Marquis Montjoie an Delphine. Froherg, am 25. Februar 1775

Meine Liebe Ich beeile mich, Ihnen mitzuteilen, daß die Erkrankung meiner Mutter eine leichtere ist, als ich glaubte, fürchten zu müssen, die Vorbereitungen zu Ihrem Fest daher nicht unterbrochen werden sollen. Die Blumen aus unseren Warmhäusern gehen zu gleicher Zeit ab. Meine Leibjäger dürften bereits heute in Straßburg eintreffen. Die Fracht aus Paris mit der Bühnendekoration begegnete mir unterwegs. Sie wird also rechtzeitig zur Stelle sein.

Sie werden anerkennen müssen, daß ich keinen Ihrer extravagantesten Wünsche unerfüllt ließ, obwohl, wie Sie wissen, das System Herrn Turgots, der es darauf abgesehen zu haben scheint, den König der festesten Stütze des Throns, der Aristokratie, zu berauben, sich auch bei dem höchsten Einkommen schon peinlich bemerkbar macht. Ich habe mich trotzdem zu Opfern entschlossen, weil ich Ihnen in dem Bestreben, mit einem Schlage die erste Position in der Straßburger Gesellschaft zu erobern, nur beipflichten kann. Nun darf ich aber auch von Ihrer Seite einiges Entgegenkommen erwarten, um so mehr als Ihr Eigensinn alles vernichten könnte, was Sie mit Ihrem Fest bezwecken.


Daß wir Mademoiselle Guimard bewogen haben, bei uns zu tanzen, wird nicht nur in Straßburg, sondern auch in Paris, – was erheblich wichtiger ist –, das Gespräch der Gesellschaft bilden; das Fräulein jedoch, wie Sie es wünschten, als Gast in unserem Hause zu beherbergen,würde uns lächerlich machen. Ich ersuche Sie daher, es bei meinen Arrangements mit dem Hotel de France zu belassen.

Da ich in Bezug auf unsere zweite Differenz Ihrer schließlichen Geneigtheit weniger sicher zu sein glaubte, habe ich Ihrer Entscheidung vorgegriffen und den Grafen Chevreuse auch in Ihrem Namen eingeladen. Es wäre ein nicht wieder gut zu machender faux-pas, einem Protégé der Königin, der sich noch dazu in ihrem Dienste in Straßburg aufhält, unser Haus zu verschließen. Ihre Gründe kenne ich nicht, habe auch nicht die Absicht, mich in ihr Vertrauen einzudrängen; ich weiß nur das Eine, daß sie unmöglich gewichtig genug sein können, um uns zu einer Brüskierung des Grafen zu zwingen.

Ich habe im Interesse Frankreichs den lebhaften Wunsch, zu dem Gelingen seiner Mission beizutragen. Es handelt sich, – das sei Ihnen im tiefsten Vertrauen mitgeteilt –, um die Anbahnung einer Versöhnung der Königin mit dem Prinzen Rohan. Die Kaiserin von Österreich hat ihre Tochter sehr zu seinen Ungunsten beeinflußt, indem sie ihr einerseits mitteilte, in welcher Weise er sich erlaubte, kurz nach seiner Abberufung aus Wien, über sie zu sprechen, und ihr andererseits darstellte, welch ein Leben er als Gesandter und Priester zu führen sich gestattete. Beides sind zweifellos grobe Unvorsichtigkeiten, aber nicht ausreichend, um einen Mann von so erprobter Gesinnung und so einflußreichen Familienverbindungen kalt zu stellen.

Graf Chevreuse erhielt vom König direkt den geheimen Auftrag, die Angelegenheit zu untersuchen und, wenn irgend möglich, beizulegen. Ich hoffe, der Juwelier hat Ihnen die Smaragden zur Auswahl vorgelegt, wenn nicht, so lassen Sie ihn rechtzeitig daran erinnern. Es wird sehr darauf ankommen, die Nuance der Steine zu der Rosenfarbe Ihrer Toilette richtig abzustimmen. Ich empfehle Ihnen, Herrn Duplessis, der für Ihr Porträt gerade diese Farben wählte, dabei zu Rate zu ziehen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Liebesbriefe der Marquise. Teil 1