c. Der Garten- und Weinbau: 173–175

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b. Der Wiesenbau ist, wie wir bereits gesehen haben, fast immer eng mit dem Ackerbau verbunden. Auch haben die neuern Verbesserungen im Ackerbau bekanntlich einen viel ausgedehnteren Anbau von Futterkräutern (künstliche Wiesen) zur Folge gehabt. Daß die Ausdehnung und die Art des Wiesenbaues hauptsächlich von der Beschaffenheit und dem Clima des Landes abhängig sey, ist bekannt. Die Alpenwirthschaft, so wie das Leben der Nomadenvölker, endlich die Pampas in Südamerica, bieten Beispiele im Großen davon dar. In neuester Zeit fängt bei der mit Ackerbau verbundenen Wiesenbenutzung unserer Landgüter immer mehr die in andern Ländern, namentlich in Ober-Italien und Spanien, sehr ausgebildete künstliche Berieselung oder Bewässerung mit Recht als eines der wesentlichsten Mittel zur Erhöhung der Fruchtbarkeit, Eingang zu finden an.


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c. Der Gartenbau, zu dem man füglich auch den Weinbau rechnen kann, erfordert eine viel größere Menge Arbeiter für dieselbe Fläche, als der Ackerbau, und noch mehr als der Wiesenbau. Auch setzt er ein viel größeres Capital, namentlich zum Unterhalt der Arbeiter, voraus. Dagegen aber ist er auch im Stande, durch die aus gleicher Fläche erzeugten Producte, eine größere Menschenmenge zu ernähren, ohngeachtet hierbei wohl zu beachten bleibt, daß die für ihn erforderliche größere Zahl Arbeitet keineswegs immer durch die gewonnenen Gartenfrüchte ernährt werden könnten, wenn diese nicht viel höher im Preise ständen, als Getreide und Kartoffeln, und außerdem neben den Küchengewächsen, noch Blumen, Farbekräuter etc. gebaut würden, so daß aus deren Verkauf so viel gelöst wird, um den Unterhalt jener Arbeiter daraus bestreiten zu können und noch einen reinen Ueberschuß zu behalten.


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Der Obstbau ist im mittlern und nördlichen Europa meist nur eine Nebenbeschäftigung der Landleute, weil die Obstbäume nicht so viel Pflege erfordern, um fortwährend Arbeiter beschäftigen zu können. Gleichwohl ist der Obstbau. wie z. B. in den Rheingegenden, in mehreren Gegenden Sachsens und Schlesiens etc. ein sehr wichtiger Zweig der Landwirthschaft und verdiente wahrscheinlich eine noch größere Berücksichtigung, besonders Seitens der ganz kleinen Besitzer, da derselbe außer der Bodenfläche kein Capital (denn auch der Aermste kann einen Obstbaum ziehen und veredeln), sondern nur Fleiß und Vorsorge erfordert. In letzterer Beziehung kann man den Obstbau als ein sicheres Zeichen fleißiger Wirthe ansehen, welche an die Zukunft denken und für ihre Kinder sorgen, da ein Obstbaum erst nach mehreren Jahren eine Erndte gibt, während liederliche Wirthe, Zeitpächter und Nichteigenthümer wenig Veranlassung finden, sich damit zu beschäftige. Man vergleiche nur die kahlen und ärmlichen Dörfer Polens mit den zwischen hohen und alten Obstbäumen versteckten Dörfern Deutschlands! Der Obstbau ist daher fast immer zugleich ein sicheres Kennzeichen von Wohlhabenheit, nicht bloß in ganzen Landstrichen, sondern auch bei einzelnen Eigenthümern.


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d. Anders ist es mit dem Weinbau. Dieser zeichnet sich dadurch aus, daß, wenigstens im Clima von Deutschland, sowohl die jährliche Menge als die Güte des Erzeugnisses überaus ungleich ist. Dieß veranlaßt, daß kleine Weingärtner, die nicht zugleich Ackerbau treiben, meist sich in sehr drückender Lage befinden, indem es zu schwierig ist, die Mehr-Einnahme eines guten Jahres für die schlechten aufzusparen. Die Tagelöhner, welche für große Weinbergsbesitzer arbeiten, befinden sich dagegen häufig in einer bessern Lage, je nachdem überhaupt in der Gegend die Lage der Taglöhner und Handarbeiter günstig oder ungünstig ist. Wenn man daher häufig die Weinländer gesegnete Länder nennen hört, so geschieht es wohl nur mit Rücksicht darauf, daß der Weinbau nur in Gegenden möglich ist, welche ein ziemlich mildes Clima und nicht zu strenge Winter haben. Sonst sind die weinbautreibenden Gegenden und die Weinberge meist sehr unfruchtbar (wie z. B. die Champagne), und der Wein ist das einzige Product, das dort noch gedeiht und mit einigem Gewinne erzeugt werden kann. Zu läugnen ist indessen nicht, daß in vielen bergigten Gegenden die kleinen Weinbauer einen unsäglichen Fleiß und Ausdauer in Aufführung von trockenen Mauern und Terrassen zur Bildung von Weingeländen bekunden, ohne eben ihre Mühe reichlich belohnt zu sehen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst reich zu werden