Vor 1812.

Napoleon! das war der große Name, vor dem am Anfange des 19. Jahrhunderts fast ganz Europa erbangte und erzitterte. Als der Frühling des Jahres 1812 ins Land zog, stand der Kaiser auf der Höhe seiner Macht, Fürsten und Völker lagen ihm zu Füßen und folgten gehorsam seinem Winke. Wir sehen Napoleon an der Spitze des Rheinbundes Befehle erteilen, die, wenn auch nur gezwungen, so doch pünktlich von seinen Bundesfürsten - etwa 40 an der Zahl - ausgeführt wurden.

Gewiß hätte sich mancher gerne gesträubt und die Gewaltherrschaft abgeschüttelt, allein dies Gefühl schlummerte nur im tiefsten Innern, und niemand durfte es wagen, solche Gedanken laut werden zu lassen. So konnte man denn nur gute Miene zu bösem Spiel machen, als der Imperator gegen den Zaren Alexander I. von Rußland, den letzten Herrscher des europäischen Festlandes, der noch gleichberechtigt neben ihm stand, zu rüsten begann. Die ,,Große Armee“ sollte ihm seine unumschränkte Herrschaft vollenden und die Macht über den ganzen Kontinent eintragen.


Auch Mecklenburg befand sich unter der Zahl der Rheinbundstaaten, und seine Söhne mußten den verhängnisvollen Fahnen Napoleons folgen. Viele unserer Landsleute wurden gezwungen, die traurigen Geschicke mit durchzukosten und ihr Blut für die fremde Sache zu opfern.

Bevor ich jedoch von dem Feldzuge selbst zu schreiben beginne, halte ich es für angebracht, die Bedrängnis und die Not zu schildern, die in den Jahren vor dem Feldzuge in unserem Lande herrschten. Hier durch glaube ich, die Schwierigkeiten dem Leser deutlicher vor Augen zu führen, die sich in der damaligen Zeit für Mecklenburg aus der Verpflichtung ergaben, ein Truppen-Kontingent für den Feldzug zu stellen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Mecklenburger 1812 im russischen Feldzuge.