Lucien Gaillard an Delphine. Paris, März 1774.

Hochzuverehrende Frau Marquise. Zwei Pferde ritt ich zu Schanden. Ob infolge der Schwere meines Buckels oder der Schärfe meiner Sporen will ich dahingestellt sein lassen. Ich habe mich weder vom Staub gereinigt, noch gegessen und getrunken. Ich bin mit der Tür ins Haus gefallen. Der Kammerdiener des Prinzen Friedrich-Eugen hat erst durch ein paar Louisd’or an meine Ehrlichkeit geglaubt.

Euer Gnaden können ohne Sorgen sein. Die Schreiberseele des Mercure de France hat natürlich die Provinz schaudern machen wollen. Es bestand keinerlei Lebensgefahr. Der Degen des Grafen Guy Chevreuse hat nur die Wange Seiner Erlaucht ein wenig zerschlitzt und ihm einige Unzen Blut abgezogen. Das dürfte nicht ungünstig sein, sondern die allzu große Hitze des Prinzen kühlen.


Über die Ursachen des Duells weiß selbst der Kammerdiener, dessen hingehendste Freundschaft ich mit einigen weiteren Louisd’or gewann, nichts Bestimmtes. Das eine nur scheint gewiß: Der Streit entstand im Hotel der Demoiselle Guimard, derselben schönen Dame, die der Prinz gestern empfing. Es scheint darnach in Paris Mode geworden zu sein, daß auch der männliche Teil der vornehmen Welt im Bett Audienz erteilt.

Ich selbst bin, da Euer Gnaden mir nicht gestatteten, den Namen derjenigen, die mich sandte, einem anderen als dem Prinzen selbst zu nennen, natürlich nicht empfangen worden. Es war nur die Folge meiner eigenen Dummheit. Morgen werde ich den simplen Gaillard mit irgendeinem sieben- oder neunzackig gekrönten Namen vertauschen und man wird nicht die Hinterpforte, sondern die Flügeltüren weit vor mir aufreißen.

Ich lasse dann sofort einen zweiten Kurier dem heutigen folgen.

Gestatten mir Euer Gnaden, meiner unvergängänglichen Dankbarkeit und Ergebenheit Ausdruck zu verleihen. Ich bedaure, der Frau Marquise nicht mehr opfern zu können, als ein paar Pferdebeine.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Liebesbriefe der Marquise. Teil 1