Die Kunst

Der Stil, den wir unter dem Namen „Empire“ begreifen, der etwa von der Mitte der achtziger Jahre des vorletzten Jahrhunderts an, 30 Jahre hindurch geherrscht hat, ist, wie schon erwähnt wurde, durchaus nicht erst in dieser Zeit plötzlich entstanden, sondern nur durch ein Zusammentreffen besonders glücklicher Umstände damals zu ausschließlicher Herrschaft gelangt. Noch stand das Rokoko in üppigster Blute, da verkündete schon und noch dazu von demselben Dresden aus, wo eben erst Poppelmann seine köstliche Zwinger-Phantasie geträumt, ein unbekannter deutscher Gelehrter der Welt ein neues Evangelium der Kunst: die unbedingte Nachahmung der Antike.

Der Weltruhm, den Winckelmann sich bald darauf erwerben sollte, gab seinen Worten um so stärkeren Nachdruck, als die Entdeckung von Herculanum und Pompeji, archäologische Expeditionen nach Sizilien, Unteritalien und Griechenland die Aufmerksamkeit der gesamten gebildeten Menschheit gleichzeitig auf die Reste des Altertums lenkten.


Das Paradoxon, nur durch die Nachahmung der Alten könne die Kunst noch hoffen, Unnachahmliches zu leisten, fand von Paris aus ein Echo in der ganzen Welt und wurde von Ästhetik und Kritik als ein Dogma verkündet, an das die Laienwelt um so lieber glaubte, als sie damit einen bequemen Maßstab für das Urteil, eine Eselsbrücke für die eigene Verständnislosigkeit gewann. Künstler wie Mengs machten sich zu Wortführern der neuen Meinung, die eine wahrhaft „ideale Schönheit“ im Gegensatz zur rohen und gewöhnlichen Natur forderte, die immer und immer wieder auf die antike Skulptur als auf die einzig berechtigten Vorbilder hinwies.

So deckte sich antik mit schön, lange schon, ehe die vorrevolutionären Ideen antik auch synonym mit tugendhaft gemacht hatten, lange bevor dem Geschlecht von 1789 antik gleichbedeutend mit demokratisch geworden war. Der leidenschaftliche Terrorismus der Revolutionsmänner wollte nicht nur mit der Tradition, nein, er hatte am liebsten mit der ganzen Zivilisation überhaupt gebrochen, um die neue Kultur des freien Volkes auf einem Boden zu begründen, den keine monarchische Vergangenheit besudelte! Nur im klassischen Altertum glaubten sie überhaupt Beziehungen zu der Größe des eigenen Heroismus finden zu können und so knüpften sie die Ideen von Vaterland, Freiheit, Pflicht, welche die modernen gallischen Republikaner erfüllten, unmittelbar an jene der Heldenzeit der römischen Republik.

David, Comtesse de Sorcy 1790

1797 Gallery of fashion, London

Boilly, Die Lieblinge

Raeburn, Bildnis der Frau des Künstlers