Fortsetzung

Im Erdgeschoss des Dienstgebäudes liegt die große Küche mit ihren Nebenräumen, vom Esszimmer durch einen Gang und eine Anrichte, also durch drei Türen getrennt, ein großer Auto-Schuppen, der sich nach dem Vorhof öffnet, und ein Dienstboten-Ess- und Wohnzimmer. Im Obergeschoß sind außer den einzelnen Dienstbotenzimmern, von denen die über dem Schuppen einen besonderen Aufgang haben, ein Nähzimmer und ein Putzraum untergebracht, die in bequemer Nähe zum Hauptbau liegen.

Es erübrigt, auf besondere Eigentümlichkeiten der einzelnen Hausräume hinzuweisen, die ja im allgemeinen durch die Abbildungen hinreichend verständlich gemacht werden.


Bei der Halle, die ungefähr quadratischen Grundriss hat, ist die Geschlossenheit als Raum sehr geschickt durch die Anordnung und die verschiedene Gestaltung der Ausgänge gewahrt worden. Besonders glücklich ist in diesem Sinne die Treppe angeordnet, die gewöhnlich eine große Gefahr für solchen Raum ist; ihre mächtigen eichenen Stützbalken und das kräftige Geländer schließen beinahe die Wand, ohne doch die feine rhythmische Bewegung ihrer Wendungen und das Leben auf ihnen zu verdecken. Das Licht dringt an der vorgewölbten Seite durch drei hohe Fenstertüren in den Raum, durch welche die Halle mit der Hausterrasse unmittelbar in Verbindung steht. Der Kaminplatz wirkt besonders behaglich durch seine heruntergezogene Decke, die den Raum sehr glücklich auch nach der Höhe gliedert und belebt. Von großer Schönheit sind die schlichten, laternenartigen Beleuchtungskörper, deren Gold auf der weißen Halle des Raumes leuchtet, und bei denen die Leitungsdrähte schmückend verwendet sind; durch die kreisförmige Anordnung des Ganzen und die fein geschwungenen Linien wird gleichzeitig ein anmutiger Rhythmus in die kräftig sachlichen Formen von Wänden und Decke gebracht.

Im anschließenden Damenzimmer herrschen warme grüne und gelbliche Töne vor. Es zeigt mit seinen beiden Ausbauten, der erhöhten Arbeitsecke und einem halbkreisförmigen Erker ungefähr die T-Form. Durch diese Anordnung und durch die niedrig wirkende Decke wird der rhythmische Gegensatz zur weiten und luftigen Halle aufs wirksamste betont. Das Mosaik an der Deckenwölbung ist für mein Gefühl reichlich regellos gestaltet; es wahrt aber dadurch vielleicht der Decke gerade ihre Leichtigkeit.

Das Esszimmer, ein regelmäßiger, länglich viereckiger Raum mit einer mächtigen Lichtquelle, wirkt durch seine vornehme Ruhe; nur in dem nischenartigen Ausbau der inneren Anrichte wird die eine Wand unterbrochen, diese selbst aber dadurch für den Betrieb geschickt abgesondert. Die weiße Decke wölbt sich hier über dunkler Täfelung, von der in anmutigen, leichten Formen dunkelviolett beschleierte Beleuchtungskörper herabhängen. Das Herrenzimmer, dessen einziger Eingang von einem ausgesparten kleinen Vorplatz zugänglich ist, hat ebenfalls einen strengen und ruhigen Grundriss. Rings an den Wänden sind niedrige, ganz geschlossene Schränke angebracht, die zur Aufnahme der Bücher dienen. Durch diese Anordnung wird das streng Sachliche und Geordnete des Raumes wohl noch mehr betont, er entbehrt aber für mein Gefühl dadurch des lebensvollen, warmen Eindrucks, den ein Arbeitsraum gerade durch das Sichtbarmachen der Arbeits-Gegenstände haben kann. Bei den Schlafzimmern ist überall besonderer Wert darauf gelegt, dem Staub möglichst geringe Flächen zu bieten; die Schränke sind deshalb größtenteils ganz in die Wände eingebaut. Vornehm und sachlich streng ist besonders die Einrichtung des Herren-Schlafzimmers, das nach Wielands Entwurf in dunklem Mahagoni mit glatten Messinggriffen ausgeführt ist. Ebenso zeigen die Bäder und Ankleideräume, wie die Wasch- und Kleiderablage-Räume an der Eintrittshalle ein durchaus sachliches Gepräge. Nach dem englischen Vorbilde handelte man hierbei meines Erachtens aus dem sehr richtigen Gefühl heraus, dass gerade für den Raum der körperlichen Pflege Schmuck oder gar Prunk am aller wenigsten passen. Auch die Gastzimmer sind in der Einrichtung überaus sachlich und hell gehalten und haben alle Bequemlichkeiten, ohne mit irgendwelchem Unnötigen beladen zu sein; die Dachschrägen sind geschickt für geräumige Wandschränke benutzt. Ähnlich sind die außerordentlich freundlichen Dienstbotenzimmer angeordnet und eingerichtet.

Bei der Ausstattung der Räume mit Möbeln hat vielfach Adalbert Niemeyer in seiner tüchtigen Art mitgewirkt. Hier und da sind alte Stücke verwendet, die ausgezeichnet in die neuen Formen passen, und man hat sich auch nicht gescheut, einzelne Gegenstände bewährten alten Mustern nachbilden zu lassen oder im Sinne vorhandener alter Sachen eine Einrichtung zu ergänzen. Als bewegliche Tischlampen sind in den unteren Räumen chinesische und japanische alte Vasen mit Geschmack und Geschick verwendet. Ebenso glücklich sind überall die Wandbekleidungs- und Bodenbelag-Stoffe gewählt, soweit sie nicht nach Wielands Entwürfen hergestellt sind, und besonderer Wert ist vom Baumeister darauf gelegt worden, dass bei allen handwerklichen Arbeiten die Spur der Hand deutlich zu Tage tritt. Schließlich seien die ausgezeichneten englischen Glasfliesen erwähnt, die hauptsächlich in den Bädern als Wandbelag verwendet neben ihren sachlichen Vorzügen farbig von einer prächtigen Wirkung sind.

Äußerlich gibt sich das Haus Henkell durchaus schlicht als Gehäuse der Wohnräume, die es umschließt. Es will gar nicht Architektur sein und hat doch mit seinen einfachen Sachformen und den ruhigen Linien der Satteldächer einen großen Zug. Farbig steht der gelbliche Verputz der Mauern ausgezeichnet zu dem prächtigen, hell grünlich grauen Schiefer der Dachbedeckung.

Das Grundstück bildet einen mäßig steilen Hang zwischen zwei Straßen; an der höchsten geebneten Stelle liegt das Haus hinter einem Vorhof, den eine durch Gittereinsätze belebte Mauer von der Straße trennt. Der Garten zieht sich von der breiten Hausterrasse den Hang hinunter bis an die untere Straße; für ihn waren die Geländeformen und der weite Ausblick besonders günstig. Bei seiner Gestaltung und Anlage hat der Baumeister offenbar gesucht, vor allem mit großen, ruhigen Rasenflächen zu wirken und auch bei den architektonischen Einbauten der Treppen und der Mittelgrotte die schlichtesten Formen zu verwenden. Dabei ist aber merkwürdig wenig aus den günstigen Verhältnissen gemacht, die Anlagen wirken, heute wenigstens, ein wenig nüchtern; auch scheint mir auf die Art und Lage des Hauses zu wenig Rücksicht genommen zu sein. Freilich fällt ein Umstand sehr schwer ins Gewicht, für den der Baumeister nicht verantwortlich zu machen ist, dass nämlich ein bevorzugtes Stück des Gartengeländes ein großer Tennisplatz einnimmt. Unsere Kiesplätze sind aber im Gegensatz zu den englischen Rasenflächen ein Übel für jeden Garten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst. 18. Band - Das Haus Henkell in Wiesbaden
017 Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Fensternische im Damenzimmer

017 Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Fensternische im Damenzimmer

018 Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Damenzimmer und Arbeitsecke der Hausfrau

018 Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Damenzimmer und Arbeitsecke der Hausfrau

018. Hans Beatus Wieland unf F. Geiger-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Billiardzimmer

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019. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Herrenzimmer

019. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Herrenzimmer

020. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Speisezimmer (2)

020. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Speisezimmer (2)

020. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Speisezimmer

020. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Speisezimmer

021. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Frühstückszimmerzimmer

021. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Das Frühstückszimmerzimmer

021. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Umzugskarte

021. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Umzugskarte

022. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Ecke aus dem Schlafzimmer der Frau

022. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Ecke aus dem Schlafzimmer der Frau

023. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Schlafzimmer der Töchter

023. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Schlafzimmer der Töchter

024. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden,Toilettenzimmer der Frau und Zimmer der Erzieherin

024. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden,Toilettenzimmer der Frau und Zimmer der Erzieherin

025. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Gang und Gastzimmer im Dachgeschoss

025. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Gang und Gastzimmer im Dachgeschoss

026. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Oben - Schlafzimmer des Herrn, Unten - Schlafzimmer des Sohnes

026. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Oben - Schlafzimmer des Herrn, Unten - Schlafzimmer des Sohnes

027. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Links - Badezimmer der Frau, Rechts - Waschraum für Herren neben dem Vorplatz

027. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Links - Badezimmer der Frau, Rechts - Waschraum für Herren neben dem Vorplatz

029. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Oben - Dienstboten-Wohn- und Esszimmer, Unten - Ein Dienstboten-Schlafzimmer

029. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Oben - Dienstboten-Wohn- und Esszimmer, Unten - Ein Dienstboten-Schlafzimmer

030. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Die Küche

030. Hans Beatus Wieland-München, Haus Henkell in Wiesbaden, Die Küche

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