Uebersicht der Fortschritte in der gewerblichen Thätigkeit eines Volks: 158–160.

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Nach allem Vorstehenden können wir in der Geschichte der gewerblichen Thätigkeit jedes Volks vier Abstufungen unterscheiden, die sich zwar keinesweges in bestimmte Zeit-Epochen sondern lassen, uns aber doch ein Bild von den successiven Fortschritten derselben geben:
a. der Mensch arbeitet so wenig als möglich und nur gerade so viel, als zur Fristung seines Lebens durch Jagd, Fischfang und Viehzucht nothwendig ist.
b. Er macht sich andere Naturkräfte dienstbar, baut das Feld mit Ochsen und Pferden, gebraucht das Letztere als Reit- und Lastpferd, mahlt das Getreide auf Mühlen, schifft mit Segeln etc.
c. Die Theilung der Arbeit und der Tausch wird allgemein; mit ihm tritt eine Verbesserung aller Commuinicatonsmittel ein.
d. Durch die Theilung der Arbeit werden die verschiedenen Operationen der Gewerbe auf ihre einfachsten Elemente zurückgeführt; alle rohen, tactmäßigen, sich gleichförmig wiederholenden, des Verstandes nicht bedürfenden Manipulationen den vernunftlosen, thieri-schen und Elementar-Kräften überwiesen, welche die Natur in unerschöpflicher Fülle darbietet; – wogegen der Mensch sich nur die feinern, edlern, des Verstandes bedürftigen Arbeiten vorbehält und zugleich der Lenker und Beherrscher jener vernunftlosen Kräfte wird.


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In dieser höchsten Stufe der menschlichen Thätigkeit wird dem Menschen die unbeschränkteste Gelegenheit gegeben, durch Ausbildung seiner geistigen Fähigkeiten und durch Künste und Wissenschaften sich immer mehr dem ihm vorgesteckten Ziele: möglichster geistiger und moralischer Vollkommenheit zu nähern. Außerdem aber müssen die tausendfachen Bedürfnisse des Menschen, den mannichfachsten Gewerben fortdauernde Gelegenheit zu einer Menge Beschäftigungen darbieten, welche niemals vernunftlosen Kräften übertragen werden können, weil sie eben mehr oder weniger die Anwendung der Verstandeskräfte voraussetzen, auch sich jeden Augenblick nach den wechselnden Neigungen der Käufer und Besteller der Waaren richten müssen, oder sonst ihrer Natur nach keinen fabrikmäßigen Betrieb gestatten.
Hiernach ist die Fortdauer vieler Beschäftigungen, als: des Kaufmanns, Schneiders, Schusters, Schreiners, Wagners, Schlossers, Zimmermanns, Maurers, Fleischers, Buchbinders, Landbauers, Gärtners und einer Menge anderer Handwerker für immer gesichert, und diese Zahl vermehrt sich, je mehr die Zahl der verfeinerten und persönlichen Bedürfnisse der Menschen zunimmt. Gleichzeitig damit müssen dann die Fabriken, wie es schon jetzt zum Theil der Fall ist, Waaren gleicher Art, zum allgemeinen Gebrauch in erstaunenerregenden Massen liefern, so daß auf diese Weise die vereinte Thätigkeit des Menschen und der vernunftlosen Kräfte im Stande ist, die Bedürfnisse des Menschengeschlechts in immer ausgedehnterm Maaße zu befriedigen.


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Bei dieser immer mehr steigenden Ausbildung der gewerblichen Tätigkeit eines Volks, nehmen dann auch die Fabriken, wenn erst die Ursachen beseitigt sind, welche, wie wir gesehen haben, unabhängig von ihnen und ohne ihre Schuld die Lage der Fabrikarbeiter mehr oder weniger beklagenswerth machen, eine höchst ehrenvolle Stelle ein. Sie gewähren dann, wie es bereits die bessern englischen und amerikanischen Fabriken thun, und wie sich ein beredter Verteidiger derselben ausdrückt, ,,Tausenden von alten und jungen Personen, von denen viele zu schwach sind, anderweitig ihr tägliches Brod zu verdienen, ohne daß die selben einen Schweißtropfen vergießen, Unterhalt, Kleidung und häusliche Bequemlichkeit, geschützt vor der Hitze des Sommers und der Kälte des Winters in luftigen und gesunden Sälen. In diesen geräumigen Hallen sammelt die wohlthätige Kraft des Wassers, und vorzugsweise des Dampfes, die Schaaren seiner Diener um sich, weiset einem jeden die geordnete Aufgabe an, setzt an die Stelle ermüdender Muskelanstrengung Seitens der Arbeiter, die Kraft ihres eigenen gigantischen Armes und fordert dafür nur Aufmerksamkeit und Gewandtheit, um kleine Fehler, die bisweilen bei ihrer Arbeit vorkommen, schnell wieder gut zu machen! Unter den Auspicien dieser bewegenden Kraft sind prächtige Gebäude, welche in Zahl, Werth, Nützlichkeit und kunstvollem Bau die berühmten Bauwerke des asiatischen, ägyptischen und römischen Despotismus bei Weitem übertreffen, in der kurzen Zeit von 50 Jahren in Großbritannien überall emporgestiegen, um zu zeigen, bis zu welchem Grade, Geld, Fleiß und Wissenschaft die Hilfsquellen eines Staates steigern können, während sie den Zustand der Einwohner verbessern. Das ist das Fabriksystem, voll von Wundern der Mechanik und Staatswirthschaftskunde, welches bei noch weiterm Wachsthum, der große Beförderer und Träger der Civilisation zu werden verspricht, und England in den Stand setzen wird, zugleich mit seinem Handel das Lebensblut der Wissenschaft und Religion, Myriaden von Völkern zufließen zu lassen, welche noch im Dunkel leben !“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst reich zu werden