Vor einigen Jahren begegnete Frau von Boulainvilliers auf dem Lande einem jungen Mädchen, ...

Vor einigen Jahren begegnete Frau von Boulainvilliers auf dem Lande einem jungen Mädchen, das weinte; sie ist gerührt, ruft die Betrübte zu sich und fragt sie aus. „Madame, meine Mutter ist soeben in dieser Hütte verschieden; ich verliere meine einzige Stütze und das einzige Wesen, das ich zärtlich liebte, ich bin von der ganzen Welt verlassen ...“

„Wer sind Sie, mein schönes Kind, wer war Ihre Mutter?“


„Wir lebten im tiefsten Elend vom Ertrag unserer Hände; mein Name ist Chivry; meine Mutter sagte mir oft, daß wir von edler Herkunft wären, und daß die Ungerechtigkeit des Schicksals . . . Oh! Madame, mein Vater starb vor zwei Monaten im Armenhaus; er hat meiner Mutter einen Pack alter Papiere hinterlassen . . . ich werde sie holen.“

Frau von Boulainvilliers, die aufs äußerste für diese junge Person interessiert ist, zeigt ein Zartgefühl, das keine besondere Erwähnung braucht; es genügt, die Tatsache zu berichten. Sie nimmt Mlle Chivry mit sich und lässt, nachdem sie jemanden mit dem Begräbnis betraut hat, die Papiere holen; man untersucht und bespricht sie mit größter Sorgfalt.

Herr und Frau von Boulainvilliers tun alle nötigen Schritte, um die Wahrheit zu entdecken: Mlle de Chivry und einer ihrer Verwandten, der in der Marine dient, sind die letzten Glieder einer illustren Familie, die in direkter Linie von Henri de Saint-Remy, dem legitimierten Bastard Henri II., Königs von Frankreich, abstammte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.