Schlusswort

Schlußwort.

§. 436.


Aus der Betrachtung des Menschen der Bedürfnisse und des höheren Menschen, aus der genauen Beschauung seiner ersten Anlagen, d. i. der Sinnlichkeit und Vernunft, ergibt sich der unumstößliche Schluß: daß nur die ewige Harmonie zwischen beiden, und die entsprechende Wechselwirkung derselben vermögend sei, zu dem höchsten Zwecke hinzuführen; einerseits zu der möglichsten physischen Vervollkommnung, in deren Bereiche auch die unschätzbare Gnade dauernder Gesundheit hegt, andererseits zu der höheren Bestimmung und Moralität, Weisheit und Tugend. Die naturgemäße Befriedigung der tierischen Bedürfnisse und Triebe, so wie die geeignete Entwickelung der höheren Anlagen und Kräfte, ist das ungeheure Feld, auf dessen sorglicher Bearbeitung nicht nur jede geistige Zufriedenheit, wie jedes edlere Gefühl einer würdigen Existenz, sondern zugleich auch jedes physische Wohlbehagen, jeder ungestörte Genuß der Lebensfreuden beruht.

Die Gesundheit als schönste Frucht, welche dieser sorglich gepflegten Blume entsprießt, wäre an und für sich Lohn und Aufmunterung genug, solch' ein geregeltes Streben herbei zu führen, abgesehen von all den herrlichen geistigen Ergebnissen, welche dadurch zugleich erzweckt werden.

Allein dem Wechsel der Verhältnisse preisgegeben, oft von Jugend auf durch eine minder sorgliche Erziehung, oft in der Folge der Zeit durch schwere Schläge des Schicksals zum schwankenden Rohre umgestaltet, das die von der Natur und Vernunft vorgeschriebene Haltung schwer oder nur mühsam gewinnen kann, vermag der Mensch jenem hohen schönen Ziele, das ihm vorgezeichnet liegt, kaum nachzukommen, weil der eigene feste Wille unter den Einflüssen der Welt oder unter den Stürmen des eigenen Gemütes allzu sehr gelitten hat. Glücklich daher derjenige, der durch seine friedliche Stellung solchem Andrange nicht preisgegeben, der Erreichung seiner wahren und einzigen Bestimmung in ungetrübtem Eifer zuleben kann; durch jene ausgezeichnete, so Vielen unerreichbare Lage, die wir Glück nennen, durch jene ehrenvollere Stufe, die er Kraft seiner Bildung und des Abscheues vor allem Gemeinen einnimmt, ist er an Seele und Körper gleichsam bevorrechtet, seinen hohen Zweck in moralischer und physischer Rücksicht mit leichter Mühe zu erreichen, und sonach sich auch der Gesundheit, die ein unumgängliches Mittel hiezu ist, zu erfreuen. Wen seine Verhältnisse und der eigene kräftige Wille auf diesen wünschenswerten Punkt gestellt, dem wird es ein Leichtes sein, die Ratschläge zu befolgen, welche in vorstehenden Blättern mit der Absicht erteilt wurden, auf jene Fehler aufmerksam zumachen, welche im gewöhnlichen Gange des Lebens so oft vorkommen, und besonders von den reichen und vornehmen Standen mit so geringer Mühe beseitiget werden können.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Krankheit der Reichen