Ein Generalpächter liebte seine Frau und glaubte sich von ihr angebetet. Es war ihm grausame, beispiellose Lust, ...

Ein Generalpächter liebte seine Frau und glaubte sich von ihr angebetet. Es war ihm grausame, beispiellose Lust, über andere Frauen Böses zu schwatzen. Er insultierte die Opfer ihrer Galanterien, und nach seinen vielen Schimpfreden gegen beide Geschlechter, pflegte er sein eigenes Schicksal zu rühmen: „Ich, für meinen Teil,“ sagte er, „daß mir das Glück aller anderen zufällt, ich liebe meine Frau sehr und sie ist aus Liebe zu mir ganz toll.“ Unser Finanzier schlief ganz friedvoll über diesem glücklichen Gedanken. Da empfängt er ein Billett, das diese Worte enthält:

„Sie sind ein Frechling mit ihrem ewigen Glück, das Sie uns unter die Nase reiben, mein Freund. Sie sind ein Hahnrei, wie jeder andere auch, und wenn Sie sich morgen früh mit eigenen Augen davon überzeugen wollen, so steigen Sie gegen neun Uhr auf Ihren Boden, und Sie werden Madame in einer unzweideutigen Situation treffen.“


Der Finanzier zerreißt das Billett in Fetzen und bleibt fest davon überzeugt, daß diese Nachricht nichts weiter als eine ihm zugedachte Beleidigung sei. Dennoch entschließt er sich, das Abenteuer zu wagen. Am nächsten Morgen steigt er zur angegebenen Stunde zum Boden herauf, und noch ehe er sieht, hört er sehr deutlich diese Worte: „O, Guillaume, lass doch deine Pferde und kuriere mich lieber, denn ich habe es mehr als nötig. Dieser Tölpel, mein Mann ...“

Der wütende Gatte lässt sie nicht vollenden, und stürzt sich nach der Richtung, aus der diese galante Unterhaltung tönt. Seine Frau erblickt ihn und zieht sich majestätisch zurück; er will sie schlagen; sie darauf wie ein neuer Themistokles: „Schlage, aber höre mich an; ich habe eine tolle Lust danach gehabt, und dein Kutscher erschien mir ein unbedeutender Mensch; glaube mir, ich liebte dich deshalb nicht weniger; wir wollen uns über solche Bagatellen des Temperaments nicht erzürnen, mein Freund, das Herz allein ist alles.“ Der Finanzier war vor Staunen unbeweglich und verblüfft; diese Kühnheit seiner Frau hatte er nicht erwartet. Zwar nahm er dieses Geständnis nicht als einen Scherz, aber er war dumm genug, seine Geschichte zu verbreiten; man schließe daraus, wie sehr er blamiert war. Er handelte keineswegs wie jener vernünftige Gatte, dem seine Frau nach seiner Rückkehr aus Amerika sechs hübsche Kinder präsentierte; er fragt sie gelassen: „Wer sind diese Liebesgötter?“ — „Nun, dies sind unsere Kinder“, antwortet ernsthaft die ehrbare Dame. — „Ich dachte nicht, eine so liebenswerte Familie vorzufinden.“ Und einen Moment später: „O nein, meine Liebe, wir werden keine anderen mehr machen, wir haben hier genug, nicht wahr?“ — „Wie Du willst, mein Freund.“

Dies war der wahre Held von einem französischen Gatten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.