Nach dem Verlust eines Liebesobjektes müssen wir zweierlei

Nach dem Verlust eines Liebesobjektes müssen wir zweierlei Momente ins Auge fassen: Erstens wird, was schon hinlänglich bekannt ist, als Ersatz eine Identifizierung mit ihm vorgenommen. Zweitens geht dieser Identifizierung mit einem verlorenen Liebesobjekte ein in der Richtung des magischen Denkens liegender vorbewusster Akt voraus, der das verlorene Liebesobjekt neu schaffen möchte. Ich berufe mich da auf den sogenannten „Analogiezauber“. Wenn die Bauern in manchen Ländern auf den Feldern in die Höhe springen, um dadurch zu bewirken, daß die Saat hoch wachse, machen sie der Saat vor, was sie von ihr wünschen. Solche magische Prozeduren werden ausführlich von Freud im III. Kap. von „Totem und Tabu“ erwähnt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die interessante Analogie zwischen einem Glauben der Primitiven und der Tatsache hinweisen, daß es, wie erwähnt, für das Unbewusste keinen Unterschied gibt zwischen dem Abbilde eines Menschen und dem Menschen selbst. Wenn der Primitive einem Feinde etwas Übles zufügen will, so fügt er es seinem Abbilde zu.

In der Kunst findet die Schaffung eines Objektes durch die „Allmacht der Gedanken“ einen realen Ausdruck. Wird die Imageverdrängt, wie z. B beim Über-Ich, so verliert sie die Ausdrucksmöglichkeit, d. h. die vbw. Besetzung. In der Kunstleistung findet sie, auf eine Ersatzbildung verschoben, diese Möglichkeit wieder und bricht zum Vbw. (Bw.) und dadurch in die Realität durch. In diesem Sinne ist die ganze Atmosphäre, die der Mensch um sich schafft, um sein Über-Ich zu erhalten, von Triebverzicht und Selbstbestrafung angefangen bis zur Formulierung der Moral und dem Entstehen des Gotteskultus, eine einzige großartige Kunstleistung.


Die hier vorgebrachten Ausführungen sollen als eine vorläufige Mitteilung gelten. Ich weiß, daß die Ergänzung, die ich zur Auffassung des Ober-Ichs gebracht zu haben glaubte, von anderen Psychoanalytikern erst nachgeprüft werden muss, bevor ihr eine Bedeutung zuerkannt werden kann.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Regression und Projektion im Über-Ich