Von den Halsbinden

b) Von den Halsbinden.

§. 51.


Die Brücke zwischen Kopf und Rumpf bildet der Hals, er ist mit wichtigen Nerven, zahlreichen Drüsen und vielen Blutgefäßen versehen. Seine Bekleidung ist nicht so gleichgültig, wie viele meinen, die ihn heute stark einhüllen, und morgen, wenn Mode oder Laune es befiehlt, jedem Witterungszustande bloßgeben.

Die knappen Halsbinden setzen dem freien Blutumlaufe Hindernisse, und ihnen verdanken viele, die sich ihrer bedienen, Blutwallungen gegen den Kopf, Schwindel, Kopfschmerz usw.

§. 52.

Nicht bloß dem Gehirne und den Organen der Sinne, den Augen und Ohren vorzüglich, schaden diese knappen Halsbinden, und erzeugen nicht selten durch den verhinderten Rückfluss des Blutes vom Gehirne nach dem Herzen Entzündungen in den oben genannten Teilen, sondern auch das Atemholen und der Kreislauf in den Organen des Unterleibes wird gestört und in seiner Freiheit beschränkt.

§. 53.

Noch gefährlicher sind enge Halsbinden für Menschen, die eine Anlage zum Schlagflusse haben. Die üble Gewohnheit, von frühester Jugend den Hals mit dichten Binden einzuhüllen, um ihn vor Verkühlung zu schützen und Katarrhen und Halsschmerzen vorzubeugen, erzeugt bei dergleichen verzärtelten Individuen die Anlage zu diesen Leiden, und sehr häufig diese Übel selbst. Die geringste Entblößung, oder kleinste Verkühlung, ein leiser Luftzug usw. bringt bei ihnen alsogleich Halsschmerzen hervor. Man soll aber ja nicht in den entgegengesetzten Fehler verfallen, und durch zu starkes Bloßtragen des Halses der veränderlichen Witterung seine Gesundheit preisgeben. — Von Kindheit auf sollen wir uns an eine mäßige Bedeckung des Halses gewöhnen, die einen zuträglichen Grad von Wärme verbürgt, wodurch die Ausdünstung an diesem Teile des Körpers nicht zu stark vermehrt, und die Haut nicht verweichlicht und empfindlich wird.

§. 54.

Übrigens müssen auch bei den Halsbinden alle jene Punkte berücksichtigt werden, die ich als notwendige Eigenschaften einer gesundheitsgemäßen Kleidung bezeichnete, und ganz vorzüglich die Jahreszeit nicht außer Betracht gelassen werden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Krankheit der Reichen