Prinz Louis Rohan an Delphine. Straßburg, am 27. Februar 1775.

Alles ist berauscht von dem Fest im Hotel Montjoie und bezaubert von Ihnen, schönste Frau. Wollen Sie selbst beurteilen, ob man mir gut berichtet hat: Sie haben die Natur Ihrem Willen unterworfen, indem Sie den Sommer zwangen, mitten im Winter Ihre Säle zu schmücken, und Lukull von den Toten erweckten, damit er die Genüsse Ihrer Tafel bereite; eine neue, liebenswürdigere Circe, haben Sie die schwerfälligen Damen Straßburgs in eine Schar übermütiger Grazien verwandelt, und haben Terpsichore zu sich berufen, deren Hexenkünste die steifsten Glieder gelenkig machte, so daß sie sich bis zum grauenden Morgen unermüdlich im Reigen schwangen. Ihre Augen haben Herzen gebrochen; Ihr Lächeln hat Freunde entzweit, den Frieden der Ehen erschüttert. Wollten Sie beweisen, daß eine einzige schöne Frau größere Revolutionen verursachen kann, als alle Pariser Skribenten zusammengenommen? Daß Sie mitten in Ihren Triumphen meiner gedachten und mir, dem einsamen Kranken, köstliche Proben Ihres Überflusses zukommen ließen, betrachte ich als eine Auszeichnung, deren ich mich erst würdig erweisen muß. Befehlen Sie über mich In wenigen Tagen hoffe ich, das Zimmer verlassen zu können; mein erster Weg wird mich zu Ihnen führen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Liebesbriefe der Marquise. Teil 1