Abschnitt 3

IV.


Mit dem Abmarsch der Franzosen fielen die Gründe weg, weswegen man in den letzten beiden Jahren jegliche Schiffahrt unterdrückt hatte. Dem Feinde die militärischen Operationen zu verbergen, war nicht mehr nötig. So erlaubte das Militärbureau in Rostock am 15. März 1813 zum ersten Mal wieder das Auslaufen dänischer Schiffe nach heimischen Häfen. Am 23. März hob ein landesherrliches Reskript alle bisherigen Verordnungen und Einrichtungen gegen den Seehandel auf. Es gestattete den freien Handel mit allen Nationen, die mit Rußland nicht im Kriege lagen. Das war hauptsächlich Frankreich. Gleichzeitig gingen die militärischen Bureaus in Rostock und Wismar ein.


In Rostock kam es auf die Kunde von der Aufhebung der Handelsbeschränkungen am 24. März zu großen Freudenkundgebungen. Die herzogliche Schaluppe setzte mittags 12 Uhr Flaggen und feuerte alle Stunde Salut, was von den übrigen Schiffen im Hafen voll Jubel nachgeahmt wurde. Abends 8 Uhr war die ganze Stadt illuminiert. Matrosen mit mecklenburgischen, russischen und preußischen Flaggen durchzogen unter fortwährenden Hurrahrufen die Stadt und warfen die Fenster ein, die garnicht oder nicht ganz erleuchtet waren. Dabei unaufhörliches Schießen und Feuerwerk. Nachts 12 Uhr hatten sich auf dem Alten Markt einige tausend Menschen angesammelt, die unter Pauken- und Trompetenbegleitung gemeinsam das Lied "Nun danket alle Gott" fangen.

Von der neuen Handelsfreiheit konnten die Kaufleute jedoch noch nicht ohne weiteres Gebrauch machen. Sie mußten noch zuvor versichert sein, daß ihre Schiffe weder von den Engländern noch von den dänischen Kapern gefährdet wurden. Auf Veranlassung des Herzogs wandte sich deshalb der russische Oberst v. Tettenborn an den russischen Gesandten in London, damit dieser sofort durch eine Note beim englischen Ministerium die größte Sicherheit für die mecklenburgische Flagge erwirke. Ein gleiches ward bei dem dänischen Geschäftsträger in Hamburg offiziell vorgestellt.

Gleichzeitig, am 26. März 1813, sandte die Kaufmannskompagnie in Rostock den Kaufmann Bollmann mit einem Jachtschiffe nach der englischen Flotte aus. Er traf den Admiral am 28. März unter Malmoe und wurde freundlichst aufgenommen. Da die Veränderung in Mecklenburg aber so plötzlich gekommen war, hatte der Admiral noch keine Anweisungen seiner Regierung. Er versprach, sich zu erkundigen und der Kaufmannskompagnie Bescheid zu senden. Ein Rehbock und einige Waldschnepfen, die Bollmann zum Geschenk überbrachte, besiegelten die neue Freundschaft.

Im Juli 1813 verlangte der mit seinem Admiralschiff vor Warnemünde liegende schwedische Admiral v. Cederström auf Befehl des schwedischen Kronprinzen die Auslieferung sämtlicher im Rostocker Hafen zurückgebliebenen französischen Kaperfahrzeuge und ihrer Ausrüstung, weil man fürchtete, daß sie bei einer Rückkehr der Franzosen wiederum gegen den schwedischen Handel möchten gebraucht werden. Der Herzog hatte diese Schiffe bereits mit Beschlag belegt und weigerte sich zunächst, sie herauszugeben, willigte dann aber nach weiteren Unterhandlungen mit dem Kronprinzen darin, daß die Kaper an Schweden gegen bare Entrichtung des taxierten Wertes überlassen würden. Es waren dies die folgenden: L'impatient, L'aigle, der Nordstern (oder Passe partout, Epervier), La boinne Cecilie, Le Balayeur, die Schwalbe und die Maria, von denen die letzten beiden noch neu und als Kaper noch nicht benutzt waren. Der Wert dieser sieben Kaperfahrzeuge wurde am 2. August 1813 durch eine gemischte Kommission auf 5191 Taler ermittelt. Diese Schiffe sind dann alsbald fortgeführt, ohne daß es zu einer Bezahlung des Taxationswertes gekommen zu sein scheint. Den größten Verlust hatte das Kaufhaus Burchard, dessen dreimastiger Lugger Maria allein auf 2600 Taler abgeschätzt war. Noch 1829-30 machten die Burchardschen Erben Ersatzansprüche bei der Großherzoglichen Regierung geltend.

Zu einer Zerstörung der Warnemünder Redoute hatte sich der Rostocker Rat im April 1813 nicht entschließen können. Sie erfolgte erst am 26. August durch Mannschaften der englischen Flotte, weil seit dem 22. Gerüchte von einer Rückkehr der Franzosen umliefen: Nach Pastor Schmiedekampfs Darstellung wollte man anfänglich das Werk sprengen, gab es aus Rücksicht für den Ort aber auf. Man grub dann die Erde nieder, zerschlug das Holz, entzündete drinnen Pulver, richtete aber wenig aus, weil alles zu fest war. Erst als Leute aus den Dörfern und Alt und Jung in Warnemünde zu Hülse gerufen wurde, kam man vorwärts. Anfang September war alles zerstört.

Fast gleichzeitig erfüllte sich das Geschick der Wendorfer Redoute. Im März 1813 hatte sich der Magistrat zu Wismar geweigert, die Batterie durch Bürger bewachen zu lassen. Es hatte deshalb ein von der Landeskreditkommission angenommener Arbeiter dort die Aufsicht gehabt. Später hatte die Offiziersstube vorübergehend einem schwedischen Zeugmeister zum Schlafen gedient, auch waren im Blockhaus mehrfach Patronen verfertigt. Im August war die Bewachung wieder recht schlecht, aber höchst nötig, weil die Wendorfer Bauern Sehnsucht nach den Pallisaden bekamen und die Schiffe auf der Reede das Holzwerk zum Kochen benutzen wollten.

Am 10. und 11. September 1813 ließ der schwedische Kommandant Mohrmann zu Wismar die Batterie zerstören. Vier Kanonen, die von den Franzosen vernagelt zurückgelassen waren, wurden in die Stadt hinabgebracht. Gleich darauf erschienen englische Matrosen von den Schiffen vor Wismar und legten auf Befehl ihres Admirals im Blockhaus Feuer an. Es brannte alles über der Erde ab. Was übrig blieb, wurde den Leuten aus der Umgegend hingegeben.

So verschwanden die sichtbaren Wahrzeichen der Franzosenzeit. Nur die kleine Befestigung auf Poel vergaß man; an ihr holte, wie schon gesagt ist, eine Sturmflut bald nach dem deutsch-französischen Kriege das Versäumte nach. Wir aber, die wir in diesem Jahre die hundertste Wiederkehr des Tages erleben werden, an dem Napoleon durch sein Berliner Dekret jene Schreckenszeit einleitete, können mit gutem Grund hoffen, daß uns das neue Reich vor einer Wiederholung solcher traurigen Zustände kraftvoll bewahren wird.




Plan der Redoute bei Wendorf 1811




Plan der Redoute und des Blockhauses bei Warnemünde gebaut




Plan der Schanze bei Fährdorf auf Poel 1812




Plan der Redoute bei Wendorf 1811

Plan der Redoute bei Wendorf 1811

Plan der Redoute und des Blockhauses bei Warnemünde gebaut

Plan der Redoute und des Blockhauses bei Warnemünde gebaut

Plan der Schanze bei Fährdorf auf Poel 1812

Plan der Schanze bei Fährdorf auf Poel 1812

alle Kapitel sehen