Man weiß, daß Herr le Mierre von der Académie Francaise nicht gerade ein Narziß zu nennen ist, und daß ...

Man weiß, daß Herr le Mierre von der Académie Francaise nicht gerade ein Narziß zu nennen ist, und daß Herr Palissot sich über die groteske Erscheinung dieses Akademikers in dem vierten Gesang seiner Dunciade lustig gemacht hat.

Nun befand sich le Mierre dieser Tage in einem Klub mit dem Marquis de Sade, einem jener angenehmen Herren, deren Ruhm darin besteht, daß sie die anderen mystifizieren und die Frauen mit Erzählungen ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Abenteuer langweilen. Der Marquis, der den Dichter zu persiflieren wünschte, fragte ihn, wer der schönste Mann der Akademie sei. „Ich habe niemals aufgepaßt,“ antwortet dieser boshaft, „und ich glaubte, daß man sich nur in gewissen Kreisen, die in der guten Gesellschaft nicht genannt werden, mit Männerschönheit beschäftigt.“ Dieses Epigramm ist um so beißender, als der Marquis de Sade im Ruf steht, nicht die Frauen allein zu lieben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.