Die Zukunftsschule ein Kunstwerk der Zukunft.

Wenn die Zukunftsschule ein Kunstwerk der Zukunft sein soll, so müssen vor allem ihre Lokalitäten, in denen die Schüler Zehntausende von Stunden während ihrer Jugendzeit verbringen müssen, alten Regeln der Hygiene entsprechend beschaffen sein, damit die Kinder, die wir blühend und frisch in die Schule schicken und schicken müssen (und der Schulzwang wird ja immer bestehen bleiben, weil er ein sehr nützlicher Zwang ist), nicht gezwungen werden, an ihrer Gesundheit Schaden zu nehmen.

Für die Hygiene der Schullokalitäten ist der natürliche Sachverständige der Arzt, nicht der Techniker und nicht der Lehrer.


In der Zukunftsschule wird also kein Lokal geduldet werden, welches nicht vorher aufs sorgsamste von einem Arzte geprüft worden. Der Bauplatz und der Bauplan einer neuen Anstalt wird vom Arzte namentlich im Hinblick auf Baugrund, auf Zahl, Lage und Größe der Fenster etc. begutachtet werden, noch bevor das Gebäude errichtet wird. Allein auch das hellste Schulgebäude kann später verdunkelt werden, wenn Häuser in seine unmittelbar Nähe gebaut werden. Daher wird der Schularzt schon beim Ankauf von Terrain darauf sehen, daß der Schule auch in Zukunft niemals das Licht entzogen werden kann. Der Schularzt wird den Bau überwachen und nur die besten Ventilations- und Heizvorrichtungen und die körpergerechtesten Schultische anbringen lassen. Auch die Einteilung der Räume ist seine Sache. Es ist gar nicht nöthig, daß der Direktor die hellste Wohnung im zweiten Stock bekommt; ihm schadet allenfalls etwas Finsternis im Parterre nicht; er kann sich den Tisch ans Fenster rücken; wohl aber schadet den Schülern die Dunkelheit im Erdgeschoss. Auch die schöne Aula, die so selten benutzt wird, wird der Schularzt der Zukunft in das dunkle Parterre legen lassen; gleichviel ob die Architekten das mit ihrem Schönheitsgefühl vereinigen können oder nicht; die oberen Stockwerke aber wird er alle zu Klassenzimmern bestimmen.

In der Zukunftsschule wird jedoch auch kein altes Lokal geduldet werden, welches nicht von einem Arzte in hygienischer Beziehung genau geprüft und für gut befunden worden ist. Grade in dieser Hinsicht sind viele unserer alten Schuten ganz jammervoll. Man kann dreist behaupten, daß von den 60.000 Schulen in Deutschland über 50.000 existieren, die nie ein ärztlicher Fuß betreten hat. Bevor nicht eine vom Staate angeordnete hygienische Revision aller bestehenden alten Schullokale durchgeführt sein wird, ist an Besserung nicht zu denken. Denn unzählige Übelstände entziehen sich bisher der Abhülfe, weil kein Mensch da ist, der sie vom hygienischen Standpunkte besichtigt und darüber an die Behörde berichtet. Und die Revision der Lokale wird in Zukunft nicht eine einmalige, sondern eine stetige sein.

Hier in Breslau, wo die allerältesten und schlechtesten Schulzimmer immer weiter benutzt werden, wäre eine solche Revision auf das dringendste nöthig. Damit der Stadt keine Kosten erwachsen für Schulärzte, die sich wirklich der Inspektion und fortlaufenden Prüfung der Anstalten unterziehen, erboten sich mit mir im Jahre 1886 bekanntlich noch 56 andere Kollegen, die freiwillig und unentgeltlich als Schulärzte an den 1.000 hiesigen Klassen, in denen über 50.000 Schüler sitzen, wirken wollten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Schule der Zukunft.