Im ,Journal de Paris‘ hat Dr. Retz veröffentlicht, daß er einen Kutscher dafür zu belohnen wünscht, daß er ihn nicht ...

Im ,Journal de Paris‘ hat Dr. Retz veröffentlicht, daß er einen Kutscher dafür zu belohnen wünscht, daß er ihn nicht überfahren habe. Man behauptet, dies sei ein boshafter Witz, und daß der Kutscher, falls er sich zu dem Arzte begeben hätte, anstatt mit einem Louis mit Peitschenhieben traktiert worden wäre. Ein Ludwigsritter machte in der letzten Woche nicht so viel Umstände; da er sich in der Rue des Petits-Champs im Gedränge und in Gefahr fand, von einer bürgerlichen Kalesche überfahren zu werden, nachdem er verschiedentlich deren Kutscher angerufen hatte, anzuhalten, fegte er ihn mit einem Stockhieb von seinem Sitz herunter; man hielt den Wagen an, und der Besitzer begann, den Kopf aus dem Wagenfenster gestreckt, den energischen Fußgänger etwas heftig zu apostrophieren; der ihm jedoch, ohne seine Ruhe zu verlieren, antwortete: ,Das Leben eines ehrlichen Bürgers, der seinem Vaterland nützlich sein kann, kann auf keine Weise dem eines unverschämten Dieners, der gedungen ist, Passanten zu überfahren, gleichgestellt werden. Ich habe geschworen, keinen zu verschonen, und wenn Ihnen das mißfällt, mein Herr, so steigen Sie aus, und ich werde Ihnen Genugtuung geben.‘ Als der Besitzer des Wagens sah, mit wem er es zu tun hatte, bot er dem Chevalier seine Entschuldigungen; der unverletzte Kutscher kletterte wieder auf seinen Sitz, wurde gemaßregelt, und alles verlief in schönster Höflichkeit.

Wenn ähnliches öfter vorkommen sollte, würde man es seltener erleben, daß unnütze Frechlinge sich ein Spiel daraus machen, alles, was ihnen in den Weg kommt, umzuwerfen und zu überfahren.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.