Die Bedeutung des passenden Schulmobiliars.

Der Schularzt der Zukunft wird seine spezielle Aufmerksamkeit auf die Subsellien zu richten haben. Schon vor 25 Jahren habe ich über dieses wichtige Schulmobiliar eine Reihe von Vorträgen gehalten. Alle Ärzte waren schon damals einig, daß man beim Arbeiten nicht gerade sitzen könne an einem Tisch, der vom Stuhle abstehe, sondern daß man beim Schreiben den Stuhl unter den Tisch heranrücken müsse. Die schlesische Gesellschaft hatte in einer Denkschrift im Jahre 1866 den Magistrat auf die Einführung richtig gebauter Bänke aufmerksam gemacht. Solche wurden aber vom Magistrat nicht eingeführt. Als ich vor 17 Jahren in einem Vortrage darauf hinwies, daß, obgleich alle Ärzte die Notwendigkeit der Minusdistanz beim Schreiben verlangen, unbegreiflicherweise die Stadt Breslau im neuen Johannes-Gymnasium wieder die alten Bänke mit unveränderlicher Plusdistanz aufgestellt habe, wurde ich mit zwei anderen Ärzten in die städtische Schuldeputation eingeladen, um über neue Subsellien mitzuberaten. Da aber die weitaus größte Mehrzahl der Deputation aus Schulmännern bestand, die erklärten, ,,auf die paar Zol1 Distanz beim Schreiben käme es nicht an, dagegen würde das schnelle Aufstehen gehindert, wenn die modernen Bänke kämen“, so wurden wir Ärzte überstimmt und die weitere Anfertigung völlig falsch gebauter Subsellien für die neuen Breslauer Schulen beschlossen. Ich schied daher im März 1873 aus der Kommission aus mit einem Separatgutachten, das noch bei den städtischen Akten liegen muss, in dem ich erklärte, daß, sobald die Minusdistanz im Prinzip abgelehnt sei, eine nutzbringende ärztliche Tätigkeit bei weiteren Beratungen unmöglich wäre, daß ich aber überzeugt sei, die Zeit werde kommen, wo auch die städtische Schulverwaltung zu Breslau zu der Einsicht gelangen werde, daß der Kernpunkt der Subsellienfrage in der negativen Schreibdistanz liege. Allerdings hat es 14 volle Jahre gedauert, bis die Stadt Breslau, freilich erst nachdem die Kgl. Regierung die Minusdistanz vorgeschrieben, sich entschloss, die neuen Bänke für neue Schulen richtig bauen zu lassen. Inzwischen sind Tausende und aber Tausende von Kindern auf falsche Subsellien gesetzt worden und noch heute sitzen sie mit geringen Ausnahmen falsch. Denn sie werden in einer und derselben Klasse bunt durcheinander an Pulten, die nicht für ihre Größen passen, untergebracht, statt daß sie an verschieden großen Modellen nach ihrer Körpergröße platziert werden. Kaum 3.000 von den 50.000 hiesigen Schulkindern sind ihren Größen entsprechend gesetzt.

Es ist auch gar kein Schritt geschehen, um in den alten Schulen die ganz billigen Verbesserungen der alten Bänke vorzunehmen. Es kümmert sich eben Niemand darum, ob noch viele Generationen an den alten Tischen krumm sitzen; es fehlt eben der wirkliche, der inspizierende, sich dafür interessierende und mit den nötigen Machtvollkommenheiten ausgerüstete Schularzt. -



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Schule der Zukunft.