Die Baugesinnung der Florentiner

In den freien Städten will vor allem der munizipale Stolz in einem mächtigen Dombau sich selber genüge tun und die Nachbarn übertreffen. Die bloße Devotion, dem Anschwellen und Abnehmen unterworfen, tritt zurück neben Staatsbeschlüssen und Steuern.

Von Venedig und Pisa im XI. Jahrhundert ist das Nähere hierüber nicht bekannt. Aber 1153 werden die Kosten für das Baptisterium zu Pisa durch eine städtische Auflage gedeckt und dann, der Sage nach, Säulen, Pfeiler und Bogen binnen 15 Tagen aufgesetzt. Arezzo, welches das für den


Dombau bestimmte Legat Gregors X. († 1276) mit Kriegen ausgegeben, beschloss eine Abgabe seines ganzen Gebietes auf alle Zukunft.

Insbesondere ergreift der florentinische Staat sowohl als jede einzelne Behörde desselben jeden Anlass, um ihren monumentalen Ruhmsinn auch schriftlich auszusprechen, sogar durch Lob der Künstler.

Der Auftrag Arnolfos zum Dombau 1298 lautet „auf solche höchste und kostbarste Pracht, dass menschliches Streben und Vermögen nichts Größeres noch Schöneres hervorbringen könne“. Man verstand sich dafür zu einer Abgabe vom Verkehr und zu einer alljährlichen Kopfsteuer. Bei der Wiederaufnahme des Baues nach längerer Unterbrechung, in dem Glücksjahr 1331, wurde zu der Steuer eine Quote von den verpachteten Zöllen und Steuern hinzugefügt, und in jeder Bude ein Kästchen für „das Gottesgeld“ aufgestellt. Weil der Dom seit vielen Generationen als höchstes galt, konnte und musste sich das mächtige Verlangen und Vermögen zu seiner Vollendung in einem Florentiner konzentrieren: in Brunellesco. „Zwei große Dinge trug er von Anfang an in sich: die Wiedererweckung der guten Baukunst und den Kuppelbau von S. Maria del fiore.“ Giottos Ernennung zum Dom- und Stadtbaumeister geschah 1334 mit feuriger Anerkennung desselben als erstem Künstler der damaligen Welt. Dass ein bisheriges Gebäude durch Unschönheit eine Schmach für die Stadt sei, ein künftiges ihr zu Ehre und Zierde gereichen solle, wird gesagt u. a. bei Anlass des Neubaues von Orsanmichele 1336. Die Nischen der einzelnen Pfeiler wurden den Zünften auszuschmücken übergeben. Die Gold- und Silbermünzen, die man in den Grundstein legte, hatten die Inschrift: „Ut magnificentia populi florent. artium et artificum ostendatur.“

Der Neubau einer Ordenskirche wird durch einen besonders verehrten Fastenprediger den Vornehmen und Reichen des betreffenden Stadtquartiers ins Gewissen geschoben. In welchen Händen auch der Staat sich befinden mochte, immer blieb die höchste Ambition die Seele des öffentlichen Bauwesens, nur dass mit der Zeit weniger Worte damit gemacht werden, weil sich die Sache von selbst verstand.

Der florentinische Theoretiker Leon Battista Alberti um 1450 leitet Größe und Macht des alten Rom großenteils von dessen Bauten her und zitiert Thukydides, welcher die Athener mit Recht darob rühme, dass sie durch Befestigung viel mächtiger schienen, als sie waren. Die großen Medici, als sie ihre Personen der Staatsgewalt substituierten, wussten, dass sie damit eine allgemeine Baupflicht übernahmen. Cosimo († 1464) wollte vielen Leuten zu verdienen geben, zahlte genau und reichlich, freute sich, dass das Geld in der Stadt blieb und bereute nur, dass er nicht zehn Jahre früher zu bauen angefangen. Sein gesamter Aufwand an Bauten, Almosen und Steuern betrug 400.000 Goldgulden, laut der authentischen Rechnung bei Fabroni Laurent. Med. magnif. vita, Adnot. 2 u. 25. Höhere, aber übertriebene Schätzungen in Campani vita Pii II., bei Murat. III, II, Col. 976 und bei Vespasiano Fiorentino, p. 332 bis 338; hier auch Cosimos Weissagung: In fünfzig Jahren werde von Besitz und Herrlichkeit des Hauses Medici nur übrig sein, was er gebaut habe. Das Wort seines Sohnes Pietro über die Badia von Fiesole : So viel Geld wir hier verbauen, ist extra petulantiam ludumque fortunae gesichert. Lorenzo magnifico, Pietros Sohn, freute sich beim Überschlag der gewaltigen Kosten, dass das Geld so gut ausgegeben sei. Dass die drei Genannten die Bauten von Kirchen und Klöstern vielleicht auch für ein politisch sichereres Kapital denn Geld gehalten, deutet Alessandro de’ Pazzi an. Die Venezianer wussten wohl, weshalb sie dem bei ihnen im Exil (1433) weilenden Cosimo verboten, die Fassade von S. Giorgio maggiore zu bauen.

In welchen Ausdrücken sich der florentinische Staat auch für andere seiner Künstler, z. B. für einen Bildhauer im Jahre 1461 nach außen verwendet s. bei Gaye, carteggio I., p. 196.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst der Renaissance in Italien - Architektur