C. Die verschiedenen Arten der Production: 161. 1. Stoffarbeiten: 162–164


161
Wir haben schon früher (§. 39.) gesehen, daß die nützliche Thätigkeit des Menschen entweder zum Zweck hat, nützliche Dinge zu erzeugen (materielle Production), oder nur nützliche Dienste zu leisten, ohne gerade etwas Materielles dabei hervorzubringen. Ueber die Letztern ist bereits früher das Erforderliche mitgetheilt worden, um uns einen genügenden Begriff von denselben und ihren verschiedenen Arten zu geben. Es soll daher hier nur noch eine kurze Uebersicht der verschiedenen Arten der materiellen Production oder der Erzeugung von nützlichen Dingen gegeben werden.
Wir unterscheiden dabei diejenigen Gewerbe, die hauptsächlich eine Umformung oder Abänderung der Stoffe zum Zweck haben, um sie für die menschlichen Zwecke brauchbar zu machen, oder die Stoffarbeiten, – vom Handel, welcher die verschiedenen Stoffe und Producte von einem Ort zum andern und aus einer Hand in die andere schafft. Da der Handel hiernach keine Veränderung der Form und der Bestandtheile, sondern nur eine Orts- und Besitzveränderung bezweckt: so käme er ganz mit den nützlichen Diensten überein, wenn er nicht immer zugleich einen materiellen Gegenstand beträfe und sich dadurch wieder den Stoffarbeit näherte. Daß mit den Stoffarbeiten aber sehr oft gleichzeitig von einer und derselben Person auch Handel getrieben werde, ist so bekannt, daß es fast keiner Erwähnung bedarf.

1. Stoffarbeiten.


162
Man theilt dieselben mitunter ein: in mechanische und chemische, je nachdem die Arbeit daran mehr in einer Veränderung der äußern Form, oder in einer Veränderung der Grundbestandtheile besteht. Indessen greifen beide Arten von Operationen so innig in einander, daß diese Eintheilung keinen rechten Zweck hat. Besser, wenn auch ebenfalls ganz ohne bestimmte Grenzen, theilt man sie ein in:
a. landwirthschaftliche Arbeiten und
b. Stoffarbeiten, oder Fabrikation im engern Sinn; wozu die eigentlichen Handwerke, die meisten Künste, ebenso die Manufacturen und Fabriken gehören, indem der ziemlich unbestimmte und allgemeinere Ausdruck: Gewerbe, mehr in dem Sinne einer untergeordneten Productiven oder nützlichen Thätigkeit genommen zu werden pflegt. Man spricht nemlich von dem Gewerbe des Fabrikanten, des Kaufmanns, des Lohnlakeien, im Gegensatz der Kunst des Dichters und Sängers und der gelehrten Arbeiten des Geschichtsforschers, oder des Staats dienstes der Beamten. Aber eine strenge Abgrenzung findet auch hier keinesweges statt.
Zu den Stoffarbeiten sind auch die Flickarbeiten und alle diejenigen Arbeiten zu rechnen, welche den Zweck haben, gewisse fertige Sachen immer in ihrem brauchbarst Zustande zu erhalten. Die Arbeit des Stiefelputzers gehört hierher, ebenso wie die Arbeit des Bedienten, welcher die Kleider ausbürstet, obgleich man diese Arbeit, wenn man will, auch zu den persönlichen Diensten rechnen kann.


163
Man hat oft behauptet, daß eine gewisse Klasse von Gewerben den Vorzug verdiene, und viel darüber gestritten. Bald wollten die Einen das Glück der Völker in dem ausgedehnten Betriebe der landwirthschaftlichen Gewerbe, bald die andern wieder in einem recht ausgedehnten Betriebe der andern Gewerbe, endlich noch wieder Andere in einem recht lebhaften Handel finden. Dieser Streit hat nie zu einem Resultate geführt und wird auch nie zu einem solchen führen können: weil, wie wir bereits bemerkt haben, gar kein wesentlicher Unterschied und keine Grenze zwischen diesen verschiedenen materiellen Gewerben besteht. Alle nützlichen Dinge bilden unsern Reichthum, und es ist ziemlich gleichgültig, auf welchem Wege wir sie uns verschaffen, durch eigene Production oder durch Tausch. Außerdem, was ist ein Landwirth anders, als ein Getreide-Producent, der zu diesem Behuf ein großes Werkzeug, nämlich Ackerland braucht; während ein anderer Producent, z. B. ein Tuch- oder Baumwollenwaarenfabricant, weniger Raum und dagegen vieler anderer Werkzeuge und, statt des Saamens und Düngers, der Wolle und Baumwolle bedarf? Auch ist der Landwirth jedesmal zugleich Handelsmann, indem er seine Producte verkauft, und fast immer zugleich Fabrikant, in dem gewöhnlichen beschränktern Sinn genommen: wenn er z. B. Wein baut und ihn keltert; wenn die Hausfrau Strümpfe strickt und Kleider näht etc, abgesehen davon, daß größere Landwirthe sich gewöhnlich noch neben der Landwirtschaft mit andern Gewerbszweigen, die sonst häufig selbstständig betrieben werden, z. B. Branntweinbrennerei, Bierbrauerei, Bereitung von Runkelrübenzucker und Kartoffelsyrup, Seifensiederei, Viehmastung etc. beschäftigen.


164
Man hat die Umformung, vermöge deren unbrauchbare oder weniger nützliche Dinge, überhaupt brauchbarer und nützlicher werden, als sie früher waren, auch Productive Konsumtion genannt, weil in der Regel die verarbeiteten Stoffe ihre Form und Beschaffenheit verlieren, um in neuer Gestalt zu erscheinen. Indessen scheint diese Bezeichnung nicht passend, und wir werden uns des Ausdrucks: Consumtion oder Verzehr nur bedienen, insoweit von einem solchen Verbrauch oder von einer solchen Verwendung der Producte die Rede ist, wodurch mehr oder weniger ihre nützlichen Eigenschaften verloren gehen und zerstört werden: denn ganz zerstört wird ein Stoff bekanntlich niemals.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst reich zu werden