Die Mörder in den Synagogen

Mit besonderer Wut wurden die Synagogen gestürmt und geplündert. In einer Synagoge stand vor der Lade, in der sich die Gesetzesrollen befanden, in heiligem Todesmut ein Tempeldiener. Im Tales (Gebetmantel) und mit den Tephilin (Gebetriemen) an Händen und Stirn erwartete er den Ansturm der Mörder, um mit seinem Leib die Gesetzesrollen zu schützen. Er wurde auf die schändlichste Weise hingemordet. Dann riss man hier, wie es auch anderswo geschah, die Thorarollen aus der Lade, schnitt das Pergament zu kleinen Fetzen (christliche Kinder haben später solche Fetzen um einige Kopeken in den Straßen als „Andenken an Kischinew“ feilgeboten) oder besudelte es in der widerlichsten Weise. Dann erst wurde, wie überall, auch hier die Einrichtung der Synagogen zertrümmert.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Judenmassacres in Kischinew (1903)