Romagna, Mark und Umbrien

Südlich vom Po, in der Romagna und Mark Ancona und weiter in Umbrien entwickelte sich in der relativ langen Friedenszeit von 1465 bis nach 1480 der fürstliche und zugleich der städtische Bausinn vorzüglich stark, offenbar durch Wetteifer.

Um diese Zeit mögen in Oberitalien die Riegelwände verschwunden sein, von welchen Lomazzo als von einer dort früher allgemeinen Bauweise spricht.


In Faenza baute nach Kräften Fürst Carlo Manfreddi, in Ravenna die venezianische Regierung, in Forli Fürst Pino Ordelaffo, der auch den bauenden Privatleuten mit Hilfe, Rat und Gunst beistand und sein neues Palatium 1472 durch einen feierlichen Ritterschlag einweihte.

In Bologna bauten damals, besonders seit 1460, um die Wette die Geistlichen, der päpstliche Legat, das halbfürstliche Haus der Bentivogli, die Stadtbehörde, die Zünfte, die Privatleute und namentlich die reichen Professoren Privatpaläste, „eines Fürsten würdig“; der Palast der Bentivogli „königlich“; die großen und teuren Straßenkorrektionen.

In Pesaro tat Fürst Costanzo Sforza (Vetter des Moro) das mögliche für Korrektion und Ausbau der Stadt und schuf die zierliche Feste daselbst „per sua fantasia“.

Der Ruhmsinn, verbunden mit einer entsetzlichen Gemütsart in Sigismondo Malatesta, Fürsten von Rimini († 1467), dem Zerstörer dessen, was andere gebaut, um das Material neu zu verwenden und kein Andenken als das eigene am Leben zu lassen. Für sein S. Francesco (seit 1447), das er eigentlich sich selbst und der schönen Isotta zu Ehren baute, wurden der Hafen und viele andere Gebäude, Grabmäler, ein Stiftshaus und ein Glockenturm zu Rimini zerstört und zu Ravenna der Marmor aus drei alten Kirchen, S. Severo, S. Apollinare in Classe und Galla Placidia geraubt.

Auch die Kleinsten strengten sich an. Simonetto Baglionc, der das Städtchen Diruta verwaltete, ließ wenigstens die Piazza pflastern und wollte auf kühnem Bogen von Fels zu Fels Wasser herleiten, lauter Dinge „zum ewigem Andenken“, als ihn (1500) sein Schicksal ereilte.

Bei den Herzogen vom Haus Este zu Ferrara, Borso († 1471) und Ercole I. († 1505) sind die eigenen Bauten zahlreich, mäßig und zweckmäßig, das letzte Ziel weniger monumental als politisch: eine reiche, feste, stark bevölkerte große Stadt zu schaffen. Sie bauten gerade so viel selbst und regierten dabei so, dass andere, auch eingewanderte Fremde, veranlasst (und wohl auch genötigt) wurden, ebenfalls, und zwar nach der vorgeschriebenen Richtung, zu bauen. Einmal schaut bei Borso eine babylonische Denkart hervor, als er frohndweise in seiner Po-Ebene den großen künstlichen Montesanto aufschütten ließ. Über die Korrektionen und Quartieranlagen s. unten. Um den herzoglichen Palast Schifanoja herum entstand ein Palastquartier u. a. durch eingewanderte florentinische Verbannte. Für bestimmte Zwecke wurde bisweilen a furia über Hals und Kopf gebaut und die Expropriation sehr teuer bezahlt.

Der große Federigo von Montefeltro, Herzog von Urbino († 1482), Kenner der Architektur, baute außer vielen Festungen seinen berühmten Palast, welcher als einer der vollkommensten seiner Zeit galt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst der Renaissance in Italien - Architektur