Denkweise der Gewaltherrscher

Die Herrscher, fast alle illegitim und gewaltsam, waren kraft psychologischer Notwendigkeit meist so baulustig, als ihre Mittel es zuließen. Bauten waren ein dauerndes Sinnbild der Macht und konnten für die Fortdauer einer Dynastie und für ihre Wiederkehr, wenn sie vertrieben war, von hohem Werte sein.

Gleich der Anfang der italienischen Tyrannis ist bezeichnet durch den Baugeist des schrecklichen Ezzelino da Romano (fl259), der Paläste über Paläste baute, um nie darin zu wohnen, und Bergschlösser und Stadtburgen, als erwartete er täglich eine Belagerung, alles um Schrecken und Bewunderung einzuflößen und den Ruhm seines Namens jedem Gemüt so einzuprägen, dass für ihn keine Vergessenheit mehr möglich wäre.


Bald nehmen die Herrscher von Mailand, die Visconti wie die Sforza, mit Bewusstsein die erste Stelle unter den bauenden Fürsten ein. Giangaleazzo Visconti († 1402) mit seinem spezifischen Sinn für das Kolossale gründet das „wunderbarste aller Klöster“, die Certosa bei Pavia und die „größte und prächtigste Kirche der Christenheit“, den Dom von Mailand, „der gegen das ganze Altertum in die Schranken treten kann“, und baute weiter an dem schon von seinem Oheim Bernabo begonnenen Kastell von Pavia, der herrlichsten Residenz der damaligen Welt. Filippo Maria Visconti († 1447) baute Lustschlösser und richtete das Kastell von Mailand zu einer prachtvollen Wohnung ein.

Von den Sforzas ist Lodovico Moro (gestürzt 1500), beraten von Bramante und Lionardo, der wichtigste. Große Korrektionen von Mailand und Pavia, Neubau von Vigevano mit Gärten, Aquädukten und zierlicher Piazza. Der Moro ernannte 1490 die Meister für Errichtung einer Domkuppel, „welche schön, würdig und ewig sein soll, wenn sich auf dieser Welt etwas Ewiges hervorbringen lässt“.

Auch die Gonzagen von Mantua geben ihren Baugeist deutlich kund, außerdem etwa noch ein geldreicher Kondottiere. Besonders wichtig ist erst die Regierung des Herzogs Federigo; Umbau von ganzen Quartieren 1526 bis 1546, Bau des Palazzo del Te usw. Bei Gaye findet man die merkwürdigen Aktenstücke über den Bau eines neuen Domes zu Mantua (1545), welcher von der Herrscherfamilie wesentlich als weltliche Ehrensache betrieben und den Untertanen auf höchst glimpfliche Weise zu einer nur mäßigen Beihilfe empfohlen wird.

Der Feldherr Colleoni († 1475), im Bewusstsein, dass ihn die Republik Venedig beerben werde, baute drei Kirchen nebst seiner prachtvollen Grabkapelle in Bergamo und das schöne Landschloss Malpaga.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst der Renaissance in Italien - Architektur