Die Rawlinson'sche Ausgabe des Herodot.

Nordische Revue. Bd. 1. Internationale Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben.
Autor: G. E. Dr. (?), Erscheinungsjahr: 1864

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Herodot, Keilschrift, Ägypten, Babylon, Wissenschaft, Gelehrtenwelt,
Inhaltsverzeichnis
  1. Erste Fortsetzung
Die Engländer laufen da, wo es gilt, mit großen materiellen Opfern wissenschaftliche Unternehmungen zu unterstützen, allen andern Nationen den Rang ab. Besonders reiche Mittel sind in den letzten Jahrzehnten auf die Ausstattung gelehrter Werke verwendet worden. Eine wissenschaftliche Arbeit wird, wenn sie eines gewissen Aufwandes an typographischen und artistischen Mitteln bedarf, in Deutschland nur von wenigen Verlegern, die sich meistens um die Unterstützung ihrer Regierungen bewerben, unternommen; denn die deutsche Gelehrtenwelt ist leider so gestellt, dass sie sich nur in seltenen Fällen teure Werke kaufen kann, und die wohlhabenden Laien geben gemeiniglich, wie Adolph Stahr einstmals einer hohen Frau sagen durfte, weniger Geld für Bücher, als ihre Frauen für Handschuhe aus. In England besitzt jeder wohlhabende Privatmann sein Bibliothekzimmer, in dem keine bedeutende Novität fehlen darf; bei uns zu Lande ist man schon zufrieden, wenn man einen Bücherschrank, in dem die Klassiker und einige andere, meist ausländische Autoren, in hübschen Einbänden stehen, sein eigen nennt. Bei uns sind Gelehrsamkeit und Dürftigkeit zwei so verwandte Begriffe, dass der alte, witzige Anselm Rothschild seinem Enkel, der ihn bei Tische fragte, wo eigentlich die Heimat der Ananas sei, welche man gerade verzehrte, antworten konnte: „Mein Sohn, das wissen diejenigen, welche keine zu essen haben!"

Wenn wir trotzdem nicht zaudern, die deutsche Gelehrsamkeit höher zu stellen, als diejenige aller anderen Völker, so haben wir das nur der Unverwüstlichkeit unserer ideellen Naturanlage zu verdanken. Die Dotationen der Lehrstühle und die Honorare der Verleger gelehrter Werke sind wahrhaftig nicht danach angetan, der Wissenschaft neue Jünger zuzuführen; die Sache der Wissenschaft wird aber von den Deutschen so hoch gehalten, dass sich stets Tausende finden werden, welche bereit sind, auch ohne Sold unter ihren Fahnen zu dienen. — G. Budé sagt einmal, die Wissenschaft gleiche einem schönen Mädchen ohne Mitgift. Dies Bild lässt sich weiter ausführen: Jeder lobt sie, die meisten scheuen sich aber doch, um sie zu werben, und der Uneigennützige, welcher sie endlich heimführt, wird von dem Weltkinde mit Achselzucken beneidet. Dieser Neid ist durchaus an der rechten Stelle, dem Achselzucken sollte aber, wie es jetzt schon in England und namentlich in Schweden geschieht, Einhalt getan werden. Dort hat die Gesellschaft den Männern der Wissenschaft eine in jeder Beziehung bevorzugte Stellung angewiesen, hier beteiligt sich die ganze gebildete Welt durch die Selbstbesteuerung des Bücherkaufs an der Belohnung der Gelehrten.

Diesen Gedanken konnten wir uns nicht verschließen, als uns die nur zwei Jahre nach dem Erscheinen der ersten nötig gewordene zweite Auflage des Rawlinson'schen Herodot vorgelegt wurde.

History of Herodot. A new english version, edited with copious notes and appendices, illustrating the history and geography of Heredotus, from the most recent sources of information; and embodying the chief results, historical and ethnographical, wich have been obtained in the progress of cuneiform and hieroglyohical discovery. — New edition. London. John Murray. 1862. (Die Geschichte des Herodot, eine neue Übersetzung ins Englische, mit zahlreichen Anmerkungen und Anhängen, welche die Geschichte und Geographie des Herodot ins rechte Licht setzen, nach den neuesten Quellen mit Berücksichtigung der wesentlichsten historischen und ethnographischen Resultate, welche durch das Fortschreiten der Hieroglyphen- und Keilschriftenentzifferung erzielt worden sind.)

Dieser langatmige Titel verspricht nicht zu viel, denn vor uns liegt ein vier voluminöse Bände starkes Werk, dessen erster Teil z. B. 1. eine Lebensbeschreibung des Herodot, 2. eine Angabe der Quellen, aus denen derselbe schöpfen konnte, 3. eine Kritik des Halikarnassiers,*) 4. die Übersetzung des ersten Buches, und endlich, als Anhang, elf Essays enthält, welche allein 284 Seiten füllen. Außerdem gehören zu diesem Bande 32 wohlgelungene Holzschnitte, und eine Karte. Der zweite Teil, 508 Seiten stark, enthält 5 Karten und an 200 Holzschnitte.

*) Halikarnassos (deutsch auch Halikarnass; lateinisch Halicarnassus) war eine antike griechische Stadt an der Südwestküste Kleinasiens. Die Stadt lag auf dem Gebiet der heutigen türkischen Stadt Bodrum.

Die Ausstattung des Werkes (Papier, Druck und Illustrationen) muss eine in jeder Beziehung glänzende genannt werden. Dem entspricht der Preis des Buches, welcher sich auf ungefähr 30 Thaler stellt. Aber Herr Murray, der Verleger, kennt seine Engländer und ist, wie gesagt, schon nach zwei Jahren mit einer zweiten Auflage belohnt worden.

Keilschrift 001 Persische Keilschrift des Darius

Keilschrift 001 Persische Keilschrift des Darius

Keilschrift 002 Persische Keilschrift des Xerxes

Keilschrift 002 Persische Keilschrift des Xerxes

Keilschrift 003 Babylonische Keilschrift des Xerxes

Keilschrift 003 Babylonische Keilschrift des Xerxes

Babylon Blick auf das Ischtartor (von Norden)

Babylon Blick auf das Ischtartor (von Norden)

Babylon Die beiden östlichen Pfeiler des Ischtartors

Babylon Die beiden östlichen Pfeiler des Ischtartors

Babylon Professor Koldewey beim Vortrag auf den Ruinen Babylons

Babylon Professor Koldewey beim Vortrag auf den Ruinen Babylons

Keilschrift 006 Statue des Gudea mit sumerischer Inschrift

Keilschrift 006 Statue des Gudea mit sumerischer Inschrift