Abschnitt 17

Die Schalfahrt im 16. Jahrhundert und ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung


Man könnte nun allenfalls von dem Reingewinn den Durchschnitt ziehen und sagen, bei der ersten Rolle beträgt er für 1 Jahr rund 173 . . . , vorausgesetzt, daß man die beiden Schleusenperioden betonen will, für das volle Jahr ist die Summe schon oben erwähnt. Bei der zweiten Rolle beläuft er sich, in . . . ausgedrückt, auf 248 . . . 6 ß 3 . . . Im Grunde aber ist solche Berechnung ein Unding. Denn beide Rollen liegen zeitlich 20 Jahre auseinander, und beide bieten zu wenig Stoff, da sie zusammen nur einen Zeitraum von 4 Jahren umfassen. In dieser kurzen Spanne Zeit schwanken die Einnahmen ganz bedeutend. Die beiden Schleusenperioden differieren Herbst 1581 und Frühjahr 1582 um rund 40 M, 1603 und 1604 zeigen einen Unterschied von rund 25 . . . , 1603 und 1605 von ungefähr 120 . . . Beide Rollen haben nur insofern einen Wert, als sie zeigen, mit was für Summen hier bei den Zollstätten überhaupt zu rechnen war, und ob der Hauptzoll zu Vietow und Kölzin mehr Gewinn abwarf als der zu Blücher, was man in relativem Sinne behaupten kann, da von diesen beiden Zollstätten die wichtigsten Ausgaben gedeckt wurden.


Wie wir über die Einnahmen von der Schalfahrt in dieser Zeit nur sehr ungenügende Nachrichten besitzen, so auch über die Ausgaben. Was der Bau gekostet hat, erfahren wir nur gelegentlich der Streitigkeiten zwischen dem Rat einesteils und den Herzögen und dem Schiffamt andernteils, bei denen dann hie und da hervorgehoben wird, daß die Lüneburger auf der Schale Rechte zu behaupten und zu fordern hätten, weil ihre Väter sich das Werk etliche 1000 Tlr. hätten kosten lassen.

Wie teuer die Unterhaltung der Schalfahrt war, ist bei der wenig genauen Rechnungsführung nicht bestimmt zu sagen. Wir besitzen nur einen: „Unvorgreiflichen Überschlag, was die Schalfahrt im Fürstentum Mecklenburg nach gegenwärtigem Zustand auf ein Jahr zu unterhalten kostet“. Er ist von unbekannter Hand, auch ohne Datumsangabe, jedenfalls aber aus den 90er Jahren oder dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Als laufende Ausgaben werden bezeichnet:

Die Besoldung:

Tabelle 1

Also betrugen die jährlichen Unkosten rund 1000 . . . , die jedoch zum größeren Teil die Stadt Lüneburg zu tragen hatte. Nach dem ungefähren Überschlag des Einkommens an der Hand der beiden erwähnten Zollrollen kann man dann wohl behaupten, daß auf der Schalfahrt Einnahmen und Ausgaben sich so ziemlich die Wage hielten, ja, daß in guten Jahren ein kleiner Überschuß an Zoll erzielt werden konnte.

Die Unkosten wurden mit den Zollerträgen verrechnet und mit den 1400 . . . Zinsen der fürstlichen Häuser zu Schwerin und Güstrow, die sie dem Rat zu Lüneburg für ein entliehenes Kapital von 28 000 . . .jährlich zu zahlen schuldig waren. Dazu kommt, daß die mecklenburgischen und lüneburgischen Zöllner gegenseitig im Auszahlen saumselig waren, oder daß manch einer seinen Betrag schuldig blieb, wie wir das aus der Zollrolle von 1605 ersehen. Was Wunder, wenn wir heute eine Rechnung hier, die andere dort aufgezeichnet finden, aber ein einheitliches, zusammenhängendes Ausgaberegister vermissen, und der größte Teil überhaupt nie fixiert wurde, für die Ämter wurde die Buchführung wohl durchgesetzt, aber bei den Kanälen war die Kontrolle für die damalige Zeit zu schwierig.

Sie war hier schon darum schwierig, weil an der Schalfahrt mehrere Herren beteiligt waren, die zwar alle drei, die Herzöge sowohl als die Boizenburger und die Lüneburger eifrig darauf bedacht waren, von ihren Machtbefugnissen und Privilegien nichts aufzugeben, die es aber verabsäumt hatten, ihre Interessen gegenseitig in Einklang zu bringen. So zeigten sich bei der Ausübung der Gerechtsame fortwährend neue Unklarheiten, welche die verschiedensten Deutungen zuließen. Jede Partei suchte sie zu ihren Gunsten auszulegen, was natürlich den Unwillen der anderen hervorrief.

Zunächst hatte man in den Zollrollen nur die allgemeinen Bezeichnungen für Münzen, Maße und Gewichte gebraucht, ohne daran zu denken, daß jeder Staat die Menge der betreffenden Größe selbst bestimmte. So wurde fast allgemein nach . . . , ß und . . . gerechnet, seltener nach fl. Schon die Mark hatte in den einzelnen Staaten einen verschiedenen Silbergehalt, aber sie wurde wenigstens zu 16 ß angenommen, während beim Gulden auch die Teilung eine verschiedene war. Sein Wert schwankte zwischen 1,70 . . . und 2,40 . . . Etwas ganz Besonderes aber gestatteten sich die Mecklenburger, indem sie den fl = 24 ß, also 1 1/2 . . . , ansetzten, wie die Zollrolle von 1602-1605 zeigte, Ähnlich stand es mit den Maßen. Es war üblich, den Wispel Getreide zu 24 Scheffel anzunehmen, die Boizenburger verzollten jedoch den Wispel nach Rostocker Maß, das nur 18 Scheffel enthielt.

Bei dem Holzmessen kam das Campmaß in Anwendung, das nach späterer Vorschrift 3 Schuh lang sein sollte, aber gern auf 2 Schuh herabgedrückt oder auf mehrere Schuh verlängert wurde.

Bei solchen Verschiedenheiten war es nicht zu verwundern, daß jeder an seinen eigenen Vorteil dachte, und daß die Schiffer ihren Maßen etwas zusetzten, während die Zöllner sie zu verringern trachteten. Ebenso selbstverständlich aber war es, daß der Benachteiligte sich beklagte. Die Streitigkeiten sind schier endlos. Die Zöllner beklagen sich bei dem Herzog, daß ihm so und soviel an Zoll entgehe, dadurch, daß die Lüneburger die Faden höher machten, und daß die Holzhauer und Verkäufer die Maße um ihres Nutzens willen änderten, obgleich doch das Campmaß das rechte Maß sei. Gegen diesen Unfug wurde 1587 eingeschritten, indem man bestimmte: Das Campmaß hat und behält, wie bisher gebräuchlich gewesen, drei Schuh Länge ein jedes Stück, ferner soll zu Kölzin ein eisernes Maß von 3 Schuh aufgehangen werden, nach dem solche Holzhauungen in Zukunft zu richten sind.

Kamen die Boizenburger mit ihrem Holz nach Hamburg, so mußten sie es ertragen, daß die Brauer ihnen ihr Fadenholz obendrein mit „spitzigen Worten“ 3, 4 ja 5 Holz über das angeschlagene Maß setzten, wodurch sie einen großen Schaden erlitten. Trotzdem unterwarfen auch sie sich nicht gern festen Vorschriften, gab es doch Leute, die 1598 versuchten, wieder eine Änderung bezüglich des Campmaßes einzuführen durch die Behauptung, das Normalmaß zu Kölzin hätte nur 2 Schuh, die aber in der Relation von 1598 zurückgewiesen wurde. Winterfeld erklärt darin, er habe in den verflossenen 11 Jahren nur ein Campmaß zu 3 Schuh gesehen und das Maß zu Kölzin zu 2 Schuh sei ihm neu, aber vielleicht sei es für eine bestimmte Person gemacht, nach der man sich freilich nicht richten könne. Von nun an bleibt es bei den gesetzlichen 3 Schuh.