lieblingshunde, Wirtshäuser und Spezereiläden haben diesen Namen erhalten, ja, auf einem Balle in Kansas schlug eine Dame das Engagement mit einem Abolitionisten aus, weil sie eine „Border Buffion sei.“ So fehlt also auch die Romantik diesem Mordhallunkentum nicht! Männlichkeit und Entschlossenheit ist dieser Gilde, ihren Gegnern gegenüber, nicht abzusprechen: „sie verlangen und geben keinen Pardon.“ Bei ungebildeten Naturen, ohne Zügel des Gesetzes, müssen natürlich die Ausbrüche politischer Leidenschaftlichkeit zu den gröbsten Brutalitäten ausarten; die Freistaatspartei hat daher eine Menge von Verbrechen gegen sie zu konstatieren. Wir führen einige dieser Vergehen an. Der Rechtsgelehrte William Phillips, auf dessen eidliche Aussage hin die verfälschten Wahlen zu Seowennoth annulliert worden waren, was die Border Buffions in Wut versetzte, empfing von ihnen den Befehl das Territorium zu verlassen. Auf seine Weigerung ergriff ihn eine Bande Missourianer und schleppte ihn gewaltsam über die Grenze. Dort schoren sie ihm das Haupt, zogen ihn nackt aus, beschmierten seinen Körper mit Teer und wälzten ihn in Federn. Der seltsame Vogel wurde sodann öffentlich ausgestellt und zum Spaß als Sklave ausgeboten. Ein Negersklave vertrat die Stelle als Auktionator und schlug ihn um einen Dollar los. Acht Tage nachher drückte ein Meeting den Patrioten öffentlich seinen Dank aus: dass sie geschoren, geteert, befiedert und durch einen Neger versteigert hätten — William Phillips, den Meineidigen! Das versteht man hier unter Meineid! Im Herbst 1855 gelangte ein Geistlicher aus dem Westen, Beverend Butler, nach Atchison, einer rabiaten Prosklavereistadt. Man kannte seine Anti-Gesinnungen und verlangte von ihm ein schriftliches Bekenntnis für die Sklavenfrage. Nachdem er diese Zumutung abgelehnt hatte, wurde er auf ein aus zwei Baumstämmen bestehendes Floß mit seinem Felleisen und einen Laib Brot gesetzt, dass Floß mit Flaggen voller Schimpfwörter der gemeinsten Art geschmückt und ihm auf die Stirn ein leserliches B. (Beverend) geschrieben; darauf ließ man das Floß auf dem Missouri hinabtreiben und verfolgte dasselbe mehrere Meilen am Ufer entlang. Man vergesse bei dieser Gewalttat nicht, dass die Amerikaner ein bigottes Volk sind und die Geistlichen sonach eine große Verehrung unter ihnen genießen.
Die Prosklavereimänner mordeten, plünderten und kerkerten ein, wen sie wollten, denn dies Verbrechen wurde nicht nur nicht bestraft, sondern gewöhnlich mit öffentlicher Auszeichnung belohnt. Eine weitere abscheuliche Missetat war folgende. Am 21. November 1855 erschoss nämlich bei Hickory Soint ein Prosklavereimann Namens Cöleman seinen abolitionistischen Nachbarn Dou, als dieser an seiner Haustür vorüberging. Der Leichnam blieb liegen, bis Branson, in dessen Hause der Getötete gewohnt hatte, ihn wegtrug und beerdigte. Die Freibodenmänner verfolgten den Mörder bis in das Haus des Gouverneurs; aber die Behörde fand nichts Strafbares an der Tat, vielmehr erließ Richter Jones, der schon erwähnte ehemalige Postmeister, ein Missourianer, der durch mehrfache Verfälschungen eine traurige Berühmtheit erlangt hat, einen Verhaftungsbefehl gegen Branson, zog mit 25 Mann Nachts in dessen Blockhaus und riss mit gespanntem Pistole den Unglücklichen aus dem Bette. Als er aber mit seinem Gefangenen hinwegreiten wollte, sah er sich von einer Anzahl Freibodenmänner angegriffen und musste Branson wieder freilassen. Jones bewog nun den Gouverneur von Missouri, Shannon, das Land und die benachbarte Freibodenstadt Lawrence als aufrührerisch zu erklären und einige Freicorps Border Buffians gegen die Freibodenmänner abzusenden, die sich ebenfalls zur Gegenwehr zusammengescharrt hatten. Daraus entstand nun ein förmlicher gegenseitiger Feldzug. Nicht lange nachher im Dezember aber gelang es dem wegen der Verantwortlichkeit dieser Feindseligkeiten ängstlich gewordenen Gouverneur Shannon eine Art Beilegung der Feindseligkeiten zu vermitteln, worauf die Border Buffians aufgelöst wurden, zum großen Verdruss der Partei, welche ihren eigenen Gouverneur öffentlich einen Verräter an der guten Sache schalt. Die Leidenschaften waren aber einmal aufgeregt. Im Januar 1856 begannen neue Gräueltaten. Ein gewisser Brown, der einen Freibodenmann aus den Händen der Missouriebanden gerettet hatte, fiel einer solchen Bande Patrioten in die Hände und einer von diesen, Namens Gibson, versetzte dem Unglücklichen einen tödlichen Axthieb in den Schädel; die Andern traten den Verwundeten mit Füßen, spritzten ihm Tabakssaft in die Augen und verstümmelten ihn dergestalt, dass er endlich den Geist aufgab. Dieser grausame Mord war abermals in den Augen dieser rohen Menschen „ein konstitutioneller Gesinnungsakt“, d. h. nach Prosklaverei-Begriffen, und die Behörden rührten sich nicht, die Mörder zu bestrafen. Noch blieben die kühlen Freibodenmänner bei ihrem zahmen passiven Widerstande, bis die nachher folgenden Brandszenen die Misshandlung des Senators Sumner ihre Geduld erschöpfte, und sie sich zu Repressalien erhoben, worauf der Bürgerkrieg begann. Es bildeten sich nun auch Freischaaren von Abolutionisten, die den Border Buffians Gefechte lieferten und Gewalt mit Gewalt vertrieben; neue Schandtaten und Frevel gingen daraus hervor. So ging im Prosklavereilager des Generals Atchison ein Border Buffian eine Wette von 6 Dollars ein, er wolle zu seinen Kameraden mit einem „Abolitionisten-Skalp“ heimkehren. Er machte sich auf den Weg und begegnete zufällig einem gewissen Herrn Hops, der einige Tage zuvor mit seiner Frau nach Lawrence gekommen war, wo sein Schwager, ein Geistlicher, im Amte war. Der Buffian fragt den Unglücklichen: wo er herkomme? und auf seine Antwort: aus Lawrence! schießt er ihn ohne Weiteres nieder, zieht ihm dann die Kopfhaut ab und kehrt triumphierend mit dem blutenden Skalp nach Leawensworth zurück. Dies geschah am 19. August. Einige Tage später kam die Witwe des Ermordeten in Begleitung ihres Bruders, des Geistlichen Nute und zwanzig anderen Personen zu den Mördern, um die Leiche ihres Mannes zu verlangen; allein man plünderte die Unglücklichen vollständig aus und warf sie in Ketten; Einer von der Begleitung, der ausreißen wollte, um diesem Schicksale zu entgehen, wurde niedergeschossen und dasselbe widerfuhr einem Deutschen, der unbedachtsam seinen Abscheu gegen diese elende Tat ausgedrückt hatte.
Vorstehendes ist ein auf strengster Wahrheit beruhendes Gemälde von den öffentlichen Zuständen in den gerühmten Freistaaten von Nordamerika.
Aus dem Übergange nomadischer und kriegerischer Völker zum Ackerbau und zu steten Wohnsitzen entfaltet sich vorzugsweise das Wesen der Sklaverei immer mehr, denn der stolze Krieger, der zu Macht und Ansehen gelangte Grundbesitzer erhob sich über seine Mitmenschen, hielt die eigene Arbeit für entehrend und benutzte nun dazu vorzüglich die im Kriege gemachten Gefangenen, die er früher zu töten gewohnt gewesen. In diesen entlegenen Zeiten wurde es demnach völkerrechtlicher Grundsatz, die Gefangenen als Sklaven zu betrachten.
Neben allen übrigen bedeutenden Nationen des Altertums, war daher bei den Völkern, welche schon angefangen hatten, Einfluss auf die Zivilisation der Menschheit auszuüben, namentlich bei den Juden, Ägyptern, Griechen und Römern, die ganze Gesetzgebung, Sitte und soziale Ordnung auf die Sklaverei gegründet. Dass die Gewalt des israelitischen Volkes über ihre Leibeigenen schon damals sehr bedeutend war, beweisen die Verordnungen, Vorschriften und Einschränkungen, welche ihr weiser Gesetzgeber Moses deshalb traf. Bei den alten Griechen wurden schon zu Homers Zeiten die Kriegsgefangenen zu Sklaven gemacht, wie später in Sparta die Heloten Sklaven waren; denn die republikanische Blütezeit dieses ausgezeichneten Volkes war zugleich diejenige, welche die Unfreien gegen die Freigeborenen in der Mehrzahl aufwies. Die Sklaverei war so sehr zur Basis aller Lebensverhältnisse geworden, dass man diese Barbarei überall ganz natürlich und für durchaus notwendig hielt, so dass selbst die berühmtesten Philosophen damaliger Zeit, ein Plato und Aristoteles sie verteidigten, indem sie behaupteten — obgleich sie das naturwidrige der Sklaverei zugaben —, sie sei gerecht, weil der Staat nicht ohne sie bestehen könne.
Am Meisten war das Sklavenwesen im alten Rom in Sitten, Lebensweise und Politik ausgebildet, denn hier trug das Familienleben schon mehr als bei den Griechen und andern orientalischen Völkern das Gepräge der Knechtschaft. Der Familienvater besaß in den Zeiten der Republik die ausgedehnteste Gewalt, selbst über Leben und Freiheit seiner Angehörigen und Kinder; sogar ein zahlungsunfähiger Schuldner wurde seiner Freiheit beraubt, wenn er seinen Gläubiger nicht bezahlen konnte; er wurde dessen Sklave.
Bei den Völkern Asiens, deren Sitten, Gebräuche und Verfassung immer stationär geblieben sind, hat sich ebenfalls bis heute die Sklaverei in ihrer ursprünglichen Gestalt fortgepflanzt, nur dass sie hier von jeher einen milden Charakter hatte, denn die Sklaven des Orients nehmen mehr den Standpunkt des Hausgesindes ein, werden besser behandelt, sind oft die Vertrauten ihrer Herren, können leicht zur Freiheit, zu Ämtern, ja selbst zu hohen Ehrenstellen gelangen, sind zwar leibeigen, fühlen sich aber in ihrem Stande weniger unglücklich, weil sie dem Fatum ergeben sind. Auch der Islam hat die Sklaverei sanktioniert, und alle mohamedanischen Völker Asiens, Afrikas sowie der europäischen Türkei pflegen dieselbe noch bis auf den heutigen Tag.
Die Entdeckung von Amerika und die Besitznahme der Westküste von Afrika durch die Portugiesen im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, später auch durch andere herrschende Nationen, gaben damals zur Gründung eines neuen ausgedehnten Sklavensystems Anlass, denn während bis dahin die Sklaverei und die im Gefolge derselben gewaltsame Menschenvertilgung in den afrikanischen Tropenländern nur von einheimischen Machthabern ausgeübt worden war, wurden nun zuerst durch die Portugiesen sehr bald auch Neger als Sklaven zur Überführung in die überseeischen Kolonien der Europäer in den neuentdeckten Weltteil, sowohl nach Westindien als auch nach dem Festlande von Amerika verwendet, was sich in kurzer Zeit zu einem sehr verlockenden, gewinnreichen Menschenhandel spekulativer Kaufleute gestaltete, der ebenso ungerecht als grausam betrieben wurde; denn sehr bald rissen ihn die Spanier an sich, die gleich ihrem Vorbilde, den Portugiesen, mit der schonungslosesten Härte dabei verfuhren. Indessen sind die Portugiesen bis in die Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts die Hauptsklaven-Händler dorthin geblieben. (Die ersten Sklaven wurden von ihnen im Jahre 1502 auf Hispaniola, dem heutigen Hayti, gelandet.) Seit 1562 beteiligten sich dann, durch den großen Gewinn verlockt, englische Spekulanten ebenfalls an diesem sauberen Handel. Dieser Handel wurde anfangs nicht unmittelbar zwischen Afrika und Westindien betrieben; man brachte die bedauernswerte Ware vielmehr zuerst von Afrika nach Europa (Portugal und Spanien), und sonach erst von da nach Westindien.
Keines der Sklavensysteme früherer Zeiten, in welchen doch die Rohheit und Gefühllosigkeit barbarischer Völker die Oberhand hatte, war blutiger, eigennütziger, verderblicher und gefühlsmordender als dieser Sklavenabfluss nach dem neuen Weltteile, der, zur Schande der Menschheit sei es gesagt, in die Morgenröte der modernen Zivilisation der Völker fiel, die sich aber dennoch, nur beseelt von Habsucht, mit aller Begierde an diesen Verbrechen beteiligten, ein Zustand, der sich, trotz aller kosmopolitischen Anstrengungen, über drei Jahrhunderte lang in voller Wirksamkeit erhielt, ja, sich fortwährend lawinenartig steigerte und sich bis auf unsere Zeit wie ein schwarzer Flecken durch die Weltgeschichte fortgesponnen hat. Bedauerlich ist es, dass man einen bekannten edlen Menschenfreund als unschuldige Ursache zur Einführung des Sklavenhandels in diese Länder bezeichnen muss. Dies war der Bischof von Chiapa Las Casas, der schon als junger Mann (1493) Columbus nach Indien gefolgt war und später sodann als Protektor der Indianer angestellt. Er war der Erste, der für menschlichere Behandlung und Befreiung der Indianer von den Erpressungen der rohen spanischen Soldateska sich bei König Karl V. verwendete, sein ganzes Leben, seine ganze Tätigkeit und seinen Einfluss auf diese Humanitäts-Bestrebungen richtete, um die Lage der Indianer zu mildern und als Geistlicher unermüdlich dahin zu wirken suchte, seine Pflegebefohlenen zu wahren Bekennern der christlichen Religion heranzubilden. Aber während er ein ihm näher liegendes Übel zu beseitigen glaubte, führte er durch einen wohl nicht überlegten Vorschlag ein fast größeres herbei, dessen schreckliche Folgen er freilich nicht vorausgesehen hatte. Las Casas schlug nämlich vor, kastilische Arbeiter in die neuerworbenen Kolonien zu senden und Negersklaven in die neuerworbenen Länder Spaniens einzuführen. Las Casas bekennt sich selbst in seiner „Geschichte von Indien“ zu dieser Schuld und erklärt mit tiefstem Bedauern, dass er sich geirrt habe, denn beide Nationen, Indianer wie Neger seien als Menschen gleich berechtigt, frei zu sein. Tatsächlich trifft ihn aber nur teilweise der Vorwurf, da es erwiesen ist, dass schon vor seiner Petition an den König von Spanien, die Einführung der Schwarzen im Gange war, er also höchstens nur zur Beförderung dieses Handels beigetragen haben kann; denn schon geraume Zeit vor der ersten Entdeckungsreise des Columbus ließ der portugiesische Seefahrer Gonzalez an der afrikanischen Küste, dem jetzigen Senegambien, Schwarze einfangen, die er, ihrer Freiheit beraubt, zuerst mit nach Portugal schleppte. Dieses erste Beispiel weckte, durch den daraus resultierenden Gewinn den Unternehmungsgeist der Spekulanten und der Handeltreibenden Nationen. Man munterte von allen Seiten dazu auf, weil man nach den damaligen rohen Begriffen nur das Recht des Stärkeren kannte und durchaus kein Verbrechen darin fand, sich an der Sünde des Menschendruckes und des Menschenverkaufs zu beteiligen, oder ein Unrecht dabei zu sehen. England entsagte bei der ersten Besitznahme von Jamaika den Vorteilen der Sklaverei nicht, da es schon auf dieser Insel Negersklaven vorstand und fuhr fort große Massen Neger aus Afrika einzuführen. Schon im Jahre 1517 brachten genuesische Schiffe die erste Sendung von Sklaven nach den andern westindischen Inseln und König Karl V. von Spanien gab damals sogar die Erlaubnis jährlich 4.000 Sklaven in seine neuerworbenen überseeischen Staaten einzuführen, welches Limitum nicht überschritten werden solle. Man kann sich leicht vorstellen, wie wenig dieser Befehl gehalten wurde, der auch sehr bald vom Kaiser zurückgenommen und der Sklavenhandel, allein ohne Beachtung des kaiserlichen Befehls, verboten wurde, weil man diesem Monarchen das Unmoralische dieses Menschenhandels vorgestellt hatte.
Die Negersklaven wurden anfangs vorzüglich nach den westindischen Inseln importiert, weil sie auf diesen am meisten mit Vorteil für die Arbeiten angehalten. Ein noch härteres Los erfuhren schon früher die Indianer unter den entmenschten Spaniern nach der Eroberung eines großen Teiles des Festlandes von Amerika (dem heutigen Peru, Chile, Columbia,) neuerlich Venezuela und Neu-Granada, als Territorien des ehemaligen spanischen Vize-Königreichs Columbia, Nicaragua und Mexiko;) denn kaum hatten diese Abenteurer die neue Welt so leichten Kaufs in Besitz genommen, als sie die harmlosen Bewohner der eroberten Länder systematisch zu unterdrücken und zu Grunde zu richten trachteten. Man behandelte die Indianer mit der empörendsten Grausamkeit und ausgesuchtesten Härte, verwendete sie namentlich zu den schwersten Arbeiten in den neuerrichteten Bergwerken, in denen man nach Gold suchte und zur Urbarmachung dieser neuen fast überall mit den undurchdringlichsten Tropenwäldern bewachsenen Landstrecken, wodurch diese schwache Generationen, an solch übermäßige körperliche Anstrengungen nicht gewöhnt, notwendig aufgerieben und vertilgt werden musste.
Die Unterjochten vermochten diese Barbarei nicht auszuhalten; ganze Völker und Stämme der Indianer starben daher in kurzer Zeit aus, so dass von diesen unglücklichen Indianern sehr bald keine Spur mehr vorhanden war, denn nur eine geringe Zahl hatte sich, um den Verfolgungen ihrer unmenschlichen Unterdrücker zu entgehen, in unwegsame Gebirgsgegenden zurückgezogen. Die Sklaverei führt jederzeit zur Verwilderung derjenigen Nation, die sich mit diesem Handel befasste und darin exzellierten besonders die spanischen Unterjocher von Amerika, meist Verbrecher und Abenteurer aus den Häfen des Mutterlandes; diese wagten sich als verwilderte Horden und Räuber in die neu entdeckten Länder des neuen Weltteils, deren Reichtum an Gold etc. die Habgier dieser tigerartigen Gesellen reizte und behandelten die unschuldigen Bewohner gleich anfangs als Leibeigene. Die nie ausbleibende Nemesis, diese furchtbare Göttermacht, die alle Schuld, alle Sünden und Verbrechen der Menschheit schon hier auf Erden, wenn auch oft erst spät, an den Urhebern rächt, hat auch in späteren Zeiten die Spanier erreicht, die sich durch ihre schonungslose Behandlung der Indianer und Negersklaven in den Augen der zivilisierten Welt für ewige Zeiten gebrandmarkt haben. Da, wo vormals die gewaltige spanische Krone, die Gebieterin zweier Weltteile zuerst ihren schmählichen und unmenschlichen Kolonisationsversuch auf dem Festlande ihres neuspanischen Königreichs machte, ist heut zu Tage, außer des wohllautenden Idioms der spanischen Sprache und einer mehr als Halbmilden, demoralisierten Bastard-Bevölkerung — den Nachkommen der Spanier durch Vermischung mit Indianerinnen — kaum eine Spur jener ehemaligen Macht und jenes blutigen Morgenrots zu finden, dem der gesinnungslosen und rohen Eroberer Golddurst und Mordsinn einen schauerlichen Vorgeschmack des einstigen Weltgerichts folgen ließ. Spaniens Herrschaft in jenen von der Natur so begünstigten Gegenden ist für immer gebrochen und vertilgt worden. Die Insel Cuba ist der kleine Rest der ehemaligen spanischen Herrlichkeit, und wer weiß: auf wie lange noch?
Berechnet man die 300 jährige Entziehung von afrikanischen Sklaven, welch’ einen großen Begriff gibt das oberflächliche Resultat von der Fekundität dieses tropischen Weltteils, die fast wunderbar klingt. Nach ziemlich genauem Überschlage ist man zu der Überzeugung gekommen, dass man Afrika, binnen der angegebenen Periode der Sklavenausführung, über sechzig Millionen freier und gesunder Bewohner entziehen konnte, während zu gleicher Zeit, unter seinen eigenen barbarischen Herrschern vielleicht vier oder fünf Mal so viel Menschen in den einheimischen Kriegen hingeschlachtet wurden, welche die eingeborenen Stämme fortwährend unter sich führten, lediglich um den Begehr der Europäer nach Sklaven ausführen zu können, wobei die Habsucht der schwarzen Fürsten leider eine große Rolle spielt. Seit diesem für die dortigen Machthaber so einträglichen Handel lösten sich in Afrika alle Bande der Ordnung und des Friedens, ohne welche selbst die roheste Menschheit nicht bestehen kann; die Folge davon waren Feindseligkeiten; es fand ein gegenseitiger Vernichtungskampf Statt. Allein trotz dieser ungeheuren Entziehung von Menschen, trotz der vielen weiten und unangebauten Strecken und Wüsten Afrikas, ist dieser Weltteil immer noch unermesslich bevölkert geblieben. Die durch das empörende Benehmen der eingedrungenen Konquistadoren in den eroberten amerikanischen Ländern hervorgebrachte Entvölkerung der Indianer begünstigte daher die Einführung der Negersklaverei hier um so mehr, weil es nun durch den fast totalen Abgang der Urbewohner an Arbeitskräften mangelte, denn Keiner dieser stolzen und hochmütigen Eindringlinge, keiner ihrer Nachkommen von der weißen und halbweißen Rasse rührte aus Übermut und Faulheit eine Hand zur Arbeit, denn dazu waren nach ihren Begriffen nur die Sklaven da; man gab sich nur dem Jagen nach Reichtümern, dem Wohlleben und dem dolce far niente hin, behandelte aber dabei die bedauernswerten Sklaven schlechter als das Vieh, welches höheren Wert in den Äugen ihrer Besitzer hatte, trotzdem sich durch diese armen Menschen, getrieben durch die Zuchtrute roher, unerbittlicher Aufseher, als Ersatz für die eingeborenen Indianer außerordentlich brauchbar erwiesen. Außerdem suchte man den Sklavenhandel auf alle mögliche Weise gegen die Vertreter der Humanität zu entschädigen und zu rechtfertigen, führte zunächst auch an: „Die Neger würden doppelt so viel Arbeitskräfte gewähren, als die wenigen verweichlichten Indianer, da der größte Teil derselben durch die angestrengte Tätigkeit bereits zu Grunde gegangen sei; außerdem glaube man annehmen zu müssen, dass die weiße Bevölkerung unter einem so heißen, ungewohnten Klima bei strenger Arbeit nicht ausdauern könne, dasselbe Schicksal mit den schwachen Indigenen teilen und sehr bald einer mühseligen Feldarbeit erliegen würde, während die schwarze Rasse, an die sengende Tropenhitze von Natur aus gewöhnt, Alles viel leichter ertrüge; es sei also für das Gedeihen der neu erworbenen Länder eine solche Aushilfe durchaus notwendig. Man verteidigte ferner die Negersklaverei mit dem Argumente, dass, wenn man die von den Häuptlingen in Afrika gefangenen Schwarzen nicht kaufe, diese meistens auf grausame Weise ums Leben gebracht würden; es sei also eine Wohltat für die Sklaven. Da aber der Neger in unfreiem Zustande zur Arbeit angehalten, von Haus aus zu träge und obstinat sei, so wären die stattfindenden Zwangsmaßregeln und Züchtigungen ein notwendiges Übel.“ — Daher wurden die Strafen gegen Widerspenstige und gegen faule Arbeiter bald zur allgemeinen Richtschnur für alle Sklavenhalter und diese unglücklichen Geschöpfe, die recht- und gesetzlos waren, wurden bei der geringsten Veranlassung durch dazu angestellte Aufwärter aufs Empörendste behandelt, und Niemand bekümmerte sich nur im Geringsten darum, wenn ein Schwarzer, was oft geschah, zu Tode gemartert oder geprügelt wurde.
In Afrika gefangen oder gekauft, werden sie nun zum Transport aus dem Vaterlande über das weite Weltmeer, eingeschifft. Im Schiffe gesellt sich zu dem Kummer, dem Grame und der Verzweiflung über die Trennung von den Ihrigen und vom Vaterlande — wenn nämlich ihre Angehörigen nicht zufällig das gleiche Geschick teilen — nun noch die leibliche Qual, denn zu Hunderten werden sie an Händen und Füßen gebunden und geknebelt, gleich Heringen in den untersten Schiffsraum verpackt und eingepfercht, müssen bei der schlechtesten Nahrung viele Wochen lang in diesen für so viele Menschen viel zu engen Räumen, in einer erstickenden, verpesteten Atmosphäre in dieser martervollen Lage aushalten, häufig sogar unter einer Masse Leichen ihrer Kameraden, da oft der Fall eintritt, dass z. B. durch Mangel an Wasser, durch Krankheit, Fahrlässigkeit und durch Miasmen die Hälfte dieser Unglücklichen einem frühen Schicksale erliegen und sterben, bevor sie an den Ort ihrer neuen Bestimmung gelangen und dadurch zu ihrem Glück von allen ferneren ihrer wartenden Unbilden erlöst werden. Trotz dieses stets wiederkehrenden Verlustes in den Sklavenschiffen während der Überfahrt, bleibt der Gewinn der Sklavenhändler immer noch bedeutend genug, was wohl, nächst der Indolenz, mit Veranlassung ist, dass man durch solche Einbußen nicht klüger geworden und eine menschlichere Behandlung auf diesen Schiffen eingeführt hat.
Im fremden Lande endlich angelangt, wartet diesen Menschen die Hetzpeitsche der kein Erbarmen kennenden Sklavenaufseher, und eine fortwährende fast über menschliche Kräfte gehende Arbeit. Alle Qualen, welche der Menschen Grausamkeit nur irgend ersinnen kann, müssen sie hier erdulden und wehe dem Elenden, der durch sein Benehmen oder Widerspenstigkeit die Wut seines nun jähzornigen Herrn oder die Tücke der launenhaften Gebieterin gegen sich wach ruft — seine Strafe ist fürchterlich, er wird tausendfach gemartert und gezüchtigt, so dass er oft nur die Wahl hat, sich durch Selbstmord von seinen Leiden zu befreien. Hat nun ein so gequälter Sklave Weib und Kinder, so steht ihm außerdem noch eine besondere Marter bevor, denn er kann bei jedem Versehen oder wenn ihn sein Herr strafen will, von diesen getrennt werden, da es der Laune seines strengen Herrn jeden Augenblick freisteht, seine Frau und Kinder durch Verkauf an Anderen von ihm auf ewig zu trennen, was oft zu den herzzerreißendsten Szenen Veranlassung gegeben und die Rache des Negers an der Familie seines Herrn hervorgerufen hat.
Schon in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erhoben sich in Europa Stimmen, die, empört über das alles menschliche Gefühl Hohn sprechende Verfahren gegen unglückliche Mitgeschöpfe, über den herabwürdigenden Druck der heiligsten Menschenrechte, die Beseitigung der Sklaverei zur Sprache brachten und auf die Abschaffung eines Vergehens an der menschlichen Natur drangen, woran sich, mit Ausnahme der Deutschen, fast alle anderen europäischen Nationen so lange Zeit beteiligt hatten. Die Sekte der Quäker in England und Nordamerika war die erste, welche schon 1727 die Abolition des Negerhandels in Anregung brachte. Die Quäker verboten auf ihren Ansiedelungen in Nordamerika (Pensylvanien), den Handel mit Sklaven, gaben 1751 ihre bisherigen Sklaven frei, sorgten für deren Unterkommen und Zivilisation und stifteten in Folge dessen 1774 die „Pensylvanische Gesellschaft“, welche kurz nachher, 1780, die Freilassung aller seit der nordamerikanischen Unabhängigkeits-Erklärung im Lande geborenen Neger vorläufig für den Freistaat von Pensylvanien zum Gesetz erhob. Nach diesem Vorgänge erschollen auch endlich in England die ersten gewichtigen Stimmen der Humanität gegen diesen so lange bestandenen Verrat an den Menschenrechten, und Männer wie Sidmouth, Wellesley und Andere rieten im Jahre 1783 im Parlament zur Milderung und Einschränkung dieses sündhaften Menschenhandels, trafen aber noch auf sehr heftige Opposition, obgleich es auch einige Männer gab, wie Clarkson, welche diesem edlen Bestreben Vermögen und Leben opferten. Im November 1787 schafften die nördlichen Counties der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in lobenswerter Begeisterung für Freiheit und Gleichheit der Menschheit, den Negerhandel ebenfalls ab; allein die südlichen Staaten der Union pflichteten leider dieser humanistischen, vom Zeitgeiste dringend gebotenen Maßregel aus egoistischen Gründen nicht bei, weil sie die Fortführung der Sklavenarbeit für den Bestand ihrer Plantagen (Zuckerrohr-, Reis-und Tabaksbau), für durchaus unentbehrlich hielten. Also auch hier war nur der Eigennutz im Spiele. Seit 1788 brachte endlich der berühmte englische Staatsmann Wilberforce, von Vitt, Fox, Buxton, Smith, Castlereagh und anderen aufgeklärten, freisinnigen Männern unterstützt, die Sklavenfrage und die Unterdrückung des britischen Negerhandels im Parlament wiederholt zur Diskussion und zur Aufgabe seiner parlamentarischen Wirksamkeit, erlangte aber anfangs nichts weiter, als eine Verordnung für eine menschlichere Behandlung dieser unglücklichen Menschen, während ihrer Überfahrt. Trotz alles Widerstandes ließ sich der edle Wilberforce nicht abhalten, bei jeder Gelegenheit diesen Gegenstand immer wieder zur Sprache zu bringen und gegen die Sklaverei anzukämpfen, setzte aber erst im Jahre 1792 den Beschluss durch, nach welchem der Sklavenhandel nach Ablauf dreier Jahre ganz aufhören solle, allein der unterdessen eintretende Krieg und die gefährdete Lage ließen leider dies Gesetz nicht zur Ausführung kommen. Er machte diese hochwichtige Angelegenheit zur Hauptaufgabe seines Lebens und Wirkens, und zum Ziel seines Parlamentären Einflusses. Als im Jahre 1806 der englische Minister Fox die Sklavenangelegenheit zur Sache der Regierung machte, hatte Wilberforce endlich die Freude, dass die Unterdrückung des britischen Sklavenhandels vom 8. Januar 1808 an, nochmals dekretiert wurde. Nach diesem Siege suchte er die englische Regierung auch zum Einschreiten in dieser weltgeschichtlichen Angelegenheit gegen andere sich mit diesem unmoralischen Handel belastenden Nationen zu bewegen und auf seine Veranlassung brachte Castlereagh die Abschaffung der Sklaverei auf dem Kongresse zu Wien zur Sprache. Als nun die englische Regierung seit 1823 die völlige Emanzipation der Negersklaven Schritt für Schritt verfolgte, entfaltete Wilberforce den größten Eifer, um seine Lieblingsunternehmen gegen die vielen und mächtigen Feinde durchführen zu helfen. Mit seinem Freunde Buxton unterwarf er die Frage im Unterhaus der allseitigsten Beleuchtung, und sammelte das unermessliche Material, aus welchem die Gegner nur allein siegreich widerlegt werden konnten. Nach unsäglichen Hindernissen und Kämpfen hatte er endlich die Genugtuung seine beispiellosen Bemühungen und Anstrengungen mit einem hoffnungsvollen nahen Erfolge gekrönt zu sehen, indessen war es diesem Menschenfreunde, der sich für sein hochherziges Wirken für die Emanzipation der Negersklaven in den Herzen künftiger Geschlechter ein unvergängliches Denkmal gestiftet hat, nicht beschieden, das Endresultat seiner aufopfernden Menschenliebe zu erleben, denn an dem Tage, an welchem der durch ihn angestrebte Antrag an die Regierung für die allgemeine Befreiung der schwarzen Bevölkerung in den britischen Kolonien und für die Abschaffung der Sklaverei im Allgemeinen zur zweiten Lösung im englischen Parlament gelangte, starb der edle Mann (am 29. Juli 1833). Die Negersklaven-Bill ging endlich in beiden Häusern durch und wurde unterm 28. August 1833 von der Regierung sanktioniert, d. h. zum Gesetz erhoben. Nahe an 700.000 Sklaven in den westindisch-englischen Kolonien wurden frei und den darunter pekuniär leidenden Pflanzern wurden zwanzig Millionen Pfund Sterling zur Entschädigung aus Staatsmitteln bewilligt.
England gab dadurch den anderen europäischen Nationen ein hochherziges Beispiel, indem es diesen grausamen, ungerechten Menschenhandel, ohne große Opfer zu scheuen, zuerst abolierte, einen Handel, an dem es sich allerdings lange genug beteiligt, obgleich sich dieser Staat nicht den Vorwurf zu machen hatte, dieses ungerechte Treiben hervorgerufen und verschuldet zu haben. —
Es würde den Raum unserer Mitteilungen überschreiten, wollten wir nachweisen, wie es späterhin gekommen, dass die Sklavenfrage in den von England getrennten Freistaaten der nordamerikanischen Union noch bis auf die heutige Zeit unerledigt geblieben und das Beispiel Englands nicht dahin geführt hat, die Sklaverei wenigstens in ganz Nordamerika abzuschaffen, und diese leider noch gegenwärtig am verhängnisvollsten im Süden der Vereinigten Staaten fortbesteht, den schroffsten Gegensatz zu den Prinzipien bildend, auf welche die politische und bürgerliche Freiheit in diesen Staaten gegründet ist. Zwar haben die nördlichen Counties das Sklavenwesen, nach dem Vorgange Pensylvaniens, nach und nach abgestreift, allein desto hartnäckiger bestehen die südlichen, vermöge veränderter Bodenverhältnisse, und Landkultur und Plantagenbetrieb, auf die Fortdauer der Sklaverei und auf den Import von Negersklaven. Geiz, Eigennutz und krasser Egoismus, gepart mit Rohheit und Schlendrian sind Ursache, dass sich die dortigen Grundeigentümer fortwährend mit dem Fluche des Menschenhandels und der Menschenquälerei besudeln. Durch diese territoriale Scheidung der Interessen haben sich nun neuerlich zwei Parteiengebildet, die Abolitionisten oder Freibodenmänner (Gegner), und die Prosklavereimänner (Verteidiger), die sich, leidenschaftlich gegen einander aufgeregt, höchst feindselig einander entgegentreten. Es liegt aber bei aller Brutalität und aller widerlicher Heuchelei, die, bei den entstandenen Kämpfen um ein auseinander gehendes Prinzip, aus den Reihen der Prosklaverei-Partei spricht, auch ein gutes Teil bitterer Wahrheit oder derber Ironie für die Zustände, die Institutionen und die verschiedenen Ansichten und Stimmungen in der Sklavenfrage für die Nordamerikaner vor, und man sieht daraus deutlich, welche Widersprüche in diesem so gerühmten Lande der bürgerlichen Freiheit auftauchen.
Wenn die Negersklaverei, in mehreren südlichen Staaten von Nordamerika von jeher verfassungsmäßig und gesetzlich sanktioniert eingeführt, also zu Recht besteht und erobernd immer weiter um sich zu greifen droht — wobei allerdings Eigennutz eine große Rolle spielt und demzufolge die große und mächtige Partei der Reichen und Besitzenden in sich begreift —, wenn die Sklaverei wirklich, wie die Verteidiger derselben behaupten, eine, wie in alten Zeiten in Griechenland, an und für sich gebotene Notwendigkeit ist, also eine an sich gerechtfertigte, weil sie vorgeblich segensreich für die „schwarze Rasse“ und einträglich für ihre Herren ist, welche Einwendungen kann man denn noch gegen den afrikanischen Negerhandel erheben? Und wenn man, wie es geschieht, dem Handel mit zivilisierten oder in Amerika geborenen Schwarzen aus Virginien, Maryland und Missouri nach den südlicher gelegenen Staaten lein gesetzliches Hindernis in den Weg legt, mit welchem Rechte bedroht und verdammt man — wenigstens scheinbar, auf dem Papier — den afrikanischen Menschenhandel zur See oder den Import von Sklaven mit den strengsten Strafen? Ist es nicht tausendfach verdammungswerter den für die Zivilisation gewonnenen Neger von seiner Heimat, von Weib und Kind hinweg nach den Reis- und Zuckerrohrfeldern der südlichen Counties von Nordamerika zu verkaufen, als den wilden Neger in Afrika zu holen, um ihn in einem andern Weltteile auf eine höhere Stufe der Kultur zu bringen? Nirgends tritt der Mangel an Logik und Inkonsequenz, mit der man in Nordamerika die Sklavenfrage ansieht und diskutiert, greller hervor, als Angesichts solcher Tatsachen. Offenbar und nicht zu leugnen ist es, dass dieser Handel mit Afrika nicht bloß den eigentlichen Entsagungsgrund der Sklaverei im Allgemeinen ist, sondern dass die gesetzliche Existenz der Sklaverei auch die gesetzliche Rechtfertigung derselben sein sollte, ja dass dieser Handel, abgesehen von den zufälligen Gräueln während des Transports in Sklavenschiffen, nicht einmal die schlimmste Seite jenes die Menschheit schändenden, abscheulichen Gebarens sein möchte.
Mit welchem Rechte bestraft man nach dem neuerlichen Gesetz Diejenigen mit dem Tode — natürlich nur auf dem Papier — welche die unsterblichen Seelen armer Barbaren aus der Nacht des Heidentums erretten und zur christlichen Gesittung heranziehen wollen, während man die Händler mit Sklaven aus Kentuki, Virginien und Missouri in den Kongress wählt oder auf den curulischen Gouverneurstuhl erhebt? Ist das nicht ein Bild der auffallendsten Inkonsequenz und Heuchelei der nordamerikanischen Gesetzgebung?
Es ist bekannt, dass der ungeheure Länder-Komplex von Nordamerika in einer fortwährenden sozialen Entwicklung begriffen ist, die durch die stete Einwanderung von Menschen aus andern Weltteilen, namentlich aus Europa, wesentlich befördert wird. Es gibt im Westen von Nordamerika aber noch große und weite Strecken unkultivierter Ländereien, die eines Teils auch von den wilden Urbewohnern dieser Länder, den Indianern, eingenommen und behauptet werden, oder wohin die Zivilisation der Weißen entweder noch nicht hingedrungen oder sich nur langsam ausbreiten kann, obgleich die ursprünglichen Besitzer dieser weiten Länderstrecken immer mehr von der weißen Rasse zurückgedrängt und teils durch Krieg, teils durch manche von den Eindringlingen angenommene Lasten aufgerieben werden, so dass der Zeitpunkt nicht mehr fern sein dürfte, wo sie ganz von der Erde verschwinden werden. Da nun aber die Einwanderung nach Nordamerika in steter Zunahme begriffen ist, so entstehen durch neue Ansiedelungen der Weißen im Laufe der Zeit neue sogenannte Counties (Grafschaften) oder in sich abgeschlossene Distrikte, welche sich sodann in die Union der übrigen Staaten aufnehmen lassen, wenn sie an den Verteilen Teil nehmen wollen, die ihnen der Anschluss an diesen großen Volksverband in vielfacher Beziehung gewahrt. Ein solcher in der Entwickelung und Konstituierung begriffener Staat im Staate ist Kansas, (beiläufig von einer Ausdehnung wie Großbritannien und Irland zusammengenommen, welcher Land-Komplex derzeit von etwa nur 20 bis 25.000 Indianern und 12.000 Weißen bewohnt wird), der nach einem das Land durchströmenden Fluss gleiches Namens benannt worden ist und, seiner Lage nach, zunächst an den Sklavenstaat Missouri grenzt. Es konnte natürlich nicht fehlen, dass derselbe, unter den oben geschilderten Parteispaltungen, zur Diskussion der Frage Veranlassung gab„ob in ihm das Prinzip der Sklaverei Platz greifen soll oder nicht.“ Da sich nun aber die Mehrzahl seiner weißen Bevölkerung auf die Seite der Freibodenmänner zu neigen schien, so entstand sehr bald unter den dissentierenden Parteien ein höchst erbitterter Kampf, der unter allen Mitteln, welche Leidenschaft Rohheit, Eigennutz und Bestechlichkeit erzeugen, in vollen Flammen aufloderte und zu Auftritten und Szenen führte, von denen in Nachstehendem ein wahrheitsgetreues Spiegelbild gegeben werden soll, das einen Beweis liefert, in welch’ primitiv-sittlicher Verfassung ein bedeutender Teil der nordamerikanischen Bevölkerung noch heute befangen ist. Nächstdem möge man auch daraus abnehmen, wie schnell in diesem Lande sich Teile zu selbstständigen Staaten ausbilden, wenn die vorgeschrittenen Bevölkerungs-Verhältnisse, reif geworden, dazu Anstoß geben. Die hier folgenden Spezialitäten über den Kampf der feindlichen Brüder, der amerikanischen Montacci und Capulocki, verdanken wir einem unparteiischen Beobachter jener empörenden Ausbrüche, die er, durch Zufall in dieses Treiben geworfen, in nächster Nähe mit angesehen und erlebt hat. —
Im Herbste 1854 wurden die ersten Häuser der neuen Stadt Lawrence in Kansas errichtet. Die neue Yankeestadt, die sich sehr bald mit Auswanderern aus den Neuengland-Staaten füllte und deswegen den Sklavereimännern von Missouri ein Dorn im Auge war, versah sich von dieser hitzigen Nachbarschaft so feindseliger Dinge, dass die Einwohner, um sich vor Gewalt zu sichern, aus Vorsicht etliche sieben Fuß hohe Eckwender als Palisaden errichteten. Nachdem die Jury den Gegner des Freistaaten-Hotel in Lawrence, so wie mehres Andere als anstößig erklärt und ihre Beseitigung verlangt hatte und man bereits den ehemaligen abolitionistisch gesinnten Gouverneur von Kansas, so wie einige andere einflussreiche Freistaatenmänner verhaftet, zogen die Prosklavereimänner in hellen Haufen herbei, in der sauberen Absicht „die verräterische Stadt zu vertilgen und kein Abolitionistengesicht auf dem Territorium mehr zu dulden.“ Am 21. Mai 1856 erschien Oberst Titus mit einer Bande von 200 Reitern und 4—600 bewaffneten Volkes vor der Stadt Lawrence. Dieses kleine Heer diente als Exekutionsmannschaft des Marschalls der vereinigten Staaten, Donaldson, welcher die „Ordnung“ in der Stadt wieder herstellen sollte. Als die Kanonen aufgepflanzt und rote Fahnen mit der Inschrift „Rechte des Südens“ entfaltet worden waren, begab sich der Marschall in die Stadt, um Verhaftungen vorzunehmen und die im Freistaaten-Hotel gesammelten Waffen sich ausliefern zu lassen, unter beständiger Drohung, Lawrence zusammenschießen zu lassen. Die so bedrohten Einwohner hatten einen passiven Widerstand verabredet und gaben den Banden der Prosklavereimänner freie Hand. Es wurden nun von diesen mehrere Häuser demoliert und das Freistaaten-Hotel aus einer Kanone beschossen; da aber die Kugeln das Holzgebäude nicht in den Grund schossen, so wurde es durch Feuer verwüstet. Angesichts der Flammen erklärte ein gewisser Jones, ehemaliger missourischer Postmeister und enrogierten Verteidiger der Sklaverei, diesen Tag für den schönsten seines Lebens, und entließ seine Eskorte, die plündernd in die übrigen Häuser der Stadt einfiel und zuletzt das Haus des Gouverneurs Robinson ansteckte. Der angestiftete Schaden dieser gräulichen Verwüstungen belief sich am Schluss dieses glorreichen Tages der Missourier auf mehr als 30.000 Pfund Sterling, viel für die kleine, erst vor Kurzem entstandene, arme Stadt. Der Augenzeuge, von dem diese Nachrichten herrühren, war am Tage nachher in diesem im Werden begriffenen Staat bei der Stadt Kansas den missourianer Patrioten begegnet. Die Meisten von ihnen waren handfeste Kerle in roten Flanellhemden mit hochhinaufgehenden Stiefeln, ungewaschenen und ungeschorenen, verwilderten Gesichtern, geschwärzt von der Feuersbrunst in Lawrence, halb betrunken, wilden Blickes, den Mund beständig mit Flüchen und Lästerworten gefüllt, bewaffnet bis an die Zähne mit Büchsen, Drehpistolen (Revolvers), Säbeln und Schlachtmessern (Bowiekniefes). Sie hatten sich mit allerlei geraubten Gegenständen aus der geplünderten Stadt beladen und dürsteten darnach, die Plünderung von Lawrence an einem andern Orte zu wiederholen. Ein Teil dieser edlen Genossenschaft bestieg in Kansas das Dampfboot, welches während der Nacht nach der Stadt Leawenworth fahren sollte. Außer diesen rohen Burschen befanden sich nun ein Paar schüchterne Deutsche und Mexikaner die nach Santa Fé reisen wollten, und einige Personen von bessern, Aussehen an Bord. Die Border Buffians drohten unter furchtbaren Schwüren allen etwaigen Negerfreunden im Schiffe den Schädel einzuschlagen. Von einem der ausgewählteren Passagiere empfing einer der Reisenden die Adresse eines Gasthauses in Leavenworth, wo er ein Obdach zu suchen beschloss. Er war seit einigen Tagen mit einem Hausierer gereist der Tauschgeschäfte mit den Indianern trieb; dieser hatte ihm einige Verhaltungsregeln gegeben und zur Vorsicht geraten. „Sagt ja nicht, dass Ihr ein Engländer oder ein Yankee (so viel als Neuengländer) seid. Ihr wisst nicht, was hier jetzt Rechtens ist. Ein Yankee ist ein Ruhestörer und Ruhestörungen dürfen nicht geduldet werden.“ Diese Warnung war wohlgemeint, denn unter den Border Buffians tobte namentlich ein Raufbold mit einem geladenen Revolver in der Hand, und sagte: „Ich habe gelobt Einen niederzuschießen, beim Teufel, das hab’ ich! Ich will diesen höllischen negerschützenden Freibodenmännern eine derbe Lektion geben. Ist ein solch’ hündischer Abolitionist an Bord, den möchte’ ich herausbringen. Sehen möchte’ ich ihn! Ich bin Mann genug, um ihm einen Brocken Blei in seinen wollharigen Schädel zu jagen! Ja, ja, Ihr Herren, das wird geschehen.“ Als nun die Blockhütten von Leawenworth erreicht waren, brachte man einen altern Herrn als Gefangenen ans Ufer. „Wen habt Ihr da erwischt?“ frug ein Chor Neugieriger am Landungsplatze. „Den Gouverneur Robinson“, erwiderte eine unbedachtsame, vorlaute Stimme. „Gouverneur Robinson! Gouverneur Robinson!“ hieß es von allen Seiten. „Wer heißt Euch den teuflischen Negerdieb Gouverneur nennen? Sagt dies Wort noch einmal und wir werden Denjenigen als abolitionistischen Schurken das Gehirn einschlagen. Er ist Doktor Robinson, nichts weiter! Er wird aber auch nicht lange mehr Doktor sein, denn es ist Zeit, dass wir dem hundsföttischen Kerl den Garaus machen.“
In dem ersten Hotel zu Leawenworth war bei diesem allgemeinen Überfalle nur eine Streu auf den Hausflur für die Nacht zu erlangen, aber in einem andern Gasthause fand unser Berichterstatter ein Zimmer mit Bett.
Während der ersten Tage in Leawenworth stand Gouverneur Robinsons Leben beständig auf dem Spiele, denn die Border Buffians beabsichtigten, ihn den Händen der Justiz zu entreißen und das Lynchgesetz an ihm zu üben. In jeder Nacht wiederholte sich das wüste Treiben dieser frechen Rotte, der Lärm der Betrunkenen, und da Alle bewaffnet waren, so krachten fortwährend an allen Ecken und Enden Pistolen und Büchsen, so dass Niemand seines Lebens sicher war. Die Trinkstuben der Wirtshäuser verwandelten sich in politische Klub- und Spielhallen, Kartenblätter bedeckten am Tage oft buchstäblich große Räume in den Straßen und es gewährte einen eigentümlichen und befremdlichen Eindruck, in den dürftigen Blockhütten dieser Stadt kostbare von Goldstücken bedeckte Spieltische zu finden, die an den Luxus der Spielhöllen von Baden Baden und Homburg erinnerten. In keiner Stunde der Nacht war der Reisende vor einem Überfalle in seinem Zimmer sicher, welches durch eine stets unverschlossene Tür nach der Straße hinausging und jede Geltendmachung des Hausrechts wäre gefährlich gewesen. Man musste bei dieser polnischen Wirtschaft Alles dulden. Alle Angriffe und Gewaltstreiche gingen nun von dieser Bande der Prosklavereimänner aus, während die Freistaatspartei in allen Versammlungen von Repressalien abmahnte und zu einem passiven Widerstand riet. Vortreffliche Maxime in hoch entwickelten Gesellschaften, aber eine traurige Auskunft in einem Zeitalter des Faustrechts und der Rohheit; auch sprachen die Border Buffians nicht anders als verächtlich von den eingeschüchterten Abolitionisten, die keine Courage hätten und sich wie Memmen betrügen.
Die Aussichten einer friedlichen Beilegung dieses Streites waren damals fast Null. Die Freibodenmänner sahen sich aller Rechte beraubt und waren von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Nach der einseitig angenommenen Maxime durfte Niemand als Geschworener in einer Jury sitzen, der Gewissensskrupel gegen die Sklaverei habe. Wer Schriften gegen die Beibehaltung der Sklaverei schriebe, drucken lasse und verbreite, sollte als Hochverräter (guilty of felony) mit fünf Jahren, Derjenige aber, der öffentlich gegen die Sklaverei spräche oder abolutionistische Druckwerke in das Gebiet bringe, mit zwei Jahren Kettenstrafe geahndet, und als Sklave für diese Strafzeit öffentlich vermietet werden. In Missouri bestand damals unter dem Namen „blaue Loge“ ein Prosklaverei-Bureau, welches einer Anzahl bewaffneter Tagediebe aus diesem Freistaate die Mittel gewährte, um zur Abstimmung nach Kansas zu gehen. Wie es bei dieser Abstimmung zuging, kann man sich denken; da Jeder, der in dem Verdacht stand, sich zu der Partei der Abolitionisten zu neigen Messer auf sich gezückt und Pistolenläufe gegen die Brust gerichtet sah. Das versteht man unter Freiheit in demokratischen Staaten!
Dieser unglückliche Sklavenstreit hat erst die eben geschilderten traurigen Szenen hervorgerufen,— die Border Buffions förmlich vergiftet und diese rohen Menschen zu allen Schändlichkeiten aufgestachelt. Der Name Border Buffion bedeutet eben so viel als „Mordhallunke der Grenze“, ist aber bereits bei dieser Partei ein historischer Ehrentitel geworden, den sich die Leute mit einem gewissen Stolz beilegen; sogar Dampfschiffe, Lieblingspferde und Lieblingshunde, Wirtshäuser und Spezereiläden haben diesen Namen erhalten, ja, auf einem Balle in Kansas schlug eine Dame das Engagement mit einem Abolitionisten aus, weil sie eine „Border Buffion sei.“ So fehlt also auch die Romantik diesem Mordhallunkentum nicht! Männlichkeit und Entschlossenheit ist dieser Gilde, ihren Gegnern gegenüber, nicht abzusprechen: „sie verlangen und geben keinen Pardon.“ Bei ungebildeten Naturen, ohne Zügel des Gesetzes, müssen natürlich die Ausbrüche politischer Leidenschaftlichkeit zu den gröbsten Brutalitäten ausarten; die Freistaatspartei hat daher eine Menge von Verbrechen gegen sie zu konstatieren. Wir führen einige dieser Vergehen an. Der Rechtsgelehrte William Phillips, auf dessen eidliche Aussage hin die verfälschten Wahlen zu Seowennoth annulliert worden waren, was die Border Buffions in Wut versetzte, empfing von ihnen den Befehl das Territorium zu verlassen. Auf seine Weigerung ergriff ihn eine Bande Missourianer und schleppte ihn gewaltsam über die Grenze. Dort schoren sie ihm das Haupt, zogen ihn nackt aus, beschmierten seinen Körper mit Teer und wälzten ihn in Federn. Der seltsame Vogel wurde sodann öffentlich ausgestellt und zum Spaß als Sklave ausgeboten. Ein Negersklave vertrat die Stelle als Auktionator und schlug ihn um einen Dollar los. Acht Tage nachher drückte ein Meeting den Patrioten öffentlich seinen Dank aus: dass sie geschoren, geteert, befiedert und durch einen Neger versteigert hätten — William Phillips, den Meineidigen! Das versteht man hier unter Meineid! Im Herbst 1855 gelangte ein Geistlicher aus dem Westen, Beverend Butler, nach Atchison, einer rabiaten Prosklavereistadt. Man kannte seine Anti-Gesinnungen und verlangte von ihm ein schriftliches Bekenntnis für die Sklavenfrage. Nachdem er diese Zumutung abgelehnt hatte, wurde er auf ein aus zwei Baumstämmen bestehendes Floß mit seinem Felleisen und einen Laib Brot gesetzt, dass Floß mit Flaggen voller Schimpfwörter der gemeinsten Art geschmückt und ihm auf die Stirn ein leserliches B. (Beverend) geschrieben; darauf ließ man das Floß auf dem Missouri hinabtreiben und verfolgte dasselbe mehrere Meilen am Ufer entlang. Man vergesse bei dieser Gewalttat nicht, dass die Amerikaner ein bigottes Volk sind und die Geistlichen sonach eine große Verehrung unter ihnen genießen.
Die Prosklavereimänner mordeten, plünderten und kerkerten ein, wen sie wollten, denn dies Verbrechen wurde nicht nur nicht bestraft, sondern gewöhnlich mit öffentlicher Auszeichnung belohnt. Eine weitere abscheuliche Missetat war folgende. Am 21. November 1855 erschoss nämlich bei Hickory Soint ein Prosklavereimann Namens Cöleman seinen abolitionistischen Nachbarn Dou, als dieser an seiner Haustür vorüberging. Der Leichnam blieb liegen, bis Branson, in dessen Hause der Getötete gewohnt hatte, ihn wegtrug und beerdigte. Die Freibodenmänner verfolgten den Mörder bis in das Haus des Gouverneurs; aber die Behörde fand nichts Strafbares an der Tat, vielmehr erließ Richter Jones, der schon erwähnte ehemalige Postmeister, ein Missourianer, der durch mehrfache Verfälschungen eine traurige Berühmtheit erlangt hat, einen Verhaftungsbefehl gegen Branson, zog mit 25 Mann Nachts in dessen Blockhaus und riss mit gespanntem Pistole den Unglücklichen aus dem Bette. Als er aber mit seinem Gefangenen hinwegreiten wollte, sah er sich von einer Anzahl Freibodenmänner angegriffen und musste Branson wieder freilassen. Jones bewog nun den Gouverneur von Missouri, Shannon, das Land und die benachbarte Freibodenstadt Lawrence als aufrührerisch zu erklären und einige Freicorps Border Buffians gegen die Freibodenmänner abzusenden, die sich ebenfalls zur Gegenwehr zusammengescharrt hatten. Daraus entstand nun ein förmlicher gegenseitiger Feldzug. Nicht lange nachher im Dezember aber gelang es dem wegen der Verantwortlichkeit dieser Feindseligkeiten ängstlich gewordenen Gouverneur Shannon eine Art Beilegung der Feindseligkeiten zu vermitteln, worauf die Border Buffians aufgelöst wurden, zum großen Verdruss der Partei, welche ihren eigenen Gouverneur öffentlich einen Verräter an der guten Sache schalt. Die Leidenschaften waren aber einmal aufgeregt. Im Januar 1856 begannen neue Gräueltaten. Ein gewisser Brown, der einen Freibodenmann aus den Händen der Missouriebanden gerettet hatte, fiel einer solchen Bande Patrioten in die Hände und einer von diesen, Namens Gibson, versetzte dem Unglücklichen einen tödlichen Axthieb in den Schädel; die Andern traten den Verwundeten mit Füßen, spritzten ihm Tabakssaft in die Augen und verstümmelten ihn dergestalt, dass er endlich den Geist aufgab. Dieser grausame Mord war abermals in den Augen dieser rohen Menschen „ein konstitutioneller Gesinnungsakt“, d. h. nach Prosklaverei-Begriffen, und die Behörden rührten sich nicht, die Mörder zu bestrafen. Noch blieben die kühlen Freibodenmänner bei ihrem zahmen passiven Widerstande, bis die nachher folgenden Brandszenen die Misshandlung des Senators Sumner ihre Geduld erschöpfte, und sie sich zu Repressalien erhoben, worauf der Bürgerkrieg begann. Es bildeten sich nun auch Freischaaren von Abolutionisten, die den Border Buffians Gefechte lieferten und Gewalt mit Gewalt vertrieben; neue Schandtaten und Frevel gingen daraus hervor. So ging im Prosklavereilager des Generals Atchison ein Border Buffian eine Wette von 6 Dollars ein, er wolle zu seinen Kameraden mit einem „Abolitionisten-Skalp“ heimkehren. Er machte sich auf den Weg und begegnete zufällig einem gewissen Herrn Hops, der einige Tage zuvor mit seiner Frau nach Lawrence gekommen war, wo sein Schwager, ein Geistlicher, im Amte war. Der Buffian fragt den Unglücklichen: wo er herkomme? und auf seine Antwort: aus Lawrence! schießt er ihn ohne Weiteres nieder, zieht ihm dann die Kopfhaut ab und kehrt triumphierend mit dem blutenden Skalp nach Leawensworth zurück. Dies geschah am 19. August. Einige Tage später kam die Witwe des Ermordeten in Begleitung ihres Bruders, des Geistlichen Nute und zwanzig anderen Personen zu den Mördern, um die Leiche ihres Mannes zu verlangen; allein man plünderte die Unglücklichen vollständig aus und warf sie in Ketten; Einer von der Begleitung, der ausreißen wollte, um diesem Schicksale zu entgehen, wurde niedergeschossen und dasselbe widerfuhr einem Deutschen, der unbedachtsam seinen Abscheu gegen diese elende Tat ausgedrückt hatte.
Vorstehendes ist ein auf strengster Wahrheit beruhendes Gemälde von den öffentlichen Zuständen in den gerühmten Freistaaten von Nordamerika.
Die algerische Flotte
Sklavenmarkt in Marokko
Rudersklaven an Bord der Piratengaleere
Afrika Sklavenfang
Roemischer Sklavenmarkt
Sklaven, ihrem Schicksal überlassend
Sklavenhalter mit seinen Frauen und Kindern
Sklavenhalter und Sklave
Sklavenmarkt 1
Sklavenmarkt (2)
Sklavenmarkt (3)
Sklavenmarkt der Seeräuber
Sklavenmarkt in Rom
Sklavenmarkt
Sklavenmarkt in der Antike