Abschnitt 4

Die Sage vom Feuerreiter


Ganz andes aber liegt die Sache in folgender Sage: „Der alte dreißigste Herr von Gera, der sich mit Eifer und Geschick des Feuerlöschwesens annahm, galt als einer, der das Feuer durch Umreiten zu ersticken vermochte. An vielen Orten mag ihm dies gar wohl geglückt sein, und auch im Jahre 1780, als Gera in Flammen stand, will man ihn gesehen haben, wie er hoch zu Roß, von einem Diener gefolgt, in rasender Eile die Stadt umjagte, - - aber diesmal war sein Wagestück umsonst, denn das Feuer war verflucht! Die Frau, die es beim Räuchern eines Schweinestalles entzündete, hatte nämlich dem ins Stroh fallenden Funken nachgerufen: „Ei, du verfluchter Funke!“ - Der Glaube an die Wirkung des Zaubers ist hier wohl noch als unerschüttert anzunehmen, man sucht nach einer Erklärung des Versagens und findet sie in dem Fluche. Damit ist die Flamme gegen eine helfende Besprechung gefeit. Ob hier nicht der Gegensatz von schwarzer und weißer Magie vorliegt? Man meinte wohl, wie oben schon angedeutet, daß die Fürsten und Herren zum Feuerlöschen einen inneren Beruf hätten, daß ihre Hilfe also doch schließlich Gotteswerk sei. Wenn aber Unberufene dazu kamen, dann war es Teuselswerk. Unser Volk empfindet dies auch jetzt noch sehr wohl. Es hat überall ein gewisses Grauen vor Leuten, die sich mit dem Besprechen von Not und Krankheit abgeben, es geht ihnen aus dem Wege, will nichts mit ihnen zu tun haben. Das hindert freilich nicht, daß man sich im Falle der Not doch an sie wendet. Ihre Wundermittel aber, so meint das Volk, können wohl eine Zeitlang helfen, schließlich aber wirken sie nicht mehr, und die Besprecher finden den Untergang, wie wir das aus der Dichtung Mörikes kennen. Der Teufel holt die ihm verfallenen Seelen.


Nun wird fast regelmäßig gesagt, daß der Feuerreiter bei der Besprechung des Feuers einen Feuersegen gesprochen habe. Diese sind uns in großer Anzahl überliefert. Sie lassen sich alle auf zwei Grundformen zurückführen, wie wir sie übrigens entsprechend bei allem Wortzauber finden: Einmal hören wir ganz unverständliche Worte oder einen frommen Spruch mit Anrufung Marias, Christi oder der Heiligen. Als Beispiel für die erste Form diene folgendes: „Siehst du ein Feuer aufgehen, so umgehe oder umkreise es dreimal und sprich:

Alla: Liga Loica.
Alla: Liga Loica.
Alla: Liga Loica.

Der Versuch einer Deutung führt zu keinem Ergebnis. Wichtiger sind für uns die Beispiele der zweiten Gruppe. Wenn hier die heiligen Personen angerufen werden, so ist sicher, daß es sich dabei ursprünglich um heidnische Götter handelte. Ich will zur Parallele nur hinweisen auf die christlichen Umdeutungen des Merseburger Zauberspruches von der Heilung des Pferdes: für Phol und Wodan, Sinthgunt und Frija treten Petrus und Maria ein.

Ein Feuersegen aus Mecklenburg gibt folgende Anweisung: Beim Umjagen des Hauses „sprich bei der Haustür das erste Mal:

Füer, Füer, Füer,
Wat blökst un smökst du hier?

Beim zweiten Male:

De Bös hett di anbött,
De Bös di brennen lett.

Beim dritten Male:

Gott Vadder schall redden,
Gott Söhn di utpedden,

Gott Geist di utpusten,
In’t Water di pusten.
Kumm mit! Kumm mit! Kumm mit“

Es folgt der eilige Ritt zum fließenden Wasser.

Oder ein anderer Spruch:

„Gott grüße dich, liebes feuer,
mit deiner flamme ungeheuer.
Das gebeut dir der heilige Mann
Jesus, du sollt stille stan,
und mit der flamme nit für baß gan!
Im namen usw.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sage vom Feuerreiter