Schlusswort

An meine jüdischen Leser möchte ich folgendes Schlusswort richten. Als Napoleon der Erste am 21. Juli 1798 im Angesichte der Pyramiden mit den Mameluken kämpfen wollte, rief er seinen Truppen zu: „Vergesst nicht, dass von den Höhen dieser Denkmäler vier Jahrtausende auf euch herniederschauen!“ Unsre Väter haben an jenen Denkmälern mitgebaut; auch auf uns schauen vier Jahrtausende von ihren Höhen hernieder. Seitdem gab es viele „Marre“, die sich an uns die Schädel einrannten. Wir sahen Ägypter, Babylonier, Perser, Griechen, Römer und viele andere große und kleine Völker ins Grab der Vergangenheit steigen. Wir sind da. Eine Nation mit unsrer Geschichte und dem Gedankeninhalt unsrer Literatur, wird nicht mit einigen Ballen Makulatur erdrückt. Die Hamane, Capristane, Pfefferkorne, Eisenmenger, Rohlinge haben viele lächerliche und boshafte Verleumdungen gegen uns erfunden, bis die „Marre“ der Gegenwart die „Verjudung“ ersonnen haben und diese soll nichts anderes sein, als eine Brandmarkung des Liberalismus, der trotz seiner Irrtümer immerhin die Humanität repräsentiert, die Humanität, die gewissen Klassen und Ständen ein Pfahl im Fleische ist. Tut nichts; die Erde bewegt sich doch.

Lernen wir von unseren Feinden. Sie zeigen uns die Stellen, wo sie uns angreifen wollen; befestigen wir uns da. Ich schweige über das Interne, der Leser wird aus dem Bisherigen zur Genüge wissen, wie ich darüber denke.


Sagen wir den Wenigen unter uns, die durch schmutzige Wuchergeschäfte den Namen Israels schänden, dass wir sie verachten; tun wir alles Mögliche, dass kein einziger mehr in unsrer Mitte sei, dem man vorwerfen kann, er beute die Not seiner Mitmenschen aus.

Widerlegen wir tatsächlich den Vorwurf der Aufdringlichkeit. Drängen wir uns nicht in eine Gesellschaft, die uns nicht haben will. Herr Marr will uns sogar in den wohltätigen Vereinen nicht gerne geduldet sehen; doch denke ich zur Ehre meiner germanischen Mitbürger, dass sie solche exorbitante Intoleranz von sich weisen werden. Der Tüchtige wird sicherlich aufgesucht, wo man ihn brauchen kann. Von jenen Gesellschaften wegzubleiben, die durch Bier gekittet sind, und deren gibt es nicht wenige, das sollte uns kein allzuschweres Opfer sein. Möchten doch unsre Frauen und Töchter jeden Luxus meiden; der Neid, ich wiederhole es, hat große Augen, und es liegt nahe, uns Luxus vorzuwerfen, weil wir unsre Feste feiern, wenn unsre Mitbürger in Werkeltagskleidern gehen. Kehren wir zu der Sparsamkeit, Nüchternheit, Einfachheit und Mäßigkeit zurück, die unsre Vorfahren schmückten, bis wir in die Torheit verfielen, den Eintritt in die germanische Gesellschaft durch Aufgeben dieser unsrer „Eigenartigkeit“ zu erkaufen. Ich sage das alles nicht, weil ich etwa glaube, wir seien schlimmer als andere; aber als Minderheit schon müssen wir streben, besser zu sein; ob's dann keine „Marre“ mehr geben wird, ist eine andere Frage. Aber: „Gehe, mein Volk, ziehe dich in deine Kammern zurück, und schließe deine Türen; verstecke dich, der Sturm wird vorübergehen, in dem Gott ausgezogen, um an dem Lande die Sünde seiner Bewohner zu ahnden.“ Zu diesen Bewohnern gehören auch wir. Erfüllen wir ganz und voll unser Wanderprogramm: Bauen wir Häuser, darin zu wohnen; pflanzen wir Gärten, um ihre Frucht zu genießen; befördern wir so das Wohl des Landes, wohin uns Gott geführt – und beten wir für dasselbe zu Gott:

Gott segne Deutschland!

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von Ludwig Stern, Schuldirektor. 1875. 2/2 Bog. in Lex. 80. Eleg. br. 70 S.

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