Die Bekleidung des Körpers im Allgemeinen
2. Die Bekleidung des Körpers im Allgemeinen. Stoffe und Stücke derselben im Besonderen. — Prüfende Blicke auf Krankheiten beider Geschlechter aus diesfälligen Übelständen.
Schutz gegen Kälte und folglich auch Erhaltung der Gesundheit ist der Hauptzweck der Kleidung, welchen die Natur dem Menschen aufgedrungen hat.
Haltmann.
§. 27.
Die Kleidung ist eines der ersten und notwendigsten Bedürfnisse des Menschen, dem Sittlichkeit und Gewohnheit, Kultur und Erziehung seine Rechte sichern. Schutz von außen gegen die abwechselnden schädlichen Einflüsse der Atmosphäre, gegen lästige Hitze und starke Kälte und gegen die Zufälligkeiten der Witterung waren die Hauptzwecke, die den Naturmenschen instinktmäßig zur Einhüllung seines Körpers leiteten. Mit der wachsenden Kultur und Vermehrung der künstlich geschaffenen Bedürfnisse wurden diese Hauptzwecke immer mehr und mehr in den Hintergrund verdrängt, und man faßte die Erreichung der Schönheit des Körpers durch die Kleidung, anstatt Leben und Gesundheit zu verwahren, nach und nach als Haupttendenz ins Auge; Mode, Pracht, Neuheit und Glanz steigerten den Trieb nach Mannigfaltigkeit der Kleider, so wie nach neuen frappanten, auffallenden Formen derselben immer mehr und mehr.
§. 28.
Die Sehnsucht, seinen Körper durch einen modernen Kleiderwechsel schöner zu machen, als ihn die Natur formte, beherrscht in unsern Tagen höhere und mittlere Stände, und das Heer menschlicher Leiden und Gebrechen wird auch von dieser Seite begünstigt.
Gesund ist jene Bekleidung, die dem Körper sowohl durch den Stoff, aus dem sie verfertigt ist, als auch durch die Form, die ihr verliehen, die möglichste Freiheit zu allen seinen Verrichtungen gestattet; die ihm einen zuträglichen Grad von Wärme bewahrt, wodurch er nicht verweichlicht und empfindlich, sondern gleichförmig gestärkt wird, überdies auch dem Alter, Geschlechte, der Körperbeschaffenheit, der herrschenden Jahres- und Tageszeit, so wie dem Witterungswechsel vollkommen entspricht.
§. 29.
Wie wenig werden aber die meisten dieser Erfordernisse einer gesundheitsgemäßen Kleidung berücksichtigt! Überall schreibt ja, statt Hygiene, die Göttin der Mode den Menschen Gesetze vor.
Ich will nur einige hier obwaltende Übelstände berühren, denn die Beleuchtung derselben, ihres ganzen Umfanges und ihrer Bedeutung nach, würde dem Zwecke meiner Schrift nicht entsprechen.
§. 30.
Ist es nicht höchst unzweckmäßig und wider alle Gesetze der liebevollen Natur, daß die verfeinerten Menschen, und unter diesen besonders das schöne Geschlecht, sich so kleiden, als wenn ihre Haut von Jugend auf an eine geringere Temperatur gewöhnt wäre? Nun findet aber gerade das Gegenteil statt. Von Kindheit angefangen werden Menschen aus der Klasse der feinern Welt, Jünglinge und Jungfrauen, nur zu sehr durch künstliche Wärme verzärtelt, ihre Haut geschwächt, ihr Nervensystem verweichlicht.
Man werfe einige prüfende Blicke in die Kinderstuben, welche lästige Ofenhitze erhält den jungen Weltbürger in einem immerwährenden Schwitzbade; die Einhüllung in mehrere Windeln begünstiget den künstlich erzeugten Schweiß.
§. 31.
In späteren Jahren werden Knaben und Mädchen bald in wollene, bald in seidene Kleider, oder in das beliebte Pelzwerk gekleidet; rechnet man noch hiezu die weichen Flaumenbetten, die unzweckmäßige Art der Abhärtung, daß man bald dem Jünglinge oder der Jungfrau befiehlt, sich jedem Witterungswechsel ohne Rücksicht auf Krankheitsanlagen, Körperbeschaffenheit, Jahres- und Tageszeit, auszusetzen, bald aber mit zu ängstlicher Sorgfalt das Gegenteil predigt: so dürfte es einem jeden Laien einleuchten, daß die ganze moderne Lebensweise unsere Haut verweichlicht, und nicht nur sie, sondern unsern ganzen Körper einem namenlosen Heere künftiger Leiden preisgibt, die sich bald unter den Formen von Katarrhen, Rheumatismen, Brustleiden, bald unter den Erscheinungen unregelmäßiger Periode als Bleichsucht und Krämpfe einstellen.
§. 32.
Kann es anders sein, wenn unsere Mädchen und Frauen mit ihrer zarten und empfindlichen Haut in den veränderlichen Tagen des Frühlings, oder in den rauhen des Herbstes, leicht, und in bezug auf den Zuschnitt der Kleidung zu frei sich dem schädlichen Witterungswechsel aussetzen? Sei dieses auch nur auf kurze Zeit, auf Promenaden, beim Warten auf den Wagen, wenn man sich aus einem zahlreich besuchten Theater, oder aus einer großen Gesellschaft, oder von einem glänzenden Balle in seine Wohnung begibt.
§. 33.
Wenn wir häusliche Geschäfte verrichten, sollten Putz und Mode, Eleganz und Abwechslung billiger Weise der Reinlichkeit und Einfachheit Platz machen. Wenn wir treue, biedere Freunde besuchen, bedarf es ebenfalls, um uns in ihrem geselligen Kreise die Stunden zu verkürzen, keines besonderen Kleiderzwanges.
§. 34.
Das Kostüm, womit Damen und Herren auf den Promenaden, in den Salons usw. erscheinen, wird stets bei fein Gebildeten von geläutertem Geschmacke und echtem Anstande, von richtigem Takte und anständiger Sitte sein. Je mehr der Reiche der edlen Geisteskultur huldigt, je mehr er in den Tempeln der Künste und Wissenschaften, und in den geselligen Kreisen sich als Mann von Welt und Ton benimmt, desto weniger hängt das Glück und die Freude seiner Stunden an einem modernen Kleiderschnitt oder an einer neuen auffallenden Tracht.
§. 35.
„Ein gewisser Mittelanzug von innerem soliden Werte, aber von anspruchsloser bescheidener Form, womit man in jedem Zirkel auftreten kann, und wobei die Sittlichkeit und erforderliche Delikatesse nicht leidet, ziert jedes feinsinnige weibliche Wesen am schönsten. Vernünftige Achtung gegen sich selbst, reines Gefühl für moralische Würde, ein veredelter Geschmack für das Einfache und Schickliche, und Sinn für das wahrhaft Schöne und Edle sind die Haupttendenzen für die Wahl seiner Kleidung. „Man lasse sich bei seiner Toilette von den Grazien bedienen, und man wird dann gewiß nie anders als schön und reizend hervorgehen.“ (Magazin der Moden. Leipzig, 1804.)
§. 36.
Es ist nicht meine Absicht, dem schönen Geschlechte hier Toilette-Vorschriften zu erteilen: der Kunstsinn der Frauen und Jungfrauen in höheren Ständen ist, was Eleganz, Adel des Geschmackes, zarte Delikatesse und anmutige Abwechslung der Kleider betrifft, zu bekannt, zu scharfsinnig und zu richtig, um noch einer Unterstützung von Seite des Mannes zu bedürfen.
§. 37.
Ich werde bloß die Kleider in Rücksicht der Stoffe und Formen betrachten, die Gewohnheit, herrschende Moden und Sitten bestimmen, die einen allzu großen und hochwichtigen Einfluß auf das physische und geistige Wohlsein beider Geschlechter haben, wie es die Leiden, die aus dieser Quelle entstehen, und oft in einer ganz andern, ferne liegenden gesucht werden, nur zu genügend bekräftigen.
Schutz gegen Kälte und folglich auch Erhaltung der Gesundheit ist der Hauptzweck der Kleidung, welchen die Natur dem Menschen aufgedrungen hat.
Haltmann.
§. 27.
Die Kleidung ist eines der ersten und notwendigsten Bedürfnisse des Menschen, dem Sittlichkeit und Gewohnheit, Kultur und Erziehung seine Rechte sichern. Schutz von außen gegen die abwechselnden schädlichen Einflüsse der Atmosphäre, gegen lästige Hitze und starke Kälte und gegen die Zufälligkeiten der Witterung waren die Hauptzwecke, die den Naturmenschen instinktmäßig zur Einhüllung seines Körpers leiteten. Mit der wachsenden Kultur und Vermehrung der künstlich geschaffenen Bedürfnisse wurden diese Hauptzwecke immer mehr und mehr in den Hintergrund verdrängt, und man faßte die Erreichung der Schönheit des Körpers durch die Kleidung, anstatt Leben und Gesundheit zu verwahren, nach und nach als Haupttendenz ins Auge; Mode, Pracht, Neuheit und Glanz steigerten den Trieb nach Mannigfaltigkeit der Kleider, so wie nach neuen frappanten, auffallenden Formen derselben immer mehr und mehr.
§. 28.
Die Sehnsucht, seinen Körper durch einen modernen Kleiderwechsel schöner zu machen, als ihn die Natur formte, beherrscht in unsern Tagen höhere und mittlere Stände, und das Heer menschlicher Leiden und Gebrechen wird auch von dieser Seite begünstigt.
Gesund ist jene Bekleidung, die dem Körper sowohl durch den Stoff, aus dem sie verfertigt ist, als auch durch die Form, die ihr verliehen, die möglichste Freiheit zu allen seinen Verrichtungen gestattet; die ihm einen zuträglichen Grad von Wärme bewahrt, wodurch er nicht verweichlicht und empfindlich, sondern gleichförmig gestärkt wird, überdies auch dem Alter, Geschlechte, der Körperbeschaffenheit, der herrschenden Jahres- und Tageszeit, so wie dem Witterungswechsel vollkommen entspricht.
§. 29.
Wie wenig werden aber die meisten dieser Erfordernisse einer gesundheitsgemäßen Kleidung berücksichtigt! Überall schreibt ja, statt Hygiene, die Göttin der Mode den Menschen Gesetze vor.
Ich will nur einige hier obwaltende Übelstände berühren, denn die Beleuchtung derselben, ihres ganzen Umfanges und ihrer Bedeutung nach, würde dem Zwecke meiner Schrift nicht entsprechen.
§. 30.
Ist es nicht höchst unzweckmäßig und wider alle Gesetze der liebevollen Natur, daß die verfeinerten Menschen, und unter diesen besonders das schöne Geschlecht, sich so kleiden, als wenn ihre Haut von Jugend auf an eine geringere Temperatur gewöhnt wäre? Nun findet aber gerade das Gegenteil statt. Von Kindheit angefangen werden Menschen aus der Klasse der feinern Welt, Jünglinge und Jungfrauen, nur zu sehr durch künstliche Wärme verzärtelt, ihre Haut geschwächt, ihr Nervensystem verweichlicht.
Man werfe einige prüfende Blicke in die Kinderstuben, welche lästige Ofenhitze erhält den jungen Weltbürger in einem immerwährenden Schwitzbade; die Einhüllung in mehrere Windeln begünstiget den künstlich erzeugten Schweiß.
§. 31.
In späteren Jahren werden Knaben und Mädchen bald in wollene, bald in seidene Kleider, oder in das beliebte Pelzwerk gekleidet; rechnet man noch hiezu die weichen Flaumenbetten, die unzweckmäßige Art der Abhärtung, daß man bald dem Jünglinge oder der Jungfrau befiehlt, sich jedem Witterungswechsel ohne Rücksicht auf Krankheitsanlagen, Körperbeschaffenheit, Jahres- und Tageszeit, auszusetzen, bald aber mit zu ängstlicher Sorgfalt das Gegenteil predigt: so dürfte es einem jeden Laien einleuchten, daß die ganze moderne Lebensweise unsere Haut verweichlicht, und nicht nur sie, sondern unsern ganzen Körper einem namenlosen Heere künftiger Leiden preisgibt, die sich bald unter den Formen von Katarrhen, Rheumatismen, Brustleiden, bald unter den Erscheinungen unregelmäßiger Periode als Bleichsucht und Krämpfe einstellen.
§. 32.
Kann es anders sein, wenn unsere Mädchen und Frauen mit ihrer zarten und empfindlichen Haut in den veränderlichen Tagen des Frühlings, oder in den rauhen des Herbstes, leicht, und in bezug auf den Zuschnitt der Kleidung zu frei sich dem schädlichen Witterungswechsel aussetzen? Sei dieses auch nur auf kurze Zeit, auf Promenaden, beim Warten auf den Wagen, wenn man sich aus einem zahlreich besuchten Theater, oder aus einer großen Gesellschaft, oder von einem glänzenden Balle in seine Wohnung begibt.
§. 33.
Wenn wir häusliche Geschäfte verrichten, sollten Putz und Mode, Eleganz und Abwechslung billiger Weise der Reinlichkeit und Einfachheit Platz machen. Wenn wir treue, biedere Freunde besuchen, bedarf es ebenfalls, um uns in ihrem geselligen Kreise die Stunden zu verkürzen, keines besonderen Kleiderzwanges.
§. 34.
Das Kostüm, womit Damen und Herren auf den Promenaden, in den Salons usw. erscheinen, wird stets bei fein Gebildeten von geläutertem Geschmacke und echtem Anstande, von richtigem Takte und anständiger Sitte sein. Je mehr der Reiche der edlen Geisteskultur huldigt, je mehr er in den Tempeln der Künste und Wissenschaften, und in den geselligen Kreisen sich als Mann von Welt und Ton benimmt, desto weniger hängt das Glück und die Freude seiner Stunden an einem modernen Kleiderschnitt oder an einer neuen auffallenden Tracht.
§. 35.
„Ein gewisser Mittelanzug von innerem soliden Werte, aber von anspruchsloser bescheidener Form, womit man in jedem Zirkel auftreten kann, und wobei die Sittlichkeit und erforderliche Delikatesse nicht leidet, ziert jedes feinsinnige weibliche Wesen am schönsten. Vernünftige Achtung gegen sich selbst, reines Gefühl für moralische Würde, ein veredelter Geschmack für das Einfache und Schickliche, und Sinn für das wahrhaft Schöne und Edle sind die Haupttendenzen für die Wahl seiner Kleidung. „Man lasse sich bei seiner Toilette von den Grazien bedienen, und man wird dann gewiß nie anders als schön und reizend hervorgehen.“ (Magazin der Moden. Leipzig, 1804.)
§. 36.
Es ist nicht meine Absicht, dem schönen Geschlechte hier Toilette-Vorschriften zu erteilen: der Kunstsinn der Frauen und Jungfrauen in höheren Ständen ist, was Eleganz, Adel des Geschmackes, zarte Delikatesse und anmutige Abwechslung der Kleider betrifft, zu bekannt, zu scharfsinnig und zu richtig, um noch einer Unterstützung von Seite des Mannes zu bedürfen.
§. 37.
Ich werde bloß die Kleider in Rücksicht der Stoffe und Formen betrachten, die Gewohnheit, herrschende Moden und Sitten bestimmen, die einen allzu großen und hochwichtigen Einfluß auf das physische und geistige Wohlsein beider Geschlechter haben, wie es die Leiden, die aus dieser Quelle entstehen, und oft in einer ganz andern, ferne liegenden gesucht werden, nur zu genügend bekräftigen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Krankheit der Reichen