Abschnitt 8

Die Schalfahrt im 16. Jahrhundert und ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung


Wie sehr man darauf aus war, die Hudenplätze zu Ansiedlungen zu benutzen, geht aus der immer wiederkehrenden Bitte der Hudenleute, sich etwas Vieh halten zu dürfen, hervor. Diese Bitte wird immer wieder abgeschlagen, und das Verbot ebenso oft heimlich übertreten. Als daher 1564 die Herzöge Wilhelm und Heinrich von Braunschweig in ihrem Amte Bleckede am Schwarzen Wasser in der Teldau einen Holzplatz verkaufen, machen sie sich ausdrücklich aus, daß der Platz nur für das Holz da ist, und daß niemand darauf gesetzt wird, der Vieh, Gänse, Enten oder Hühner hält. Sie verkauften ihn für viertehalbhundert Taler mit einem jährlichen Erbzins von 30 . . . lübisch, zahlbar zwischen Michaelis (29. September) und Martini (11. November). Im Jahre 1574 verschaffte sich der Lüneburger Rat noch einen Holzplatz an der Wappau, und so war er auf der ganzen Strecke vom Schalsee bis zur Mündung in die Elbe mit Niederlagen versehen.


Selbstverständlich wollten die Boizenburger den Lüneburgern nicht nachstehen. Auch sie bewarben sich um Stapelplätze. Ihre Eingaben waren von Erfolg gekrönt, z. B. 1587, wenn es heißt: Die Boizenburger sollen zu Aufsetzung ihres von oben gebrachten Holzes eine Hude auf der Heide unter der Schalmühle haben und behalten. Um den Lüneburgern auch auf der unteren Sude nicht nachzustehen und um sich vor Diebereien zu sichern, bat das Schiffamt 1599 um Anweisung einer Stelle am Bandekower See zur Erbauung eines Katens. Herzog Ulrich gab die Erlaubnis für den Fall daß sie den Schuppen auf eigne Kosten erbauten. Diese Holzhuden mußten gewöhnlich nach Anweisung angelegt werden. Eine solche gibt die Bestimmung von 1567 für die Hude bei der Blücherschiffschleuse. „Sie muß mit notwendigen Dämmen und Zäunen umgeben sein. Der Zaun soll auch mit Rat des Amtmannes allhier soweit vom Wasser weggesetzt werden, daß ein geraumer Mühlenweg, zum wenigsten zu zweien Wagen des Orts bleiben möge.“

Überhaupt waren sowohl die Herzöge als auch die Bewohner der Ortschaften an der Schale und Sude eifrig darauf bedacht, daß durch die Schiffahrt und die Schleusenanlagen nicht etwa die Verbindung zwischen Ost und West unterbrochen werde. Im Laufe der Jahre entstanden eine Menge Brücken, so bei Zarrentin, bei Kogel, bei Bennin, bei Bengerstorf, bei Zahrensdorf, bei Blücher, bei Gülze und über die Sude bei Bandekow. Diese sind die größeren Brücken, durch welche die direkten Landstraßen vom Osten des Herzogtums her nach der Elbe und dem Süden zu weiter geführt werden. Außerdem werden immer wieder Brücken an jeder Dorfstelle gefordert, ganz besonders dringend für die Sude. Als Grund geben 1567 Herzog Ulrich und die Leute von Gülze und Bandekow an, daß die Furt durch die dritte zu erbauende Schleuse zu tief werden würde, und es darum vonnöten sei, daß man jeder Dorfstelle, Bandekow und Gülze, eine Brücke des Orts über das Wasser, die Sude-Schale genannt, erbaue. Sonst müsse zur Zeit der Ernte die Schleuse so gestaut werden, daß die Überfuhr nicht gehindert erde.

Dieser eine Fall spricht für die andern. Durch die Schleusenanlagen waren die Landleute der Furten nicht mehr sicher, und um sich Umwege zu ersparen, verlangten sie Brücken. Hin und wieder waren auch die bestehenden Brücken den Verhältnissen nicht entsprechend, was besonders bei der Gülzer Brücke zutreffend war. Der wandernde Mann und die Fuhrleute beschwerten sich darüber, daß, wenn sie sich mit Getreide und Korn nach Lüneburg begeben wollten, sie dann Hindernisse hätten an der Gülzer Brücke vor der Teldau. Besonders, wenn großes Wasser wäre, sei die Brücke schon mehrmals abgeworfen worden, so daß sie den Heerweg gehen mußten, was ihnen große Unkosten verursacht hätte. Was die großen Wasser anlangt, so war gerade diese Gegend, Gülze, Bandekow und weiter nach Süden zu in die Teldau hinein eine von Unwettern häufig heimgesuchte. Die Elbe brach des öfteren aus ihren Ufern und einmal so verheerend, daß Herzog Ulrich an die Anlage eines Abzugskanals nach dem Schwarzen Wasser zu dachte und Vermessungsbeamte in die Teldau schickte.

Über die Art der Brücken sind wir wenig orientiert. Wahrscheinlich sind vielfach Ketten- oder Zugbrücken in Anwendung gekommen. Wir entnehmen das aus einer Bemerkung in Salinaria 301, in welcher der Rat von Lüneburg sich einverstanden erklärt, den Mecklenburgern auf ihr vielfaches Bitten die Ketten- oder Zugbrücke zu Gülze zu gewähren. Sie sowohl als auch die unaufziehbaren Brücken sind von Holz, niedrig und kaum gebogen, kaum gewölbt. Die fürstlichen Herrschaften ihrerseits setzten es durch, daß Fähren gehalten wurden, eine solche war zum Beispiel im Schwarzen Wasser bei Wappau für die Herzogin von Mecklenburg. In der Nachricht darüber heißt es, es solle ein Prahm verfertiget werden, damit man einen Wagen mit zwei oder drei Pferden überholen könne.

Sollte hingegen der Verkehr auf dem Flusse gesperrt werden, sei es, daß man Diebereien verhindern, sei es, daß man die Schiffsfahrt untersagen wollte, so legte man einen Baum quer über den Fluß, wie dies zu Wappau geschah Wegen der Holzdiebe oder zu Bennin auf Befehl Herzog Christophs.

Der Rat zu Lüneburg mußte die Brücken erbauen und erhalten auf seine Kosten für und für. Sehr bald stellte sich jedoch für die Lüneburger heraus, daß es außerordentlich unbequem war, fortwährend Arbeiter zu den Reparaturen an die Schale zu schicken. Sie übertrugen deshalb ihre Verpflichtung auf das Amt zu Boizenburg, indem sie sich durch bestimmte jährliche Geldzahlungen ablösten. Die Gelegenheit dazu fand sich bei den Besprechungen wegen der Unterhaltung der drei Brücken zu Blücher, Zahrensdorf und Bennin und wegen Erbauung der neuen Brücke in Gülze und Bandekow.

„Weil die Lüneburger schuldig sind, sie zu unterhalten, und weil sie des Orts kein Holz und keine Dienste haben, haben sie versprochen zu einer jeden jährlich 10 Gulden den Amtmännern zu Boizenburg auf Martini zu erlegen und zu bezahlen. Da es aber noch nicht nötig, zwei Brücken in Gülzow und Bandekow vermöge des 1567 aufgestellten Vertrages anzurichten und doch daselbst den armen Leuten, wenn die Schleusen eröffnet und aufgezogen, beschwerlich fürfallet, ihr Vieh und Kähne durch die gewöhnlichen Fohrde zu bringen, also ist von den Lüneburgern eingewilliget, daß sie die Brücke, soweit der rechte Strom und Schiffen gehen, zwischen obgemelte Dörfer Gülzow und Bandekow, da es ihnen am gelegensten sein wird, auf ihre Unkosten wollen erbauen.“

Herzog Ulrich stand ihnen wie immer mit Hülfeleistungen bei. Er schenkte ihnen zu dem Behufe zehn Stück Hölzer und gab den Befehl, die Bauern sollten an beiden obberührten Dörfern an den Ufern des Ortes, da die Brücken gelegt werden, bis an den Strom zu bollwerken schuldig sein und sich dann zugleich derselbigen Brücken ihrer Gelegenheit und Notdurft nach bei Winters- und Sommerszeit neben den gewöhnlichen Furten gebrauchen. Sollte eine Brücke zu Bandekow sich doch noch als nötig erweisen, so müssen die Lüneburger die zehn Gulden jährlich einzahlen.